Der Himmel badete in einem zarten rot, dass an Feuer erinnerte, als die Sonne noch einmal ihre letzten Strahlen ausstreckte, bevor sie endgültig im Horizont versank. Lautes Gelächter erklang von den Straßen Edos, als die Menschen vergnügt die letzten Sonnenstrahlen des Tages genossen und langsam den Heimweg antraten. In einer ruhigeren Ecke des Marktplatzes saß ein junges Mädchen, eingewickelt in eine dunkle Decke, mit einer weißen Haube auf dem Kopf und summte leise vor sich hin. Ihre traurigen Gesichtszüge passten nicht zu der Heiterkeit der anderen Menschen, doch sie konnte ihren Kummer einfach nicht verbergen. 

Die einbrechende Dunkelheit brachte das Mädchen dazu, sich zu erheben und das Geld, welches auf einem Stück Stoff vor ihr lag, einzusammeln. Der heutige Tag hatte sich gelohnt, denn die Menschen waren dank des einbrechenden Sommers gut gelaunt und fröhlich, weshalb sie gerne etwas von ihrem Reichtum an andere weitergaben. Auch wenn es nicht viel war, so würde es doch zumindest für ein Abendessen reichen. Sakura atmete erleichtert auf und ihr Magen knurrte voller Vorfreude. Ihre Beute der letzten Tage war eher spärlich gewesen, weshalb sie an manchen Tagen nicht mal ein einziges Reiskorn zwischen die Zähne bekam. Heute jedoch würde sie endlich mal wieder mit etwas Essen im Magen einschlafen können.

Ihre Füße trugen sie beinahe automatisch die Straße entlang, folgten der Spur von geräuchertem Fisch, die ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Als sie den Stand erreichte, tauschte sie ihr erbetteltes Geld gegen 3 saftig aussehende Fische ein. Sie wickelte sie gut in ihr halb beschmutztes Stofftuch ein und hoffte, dass sie sich lange genug warm halten würden.

 

Der Weg zu ihrem neuen zuhause, soweit man es ein zuhause nennen konnte, war zum Glück nicht weit und sie hoffte, dass ihre Freundinnen ebenfalls schon da sein würden. Seitdem sie alle von Mikoto hinausgeworfen wurden, waren nun schon zwei Wochen vergangen und die Mädchen begannen langsam, sich an das harte Leben auf der Straße zu gewöhnen. Sakura hatte zuerst darüber nachgedacht, vielleicht wieder zu ihren Eltern zurückzukehren, doch wie hätte sie ihnen unter die Augen treten können? Sie war nun alt genug und jetzt, da ihr Vater nicht mehr sehen konnte, hatte sie beschlossen, selbst für sich und ihre Familie zu sorgen. Wie hätten sie reagiert, wenn ihr einziges Kind nach Hause zurückkehrte… Ohne Arbeit, ohne Mann und ohne Hoffnung? 

Sakura schüttelte ihren Kopf bei der Vorstellung an die enttäuschten Gesichter ihrer Eltern. Auch wenn sie nichts Falsches getan hatte, so hatte sie schreckliche Schuldgefühle, wenn sie an ihre Eltern dachte, die nun nichts weiter hatten, als die spärliche Ernte vor ihrem Haus. 

Ino und Hinata ging es ähnlich und auch sie konnten nicht zu ihren Familien zurückkehren. Hinata hatte die Entscheidung für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, selbst getroffen, denn nur so schaffte sie es, einer ungeliebten Ehe, in die ihre Eltern sie sonst gezwungen hätten, zu entkommen. Allerdings musste sie nun auch mit den Konsequenzen des Rauswurfs leben, ohne eine Möglichkeit darauf, ihre Entscheidung jemals rückgängig machen zu können. Und auch Ino hatte nun keine andere Wahl als mit dem Leben, was jetzt auf sie wartete, Vorlieb zu nehmen. Ihre Eltern starben, als sie 13 Jahre alt war und damals wurde sie von der gnädigen Mikoto aufgenommen, die sie in ihrem Haushalt als Dienstmädchen einstellte. Für Keine von ihnen gab es einen Weg zurück. Sie mussten ihre Vergangenheiten und Familien hinter sich lassen, denn nun würde jeder neue Tag über ihre Zukunft entscheiden.

