Der Himmel färbte sich rosa, als die Morgenröte einsetzte und die Sonne sich langsam am Zenit abbildete. Es war ein kalter Neujahrsmorgen, allerdings schien die Sonne mit einer Intensität, als wolle sie jedem Menschen ein warmes Gefühl bescheren und ein Lächeln ins Gesicht zaubern. 

Sakura jedoch brauchte keine Sonne um an diesem Morgen mit einem warmen Gefühl aufzuwachen. Sie fühlte eine innere Zufriedenheit, die sie noch nie erlebt hatte und wusste, dass dieses Gefühl nur durch den Mann ausgelöst wurde, der immer noch schlafend neben ihr lag. Es kam ihr vor wie ein merkwürdiger Traum.  Sie hatte die größte Dummheit begangen, die sie hätte begehen können. Ein Fehler,  der ihr alles kosten konnte. Doch war es falsch? Er hatte sie beschützt, war für sie da, als sie ihn brauchte und er hatte ihr eine Seite an sich gezeigt, die so sanft sein konnte, dass sie beinahe alle seine schlechten Seiten vergaß. 

Als sie noch ein Kind war, hatte ihr ihre Mutter erklärt, dass sie sich vor Jungen und besonders vor Männern in Acht nehmen müsse.  „Sakura“, sagte sie, „Sakura, mein Liebling, weißt du, jede Frau besitzt eine ganz besondere Blume und diese blüht nur einmal. Diese Blume ist das Kostbarste, das eine Frau einem Mann bieten kann. Darum musst du sie auch um jeden Preis beschützen, denn viele Männer wollen diese Blume haben, doch nur einem kannst du sie schenken.  Dieser Mann muss etwas ganz Besonderes für dich sein.“ 

Sakura wusste, dass ihre Blume in der gestrigen Nacht erblüht war und sie hatte diesen Moment aus einem Gefühl der Dankbarkeit heraus Sasuke geschenkt. Doch konnte er etwas Besonderes für sie sein?

Und in diesem Moment wurde ihr klar, dass das unmöglich war. Er war ein Samurai, ein Krieger aus dem ersten Stand und sie nur eine kleine Magd. Auch wenn er ihr in letzter Zeit seine nette Seite gezeigt hatte, so wusste sie, dass er auch anders konnte. Er war ein mächtiger Mann, dem seine Ehre und der Ruf seiner Familie wichtiger waren, als alles andere. Die Gesellschaft würde nur eine Frau gleichen Ranges an seiner Seite akzeptieren und somit würde auch er nie etwas anderes wählen. 

Die letzte Nacht hatte für ihn keine weitere Bedeutung und auch sie musste diese Nacht nun vergessen. Es war ein Fehler, über den niemals gesprochen werden durfte, denn zu viel stand für sie beide auf dem Spiel. 

Sakura erhob sich und ließ einen letzten Blick über sein schlafendes Gesicht huschen. Er wirkte entspannt und zufrieden, doch sie durfte ihn nicht länger ansehen, durfte nicht länger bei ihm bleiben. Zu groß war die Gefahr.

Sie band sich ihre langen rosa Haare zusammen und ließ sie eilig wieder unter der weißen Haube verschwinden. Der Stoff ihres grauen Kosoden kratzte leicht auf ihrer nackten Haut, als sie sich ihn überzog. Schnell verließ sie das Zimmer des Schwarzhaarigen, gut darauf bedacht von niemand gesehen zu werden. 

 

Die anstrengende Arbeit im Haushalt war der Rosahaarigen eine willkommene Aufgabe, denn sie lenkte sie ab. Die abneigenden Blicke Hinatas, die es ihr immer noch verübelte sich mit Ino angefreundet zu haben, ignorierte sie dabei gekonnt. 

Als sie die Blondine in ihrer freien Zeit im Zimmer traf, wollte diese natürlich sofort alles über das Treffen mit dem jungen Schmied wissen. 

Zu gerne hätte Sakura ihr alles erzählt, doch niemand durfte die Wahrheit erfahren, auch Ino nicht. Daher berichtete sie von einem ruhigen Aufeinandertreffen und einer entspannten Unterhaltung, die jedoch nie stattgefunden hatten. Scheinbar hatte niemand bemerkt, dass sie in der vergangenen Nacht nicht zurückgekehrt war und so glaubte Ino ihr jedes Wort. 

Die Blondine war zwar irritiert, dass Sakura ihn nicht noch einmal treffen wollte, doch sie schien es zu akzeptieren und hörte auf weiter nachzufragen. 

 

Der Abend war kühl und der Mond versteckte sich hinter dichten Wolken. Die Finsternis behagte der Rosahaarigen nicht, als diese in ihre Decke gehüllt über die Veranda schritt und sich auf den Weg zu ihrem Zimmer machte. Ihr Blick glitt durch den nun Schnee bedeckten Garten und dieser Anblick  zauberte ihr ein leichtes Lächeln aufs Gesicht. Sie liebte den Frühling, doch auch diese Winterlandschaft hatte etwas Wunderschönes an sich. Der Schnee hatte sich gleichmäßig auf dem Gras und den Zweigen der Bäume verteilt und sie glaubte trotz der Dunkelheit das Eis, welches sich auf dem kleinen Teich gebildet hatte, glitzern zu sehen. Kein Maler hätte dieses Bild so schön festhalten können, wie sie es gerade vor sich hatte. 

 

Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihr breit und sie hatte eine schlimme Vorahnung. Sie stieß einen erstickten Schrei aus, als sich ihr plötzlich eine Hand auf den Mund legte und sie ruckartig zurückzog. Es geschah schneller, als sie es realisieren konnte und bevor sie sich versah, fand sie sich in der kleinen Abstellkammer, in der sämtliche Putzsachen verstaut wurden, an die Wand gepresst wieder. Ängstlich blickte sie nach oben und starrte in die schwarzen Augen von der Person, die sie vorerst lieber nicht sehen wollte. Sasuke hatte sie mit seinem Körper gegen die Wand gepresst und seine rechte Hand ruhte noch immer auf ihrem Mund um mögliche Protestschreie der Rosahaarigen zu unterdrücken. Seine linke Hand wanderte währenddessen zu ihrem Hals und strich diesen langsam auf und ab. 

„Warum so eilig?“, fragte er flüsternd und  neigte seinen Kopf zu ihrem Ohr. Sie merkte, wie er leicht begann an ihrem Ohrläppchen zu knabbern und Sakura wurde von einer merkwürdigen Welle erfasst, die ihr eine Gänsehaut bescherte. „Du kannst mir nicht entkommen“, zischte er leise und anhand seiner Stimmlage wusste sie, dass er grinste.  Sein Kopf wanderte weiter nach unten und als er ihren Hals erreichte, begann er diesen sanft zu liebkosen. Alles in ihr schrie danach, dass es falsch war, dass sie sich ihm nicht wieder hingeben durfte, doch ein kleiner Teil in ihr war anderer Meinung. Und dieser Teil wurde größer und größer, je länger sie seinen Berührungen standhielt. 

Dennoch nahm sie sich zusammen, denn sie musste der Situation entfliehen, solange sie es noch konnte. Sie hob die Hände, legte sie auf seine starke Brust und stieß ihn leicht von sich weg. Es überraschte sie, dass er sich tatsächlich von ihr entfernte und sie erwartend ansah.

Die Rosahaarige nahm an, dass er auf eine Begründung wartete, daher brachte sie ein: „Wir… wir dürfen nicht“, hervor und senkte beschämt den Kopf. Er jedoch legte seine Finger unter ihr Kinn und zwang sie so ihn anzusehen. „Du willst mich“, sagte er und sprach mit einer Überzeugung in der Stimme, dass sie nicht einen Moment an seiner Äußerung zweifelte. 

Sakura fühlte sich verwirrt, erneut von ihm ins Gefühlschaos gestürzt, denn sie wollte ihn auch, dass war ihr bewusst. Dieser Mann, der so wunderschön und gleichzeitig eiskalt war, vernebelte ihr regelrecht den Verstand. Doch es war nicht richtig. Sie hatte sich schon zu sehr auf ihn eingelassen. 