 

Als Sakura endlich an ihrem neuen Zuhause ankam und das Tor zur großen Stallung aufschob, gab sie besonders darauf Acht, von niemanden gesehen zu werden. Auch wenn ihr dieser Ort, seit dem Vorfall mit Sai, nicht behagte, so musste sie nun notgedrungen hiermit vorlieb nehmen. Die alte Stallung wurde zum Glück kaum noch genutzt, da die meisten Pferde von den Kriegern mit in den Krieg genommen wurden und vorübergehend konnte sie den Mädchen als Zuflucht vor der nächtlichen Kälte dienen. Sakura behagte dieser Ort nach wie vor nicht und auch, wenn der Vorfall mit Sai mittlerweile schon über 3 Monate her war, so brachte diese Stallung immer noch Erinnerungen an jenen Abend in ihr hoch. 

„Da bist du ja endlich“, hörte sie Ino’s freundliche Stimme sagen und die Rosahaarige warf ihr ein leichtes Lächeln zu. „Ich bin zurück“, antwortete sie und grinste verschmitzt, als sie eine Ecke des Fisches freilegte, sodass sein Geruch die Stallung füllte. „Und ich habe etwas feines mitgebracht.“

Ino quiekte vergnügt auf, als ihr sichtlich das Wasser im Mund zusammenlief und deutete Sakura dazu, neben ihr im Stroh Platz zu nehmen.

„Hinata, komm rüber. Sakura hat Fisch mitgebracht“, rief Ino und die Angesprochene erhob sich schweigend aus ihrer Ecke und trotte zu den anderen Beiden herüber. Sakura warf ihr mitleidige Blicke zu, denn Hinata hatte der Rauswurf bei den Uchihas am meisten getroffen. Sie hatte mittlerweile schon über 5 Jahre bei den Uchihas gelebt und gedient und nun fiel es ihr sehr schwer, sich an ein anderes Leben als dieses zu gewöhnen.   

„Schau nur Hinata, eine saftige Makrele. Und die Größte ist für dich“, meinte Ino heiter und streckte Hinata einen der Fische entgegen. Diese nahm ihn jedoch nur nickend an, bedankte sich leise und aß still vor sich her. Ino sah leicht enttäuscht zu Boden, nahm sich einen der beiden übrigen Fische und biss genüsslich hinein. „Oh, wie lecker“, stieß sie aus und warf ihren Kopf vor Entzückung in den Nacken. Sakura konnte das traurige Lächeln, welches sich auf ihr Gesicht zu stehlen versuchte, nicht verbergen, denn auch, wenn sie drei nun ein Schicksal teilten, aufeinander angewiesen waren und zusammen halten mussten, so schaffte es Hinata dennoch nicht, alte Geschehnisse zu vergessen. Sie strafte Ino zwar nicht mehr mit Ignoranz und kalten Blicken, aber dennoch konnte sie die gewohnte Distanz zu ihr nicht ablegen. Auch wenn Ino mittlerweile an Hinata’s Art gewöhnt war, so versuchte sie trotzdem tagtäglich wieder einen Schritt auf sie zuzugehen. Sakura überlegte nun ebenfalls schon recht lange, wie sie Ino helfen konnte, die Lücke zwischen ihr und Hinata wieder zu füllen, denn schließlich waren sie beide doch einmal gute Freunde gewesen…

Ino’s Stimme riss die Rosahaarige wieder aus ihren Gedanken, als diese ihr mit einem aufmunternden Lächeln den letzten Fisch entgegen streckte. „Iss ihn, bevor er kalt wird“, meinte sie.  Sakura erwiderte ihr Lächeln gerne und griff nach dem Fisch, den Ino ihr gab.  Sie konnte auch noch später darüber grübeln, wie sie Ino und Hinata wieder versöhnen konnte, aber nun musste sie erstmal essen. Und bei dem leckeren Geschmack des Fisches fiel es ihr ausnahmsweise nicht einmal schwer, ihre tristen Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen.

 

Als der nächste Tag anbrach, verließen die Mädchen die Stallung bereits vor Sonnenaufgang, damit niemand bemerken konnte, dass sie sich unbefugt zur Stallung der Krieger Zutritt verschafft hatten und diese als provisorisches Nachtlager nutzten. Normalerweise trennten sich nun ihre Wege und sie sahen sich erst am Abend wieder, doch heute versteckte sich der Himmel hinter einer bedrückenden Wolkendecke und es regnete, nein man konnte schon sagen, es goss wie aus Eimern. Die Mädchen beschlossen daher noch zusammenzubleiben bis der Regen etwas abklang und suchten Schutz unter einer weiten Markise in einer Seitenstraße. 

Die Zeit verging, jedoch auch nach Stunden hatte der Regen noch kein bisschen nachgelassen und Sakuras Demut wuchs von Minute zu Minute. Bei diesem Wetter setzte doch niemand einen Hund vor die Tür, und auch die Menschen verließen ihre Häuser nur, wenn es unbedingt sein musste. Dann rannten sie meistens von Markise zu Markise und versuchten so trocken wie möglich zu bleiben, jedoch in Geberlaune waren diese Leute ganz Gewiss nicht. Wie sollten sie bei diesem Wetter nur genug Geld für ein Abendessen zusammenkriegen? Sakura blickte zu Ino und Hinata herüber, die auch nicht viel motivierter aussahen. Hinata hatte sich auf den Boden gehockt und verfolgte mit einem spitzen Stock, den sie gefunden hatte, das Rinnsal Wasser, das zwischen den gepflasterten Steinen entlangfloss. Die Blondine stattdessen war vollauf damit beschäftigt Regen mit ihren Handflächen aufzufangen und diesen in ihren Mund zu bekommen noch bevor er wieder von ihrer Hand verschwand und zu Boden tropfte. 

 

„Heute werden wir sicherlich nicht viel Glück haben“, seufzte Sakura und scharrte leicht mit den Füßen über den feuchten Stein. Ino nickte bestätigend und meinte: „Wenn doch nur dieser dumme Regen nicht wäre…“ Wie um ihre Worte zu untermauern, warf sie bitterböse Blicke gen Himmel, als würde das ausreichen, um die dunklen Wolken zu vertreiben. Ein Lächeln schlich sich auf Sakuras Züge, als sie hinzufügte: „Eine gute Sache hat der Regen jedoch… wir sind endlich auch mal wieder tagsüber zusammen.“ Dieser Gedanke brachte auch Ino zum Lächeln und etwas besser gelaunt meinte sie: „Stimmt! Und zusammen ist sowieso alles viel erträglicher. Findest du nicht Hinata?“ Sie sah zur Blauhaarigen hinunter, die beim Klang ihres Namens zwar kurz zusammen zuckte,  jedoch sonst keine weitere Regung zeigte.

„Ja, sicher“, murmelte sie, jedoch war ihre Stimme so zart und leise, dass Ino sie kaum verstand. Diese stieß nur ein wehleidiges Seufzen aus, beließ es jedoch dabei. 

 

„Einen schönen guten Tag, die Damen“, meldete sich plötzlich eine unbekannte Stimme zu Wort und die drei Mädchen sahen fragend auf. Vor ihnen stand ein unbekannter, großgewachsener Mann mit blonden Haaren und lächelte ihnen freundlich entgegen. „Dürfte ich mich wohl zu euch stellen um mich etwas vor dem Regen zu schützen?“, fragte er und sein Lächeln strahlte dabei große Herzlichkeit aus. Etwas unentschlossen nickten die Mädchen und rückten etwas zusammen um dem Unbekannten Platz zu machen. Aus dem Augenwinkel betrachtete Sakura seine Kleidung und bemerkte, dass er in einem schwarzen Hakama gekleidet war und an seiner linken Seite zwei Schwerter an seinem Obi befestigt hatte. Er war also ein Krieger, daran bestand kein Zweifel. Fast unweigerlich musste sie dabei an Sasuke denken. Ob er wohl mittlerweile aus Osaka zurückgekehrt war? Wie würde er reagieren, wenn er sah, dass sie nicht mehr da war? Würde er sie vermissen? Sie stieß ein leichtes Schnauben bei diesem Gedanken aus. Sicher nicht! 

Ihr wurde bewusst, dass der Unbekannte sie fragend musterte und sie warf ihm einen verunsicherten Blick zu. Als er diesen  bemerkte, lächelte er jedoch und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. 

„Was für ein Mistwetter, nicht wahr?“, lachte er und sie kam nicht umhin sein Lächeln schüchtern zu erwidern. Sie nickte leicht, als er jedoch plötzlich einen erstaunten Laut ausstieß und meinte: „Moment mal, euch kenne ich doch.“ Wie ertappt zuckten alle Drei zusammen und bedachten den Fremden mit einem ängstlichen Blick. Woher sollte er sie kennen? Verwechselte er sie vielleicht mit jemanden? 