Er schien ihr Zögern jedoch als Bestätigung zu deuten, denn er machte wieder einen Schritt auf sie zu und zog ihr die weiße Haube vom Kopf, die achtlos zu Boden fiel. Seine Hand umfasste ihren Hinterkopf und er legte seine Lippen auf ihre. Dieser Kuss war zurückhaltend und beinahe schon vorsichtig. Sie erkannte seine Absicht. Er zeigte ihr, dass er sie auch wollte, sie jedoch nicht drängen würde und es ihr überlies das Ganze zu beenden oder nicht. 

Wie konnte etwas nur so falsch sein, das sich im Vergleich dazu so richtig anfühlte? Da sie keine Anstalten machte, sich ihm zu entziehen betrachtete er dies als Einladung und ließ den Kuss intensiver werden. Als sie seine Zärtlichkeit und Leidenschaft spürte, war es endgültig um ihre Selbstbeherrschung geschehen. Sie vergrub ihre Hände in seinen schwarzen Haaren und gab sich nun vollends seinem Kuss hin. Bereits zum zweiten Mal beging sie einen unverzeihlichen Fehler, der ihr jedoch im Moment gleich war. Sie bangte nur noch um ihr Herz, dass sich immer mehr zu einem Mann hingezogen fühlte, den es nie erreichen konnte.

 

Die Tage vergingen und für Sakura kehrte langsam wieder Gewohnheit in ihren Alltag ein. Alles war, wie es sein sollte, wenn man davon absah, dass sich zu ihrem Alltag nun auch ein dunkles Geheimnis gesellt hatte. Tagsüber war sie eine Dienstmagd und ging ihren gewohnten Pflichten nach. Nachts jedoch, wenn sie auf Sasuke traf, nahm er sie mit, in eine Welt, von der sie sich sonst nicht einmal zu träumen erlaubte. In dieser Welt gab es keine Stände, sondern nur aufschäumende Gefühle und diese unbändige Leidenschaft. Auch wenn die Angst, man könnte sie sehen, jedes mal zum Greifen nahe war, konnte sie sich nicht von ihm lossagen. 

 

Als er sie jedoch an jenem Abend zu sich rief, war etwas anders. Seine Gesichtszüge waren unergründlich, als sie sein Zimmer betrat. Er saß hinter seinem Tisch, hatte den Kopf auf der Hand abgestützt und sah sie einfach nur an. Sakura schloss hinter sich die Tür und versuchte sich einen Reim auf sein Verhalten zu machen. Nervös zupften ihre Hände an den langen Ärmeln ihres Kosoden, als sie auf eine Reaktion von ihm wartete. Er schien sie von oben bis unten zu betrachten und meinte schließlich: „Zieh dich aus!“ Es war keine Bitte, sondern vielmehr ein Befehl den er ihr entgegenbellte und von dem er erwartete, dass sie ihn befolgen würde. Was hatte er vor?

Widerworte waren sinnlos, doch sie fühlte sich sichtlich unwohl, als sie langsam ihren Obi öffnete und  sich den rauen Stoff von den Schultern streifte. Auch wenn er sie nicht zum ersten Mal nackt sah, so fühlte es sich anders an. Sonst verschleierte Leidenschaft und Lust seinen Blick, doch nun spiegelten sich keinerlei Emotionen in seinen dunklen Augen wieder. Sakura fühlte sich, wie eine Ware, deren Wert man zu schätzen versuchte. Sie schämte sich und verschränkte ungeschickt die Arme vor der Brust um sich wenigstens ein bisschen vor seinem stechenden Blick zu verstecken. Den Kopf hatte sie schon lange gesenkt und betrachtete stattdessen ihre Füße, die unruhig zappelten.