„Ihr seid doch Dienstmädchen bei den Uchihas, oder? Ihr wart in der Nacht, als ich Sasuke verwundet zu euch brachte, da und habt mir die Tür geöffnet“, erklärte er und Sakura traf diese Feststellung wie eine verbale Ohrfeige. Sie erinnerte sich an die Nacht, als ein Fremder, wie der Teufel höchstpersönlich, auf das schwere Holztor der Uchihas einschlug und panisch um Hilfe rief.  Es hatte sie eine Menge Überwindung gekostet das Tor zu öffnen, aber sie hatte es getan und bei der Erinnerung an Sasuke’s Anblick, wie er halbtot an der Seite eines fremden Mannes hing, schwer blutete und laut atmete, glaubte die Rosahaarige beinahe Würgen zu müssen. Dieser Vorfall war nun schon mehrere Monate her, dennoch fühlte sich die Erinnerung so an, als wäre es erst gestern gewesen. Dabei wollte sie sich doch gar nicht erinnern. Nicht an diese Nacht und nicht an Sasuke…

 

„Ja, ich erinnere mich“, sagte Hinata’s zarte Stimme leise und sowohl Sakura als auch Ino warfen überraschte Blicke in ihre Richtung. Die Blauhaarige kauerte nicht mehr länger auf dem Boden, sondern hatte sich erhoben und sich dem Fremden zugewandt. Nur ihr Blick war nach wie vor demütig gen Boden gerichtet. „Sie haben damals Sasuke-sama das Leben gerettet und Mikoto-sama war Euch sehr dankbar dafür“, erzählte sie und er nickte bestärkend. 

„Ganz genau“, meinte er und grinste erleichtert, jedoch unterbrach Hinata ihn und sprach weiter: „Aber Ihre Vermutung stimmt nur zum Teil. Wir waren Dienstmädchen bei den Uchihas, das ist wahr, aber mittlerweile… sind wir das nicht mehr“, fügte sie an und wurde zum Satzende hin immer leiser. 

„Oh wirklich? Und wo arbeitet ihr jetzt?“, fragte er einfach und betrachtete die Mädchen neugierig. Scheinbar bemerkte er nicht, dass es Hinata große Überwindung gekostet hatte, das zuzugeben. 

„Nirgendwo“, antwortete Ino an Hinata’s Stelle und die Mädchen machten sich moralisch darauf gefasst nun wieder einmal Hohn und Spott ertragen zu müssen, denn nichts anderes hatten die Menschen in Edo mehr für sie übrig. 

„Oh“, stieß er aus, schien kurz nachzudenken, ehe er die Mädchen wieder fröhlich anstrahlte. 

„Nun, ich denke, dann könntet ihr sicherlich eine gute Portion Nudelsuppe vertragen. Da vorne in dem kleinen Laden gibt es die beste Nudelsuppe in ganz Edo. Außerdem lässt es sich im Sitzen und mit vollem Magen auch besser unterhalten. Oh, ich lade euch natürlich ein“, meinte er grinsend und deutete auf einen Laden am Ende der Straße.  Die Mädchen blinzelten verwirrt, denn mit solch einer Reaktion hatten sie wahrlich nicht gerechnet. Er machte sich nicht über sie lustig oder verspottete sie gar, sondern lud sie zum Essen ein? Sakura sah misstrauisch zu ihm auf und aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass auch Ino ihm ähnliche Blicke zuwarf. Er lächelte jedoch weiterhin nur freundlich und seine hellen, blauen Augen strahlten dabei große Gutmütigkeit aus, die in den Mädchen fast jedes Misstrauen erloschen. Dennoch mahnte Sakura sich selbst zur Vorsicht, denn sie war bereits schon einmal auf ein freundlich lächelndes Gesicht hereingefallen. So einen Fehler durfte sie sich kein zweites Mal erlauben. Zu viel stand für sie auf dem Spiel, für sie alle drei.

„Nein, danke“, lehnten Sakura und Ino sein Angebot synchron ab und dem jungen Mann war die Überraschung ins Gesicht geschrieben.

„Nein?“, fragte er verwundert und legte leicht den Kopf schief. „Wieso nicht? Ihr habt nichts zu befürchten, ich tue euch schon nichts“, meinte er und lachte laut auf, als fände er den Gedanken, man könnte böses von ihm denken, mehr als lächerlich. Die Schwerter an seiner Seite sprachen jedoch eine ganz andere Sprache. 

Sakura schüttelte leicht mit dem Kopf und sagte schließlich zögernd: „W-Wir… wir sind nicht hungrig.“ Es war eine dreiste Lüge, denn wie sollte man nicht hungrig sein, wenn man auf der Straße lebte? Allein der Gedanke an ein leckeres Essen, das sie nur wenige Schritte weiter in dem kleinen Laden erwarten könnte, ließ den Hunger bis ins Unermessliche steigen und nur mit voller Konzentration und Willenskraft konnte Sakura ihren Magen von einem lauten Knurren abhalten. 

Der Unbekannte hob die Hand und kratzte sich wieder einmal nachdenklich am Hinterkopf. „Achso, nun gut, wenn ihr keinen Hunger habt…“, meinte er langsam und machte Anstalten dazu, sich auf den nassen Boden zu setzen. „Dann bleiben wir halt hier und-“, „NEIN!“, rief Ino plötzlich aus und nicht nur der Fremde zuckte bei ihrem Schrei zusammen. Auch Sakura und Hinata erschraken von dem abrupten Ausbruch ihrer Freundin und warfen ihr besorgte Blicke zu.

„Verzeihen Sie bitte, aber… Wir möchten lieber alleine sein“, erklärte sie ihr Verhalten und wandte sich demonstrativ von ihm ab. Der blondhaarige Krieger erhob sich daraufhin wieder und wirkte etwas unschlüssig. 

„Nun… Nun gut, ok..“, sagte er langsam und schürzte leicht die Lippen. „Also, wenn ihr keinen Hunger habt, ok, aber wenn es nach mir geht, ich sterbe gleich vor Hunger“, meinte er ehrlich und sein Lächeln kehrte wieder auf seine Züge zurück. „Ich werde jetzt da vorne eine leckere Nudelsuppe essen gehen und wenn ihr es euch anders überlegt und doch etwas Essen wollt, dann wisst ihr ja, wo ihr mich findet. Es war nämlich mein ernst, als ich sagte, dass es dort die beste Nudelsuppe in ganz Edo gibt“, erklärte er und setzte sich gemütlich in Bewegung. Den starken Regen, der dabei auf ihn herunter prasselte, schien er dabei nicht einmal wahrzunehmen. 

 

„Ino, was sollte das?“ durchbrach die Rosahaarige nach kurzer Zeit die Stille und sah ihre Freundin fragend an. „Ich… ich weiß auch nicht“, gab die Blondine zu und verschränkte leicht verunsichert die Arme vor der Brust. „Er… Er war mir einfach zu… komisch. Ich meine, den ganzen Tag über kommt hier keine Menschenseele vorbei und plötzlich taucht er hier auf, gesellt sich einfach so zu drei verlumpten Mädchen und lädt diese auch noch einfach so zu einem Essen ein. Und er ist nicht nur irgendein Mann, nein, auch noch ein Krieger… Irgendetwas stimmt da doch nicht“, erklärte Ino und Sakura konnte ihr dabei nur zustimmen. Die ganze Sache wirkte auch auf sie ziemlich merkwürdig.

„Ich hätte sein Angebot gerne angenommen“, sagte Hinata mit trauriger Stimme und Sakura stieß ein leises Seufzen aus. „Ich ja auch, Hinata, aber wir müssen vorsichtig sein. Wir kennen ihn nicht und wissen nicht, ob wir ihm vertrauen können oder was er eigentlich von uns wollte.“

„Er hat sich doch nur zu uns gestellt, weil er ebenfalls Schutz vor dem Regen suchte und eingeladen hat er uns vielleicht, weil er einfach ein gutes Herz hat“, sprach die Blauhaarige ihre Gedanken frei aus und warf sehnsüchtige Blicke die Straße entlang, wo der junge Mann verschwunden ist.

„Nein, das denke ich nicht. Er ist ein Krieger, einer aus dem ersten Stand… Solche Leute halten sich doch für etwas Besseres und auf kleine Mägde wie uns schauen sie nur herab“, antwortete Ino und der Schmerz, den sie tief in sich vergraben hatte, tränkte ihre Stimme voller Traurigkeit.

„Ach, sich als etwas Besseres fühlen… Damit müsstest du dich doch auskennen“, kam es plötzlich kalt von der Blauhaarigen und sie würdigte der Blonden dabei keines Blickes. Ino riss geschockt die Augen auf und taumelte ein paar Schritte zurück, als hätte Hinata ihr gerade eine schallende Ohrfeige verpasst. Sakura, nicht weniger geschockt als Ino selbst, erhob schnell das Wort und versucht die Situation etwas zu beruhigen: „Hinata, versteh doch, bitte… Wir, Ino und ich, haben auch schon etwas andere Erfahrungen machen müssen und das… so etwas können wir uns nun nicht mehr leisten, verstehst du?“

„Ja, ja, eure ‚anderen Erfahrungen‘ könnt ihr gerne für euch behalten“, keifte Hinata laut und mit einer ungekannten Härte, sodass nun selbst Sakura sprachlos zu Boden starrte. Die Blauhaarige seufzte laut auf, ehe sie sich mit versöhnlicher Miene zu den beiden anderen umdrehte.