 

„Ich will, dass du das anziehst“, sagte er und als sie den Blick hob, bemerkte sie, dass er auf einen kleinen Stapel Stoff deutete. Als sie den Stoff berührte und ihn vor sich ausbreitete, stockte ihr der Atem. Der Kosode, welcher vor ihr lag, war aus feinster Seide und bei seiner kräftigen roten Farbe, würde jede Rose aus Neid erblassen. Auf den Ärmeln prangten etliche Blumenverzierungen in den schönsten Farben und der breite, seidige Obi, der daneben lag, hatte die Farbe von Sternengold. Sie versuchte sich vorzustellen, wie viele Näher und Näherinnen wohl an diesem Kunstwerk gearbeitet hatten. Ob sie etwas derart kostbares wirklich tragen durfte? Als eine Dienstmagd? Wohl kaum. 

Aber hatte er es ihr nicht eben erlaubt? Vielleicht konnte sie es. Nur einmal…

Sie hüllte sich in den seidigen Stoff, welcher weich auf ihrer Haut lag und versuchte den großen Obi zu binden, was sich als ziemlich schwierig herausstellte. Dennoch schaffte sie es nach mehreren Minuten und drehte sich lächelnd zu Sasuke um. Dieser saß jedoch nicht mehr hinter seinem Tisch, sondern hatte unbemerkt das Zimmer verlassen. 

Sie ging zur Tür und entdeckte ihn, wie er am Teich stand und auf diesen hinunter blickte. 

„Sasuke-sama“, machte sie leise auf sich aufmerksam und er drehte sich langsam zu ihr um. Er hob die Hand und deutete ihr zu ihm zu kommen. Sie setzte sich in Bewegung und versuchte in seinem Gesicht zu lesen, was er wohl von ihr dachte. Doch sie fand nichts. 

Als sie ihn erreichte, streckte er nach alter Manier seine Hand aus und zog ihr die Haube vom Kopf. Rosa Haare fielen wellenartig herab und umschmeichelten ihr Gesicht. Er ergriff eine Haarsträhne und ließ sie durch seine Finger gleiten. Wie in Trance blickte er auf die Strähne hinab, als könne sie ihm jeden Wunsch erfüllen. So verträumt… 

Plötzlich packte er sie an den Schultern und zog sie vor sich, sodass sie mit dem Rücken zu ihm stand und einen Blick auf den kleinen Teich werfen konnte.

„Sieh hin“, forderte er sie auf. Die Tage waren wärmer geworden, denn die dünne Eisschicht war verschwunden und nur noch vereinzelt schwammen Eisstückchen auf dem dunklen Wasser. Doch das war es nicht, was er ihr zeigte. Sie bemerkte ihr Spiegelbild und hielt die Luft an. War das wirklich sie? Unmöglich.

Niemand würde hinter dieser Fassade aus Eleganz, Anmut und Schönheit eine Magd vermuten und Sakura fühlte sich wie eine Prinzessin. So fühlte man sich also, wenn man in den ersten Stand geboren wurde. Doch warum zeigte er ihr das? Wollte er ihr zeigen, was er hatte und sie niemals bekommen konnte? War er wirklich so grausam? Oder konnte es… Gab es vielleicht doch eine Möglichkeit? Eine Zukunft für sie beide? Vielleicht?

Er strich ihr die Haare zur Seite und küsste sie sanft in den Nacken, so dass sie eine Gänsehaut bekam. 

„Warum?“, fragte sie flüsternd und er legte sanft die Arme um sie.

„Weil ich mich ein letztes Mal inspirieren lassen will“, antwortete er, jedoch verstand sie nicht. Was meinte er mit inspirieren lassen und wieso ein letztes Mal? Sie hörte ihn leise seufzen, als er sie los ließ und einen Schritt zurückging. 

„Ich muss morgen fort“, erklärte er und ihre Augen weiteten sich, als sie verstand. Sie fuhr zu ihm herum und Angst spiegelte sich in ihren Augen. Wollte er wieder in die Schlacht ziehen? Würde er zurückkommen? Oder wieder verletzt werden oder sogar sterben? Tränen traten ihr in die Augen und ihre Stimme zitterte, als sie sagte: „Ich will nicht, dass dir was passiert.“

Sie erinnerte sich an den Abend zurück, als er blutend und bewusstlos zurückgekehrt war und die Bilder brannten sich beinahe schmerzhaft in ihren Verstand ein, waren zu real. Eine Träne rann ihr die Wange hinunter und sie wollte den Kopf senken, doch er schob seine Finger unter ihr Kinn und hinderte sie daran. Er grinste und zum ersten Mal an diesem Abend sah sie mehr als pure Gleichgültigkeit: Selbstbewusstsein, Zuversicht, Stolz.

„Mir wird nichts passieren“, sagte er voller Überzeugung und wischte ihre Tränen mit den Daumen weg. 

„Wirst du zurückkommen?“, fragte sie dennoch und Unsicherheit tränkte ihre Stimme. Er nickte leicht und lächelte plötzlich. Es war kein selbstsicheres Grinsen, kein spöttisches Verziehen der Mundwinkel, sondern ein ehrliches Lächeln und auch wenn es sein kaltes Herz nicht erreichte, so war es trotzdem das schönste Geschenk, das er ihr machen konnte. Es war nur für sie bestimmt.

Er ergriff ihre Hand und zog sie mit in sein Zimmer und sie genoss den Moment, noch einmal die Seine zu sein. Mit ihm in seiner Welt…

 

Nach einigen Stunden verließ sie sein Zimmer wieder in ihrer normalen Garderobe und wollte gerade in ihr Zimmer gehen, als sich ihr eine Hand auf die Schulter legte. Sakura erschrak heftig und drehte sich ruckartig um. Vor ihr stand Ino und starrte sie beunruhigt an. 

„Ino? Ist was passiert?“, fragte sie alarmiert. 

„Nein, noch nicht“, antwortete diese und verwirrte damit mehr, als sie erklärte. „Komm mit“, fügte sie hinzu und umschloss das Handgelenk der Rosahaarigen. Sakura ließ sich mitziehen, gespannt darauf, was Ino zu sagen hatte, denn es schien äußerst wichtig zu sein. Die Blondine führte sie die Veranda entlang bis zur Tür und erst als sie sich sicher war, dass sie alleine waren, hielt sie an. 

„Was ist denn los?“, fragte Sakura erneut. Inos Verhalten beunruhigte sie. 

„Sakura“, begann sie und schien zu überlegen, wie sie ihre Gedanken formulieren sollte. „Sakura, ich hab euch gesehen“, sagte sie plötzlich mit fester Stimme und sah der Rosahaarigen nun ins Gesicht. Dieser Satz fühlte sich an, wie eine Ohrfeige und Sakura zuckte erschrocken zurück, riss ihr Handgelenk los, das die Blondine immer noch umfasst hielt.

„Du hast nichts zu befürchten“, versicherte Ino und machte wieder einen Schritt auf sie zu. 

„Ich… ich will dich nur warnen.“ Ihre Stimme war getränkt von Traurigkeit und Sakura schnürte es die Luft ab. 

„Ich… Sakura, du darfst das nicht. Du darfst nicht vergessen, wer du bist, verstehst du? Verfang dich nicht in seiner Welt.“

Traurig fügte sie hinzu: „Mach nicht den gleichen Fehler wie ich.“ 

Verunsichert nickte sie, nicht fähig ihr zu antworten. Sie konnte Ino’s Leid nicht eindämmen, wusste nicht wie. Zaghaft legte sie die Arme um ihre Freundin, als hätte sie Angst, sie könnte zerbrechen.

„Das werde ich nicht, Ino. Ich weiß, wer ich bin und das wird sich auch nie ändern“, versprach sie, doch wusste sie selbst nicht, wie viel Lüge hinter diesen Worten steckte.

 

Die Wochen vergingen und Frühling kehrte ein. Sakura erinnerte sich an ihren ersten Tag am Hof der Uchihas und an ihre Begegnung mit Hinata. Sie hatte ihr davon berichtet, welche Eindrücke der Frühling in der Stadt mit sich brachte und Sakura musste sich eingestehen, dass nichts davon gelogen war. Das Gras erstrahlte zusehends in einem strahlendem grün, die ersten Frühblüher waren zu sehen und die Kirschbäume bildeten die ersten Knospen. Der stickige unangenehme Geruch, der zur Stadt gehörte wie die Sonne in den Himmel, war nicht mehr ganz so beißend und die Leute lachten nun oft, waren ausgelassen, glücklich. Frühlingsgefühle machten sich breit.

Sakura jedoch blieb davon weitestgehend verschont. In ihr wollte sich einfach keine Fröhlichkeit ausbreiten, zu besorgt war sie um den jungen Uchiha. Ob es ihm gut ging? Ab und zu kam ein Bote des Shoguns vorbei und überbrachte Nachrichten. Es waren oft nur Berichte, Kleinigkeiten über den Verlauf der Geschehnisse im Westen, die dem Oberhaupt der Uchihas zugetragen werden sollten. Aus den Unterhaltungen, die Mikoto mit ihrem Mann während des Essens führte, hörte Sakura heraus, dass die Belagerung von Osaka schon vor Wochen aufgehoben wurde, da Toyotomi Hideyori seine Niederlage anerkannte und versicherte keine Rebellion zu starten. Allerdings wurden nicht alle Abteilungen abgezogen, sondern die Einhaltung des Friedens sollte vorübergehend noch bewacht werden. Sasuke führte eine der Kontrollgruppen an und so wurde er noch länger am Ort des Geschehens gebraucht. Aber er lebte und das war alles, was zählte. 

 

Sakura war gerade damit beschäftigt den dunklen Holzboden der Veranda zu wischen, als Mikoto zu ihr kam und ihr auftrug ein weiteres Zimmer vorzubereiten, da sie Besuch erwarteten. Hinata hatte sie vorhin schon auf den Markt geschickt um gutes Fleisch zu kaufen und Sakura wusste, dass für heute Abend ein Festmahl vorbereitet wurde. Wer wohl diese Gäste waren? 

Am späten Nachmittag hielt eine Kutsche vor dem großen Tor des Anwesens. Eine junge Frau mit leuchtend roten Haaren und einem grünen eleganten Kosode stieg aus der Kutsche und Sakura senkte den Kopf. Diese Frau war unverkennbar eine Tochter aus gutem Hause. 

Mikoto eilte auf die junge Frau zu und nahm sie freundschaftlich, beinahe schon mütterlich in die Arme. 

„Karin, meine Liebe, ich freue mich, dass du hier bist. Wie war deine Reise?“, begrüßte sie sie und die Rothaarige erwiderte die Umarmung.

„Vielen Dank, Mikoto-san, ich freue mich auch hier zu sein. Die Reise war anstrengend, aber nun ist sie ja vorbei“, erwiderte sie und schenkte der Schwarzhaarigen ein liebliches Lächeln. Der freundliche Ton in ihrer Stimme verschwand jedoch als sie auf ein junges Mädchen hinter sich deutete.

„Das ist Tayuya, meine Magd“, erklärte sie und das junge Mädchen im Hintergrund senkte nervös den Blick, als hätte sie Angst vor ihrer Herrin. Mikoto schien der Unterton in Karins Stimme jedoch nicht aufzufallen und sie drehte sich lächelnd zu Sakura und Hinata um.

„Das sind Hinata und Sakura“, stellte sie sie vor. „Mädchen, das ist Karin und ab heute lebt sie bei uns. Ihr werdet sie wie mich als eure Herrin ansehen und ihr Wort hat das gleiche Gewicht, wie das meine“, erklärte sie. Sakura fühlte sich unwohl mit dieser neuen Herrin, denn sie hatte die Reaktion des Mädchens bemerkt. Irgendwas schien mit ihr nicht zu stimmen. 

Mikoto wendete sich lächelnd wieder an Karin. 

„Schließlich ist sie Sasukes Verlobte“, fügte sie hinzu und Sakura verspürte den Schmerz von zehntausend Nadeln, die ihr mit brutalster Gewalt das Herz zerstießen. 

 


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