„Es tut mir leid, ich wollte das nicht sagen.  Es ist nur… Ich würde wirklich gerne gehen, wisst ihr? Es ist schließlich helllichter Tag und wir sind zu dritt… Was soll uns da schon groß geschehen?“, fragte sie und zum ersten Mal seit langer Zeit schenkte Hinata ihnen endlich wieder ein Lächeln. Sakura und Ino wechselten einen kurzen Blick.

„Nun gut, du hast ja Recht. Lasst uns gehen“, meinte Sakura und sie hoffte in diesem Moment nur, diese Entscheidung später nicht bereuen zu müssen.

 

Der Laden am Ende der Straße war eher klein und unscheinbar und wirkte nicht gerade, wie ein feines Etablissement in dem Krieger und andere edle Leute aßen. Stattdessen maß das Geschäft gerade mal ein paar Quadratmeter, die dunkelblauen Noren, die vor der Tür hangen, waren ausgeblichen und hatten ihre besten Tage offensichtlich schon hinter sich. Die dunklen Fenster an der Seite waren schmutzig und sicher schon länger nicht mehr gereinigt worden. 

Etwas zögerlich schoben die Mädchen die dunklen Noren zur Seite, traten in den Laden ein und bemerkten überrascht, dass es in diesem Laden nicht einmal eine Sitzecke, für die besseren Gäste gab, sondern lediglich einen längeren Tresen vor einer Küchenzeile. 

Sakura wunderte sich jedoch nicht weiter über die äußerliche Erscheinung des Ladens, denn ihre Aufmerksamkeit war nun auf den Mann gerichtet, der vor ihr am Tresen saß und eine Schüssel Nudelsuppe in sich reinschlang, als hätte er seit Tagen kein richtiges Essen mehr zu sich genommen. Neben ihm standen bereits zwei leere Schüsseln, die er offensichtlich in der kurzen Zeit, in der sie und die Anderen noch miteinander diskutiert hatten, in einer ebenso hohen Geschwindigkeit verputzt haben musste. Hätte sie ihn an jenem Abend vor dem Tor nicht gesehen, als er Sasuke verletzt nach Hause brachte, so hätte sie seine Kriegerausrüstung wahrscheinlich eher für eine Verkleidung gehalten. Wieso ging ein Mann von so hohem Stand in einem Laden wie diesem hier Essen?

Der Blondhaarige hatte ihr Eintreten offensichtlich bemerkt, denn er drehte sich leicht zu ihnen um und winkte sie freundlich zu sich heran.

„Wie schön, ihr habt es euch anders überlegt. Nur zu, setzt euch, setzt euch“, meinte er mit vollem Mund und deutete auf die Plätze neben sich. Die Mädchen folgten seiner Aufforderung und Sakura warf entsetzte Blicke in seine Richtung, als sie sah, dass er sich offensichtlich nicht einmal die Mühe machte, aufzukauen, sondern sich stattdessen in den halbvollen Mund noch mehr Nudeln stopfte. Wenn dieser Mann so weiter machte, würde er ganz gewiss noch daran ersticken!

„Ein paar Nudelsuppen für meine Freunde hier“, rief der Blondschopf aus, jedoch ohne von seiner Schale aufzugucken. Der Koch störte sich nicht weiter an der genuschelten Bestellung und dem schlechten Benehmen des Mannes, sondern machte sich direkt daran die Nudelsuppe für die Mädchen zu kochen, als wäre das merkwürdige Essverhalten des Jungen hier alltäglich. 

Sakura war die Letzte, die andere Menschen aufgrund von Äußerlichkeiten oder schlechter Manieren verurteilte, aber wenn sie sich an die Zeit bei den Uchihas zurück erinnerte, so hatte sie ein genaues Bild vor Augen, wie Krieger und andere Menschen aus dem ersten Stand aßen und der blonde Chaot zu ihrer Linken war dazu das absolute Gegenteil. Allein die Vorstellung davon, wie er nach vorne gebeugt über seiner Schüssel hing und die Suppe in sich hineinschlang, als gäbe es kein Morgen mehr, war schon so absurd, dass sie beinahe Lachen musste.  

 

Es dauerte nicht lange, ehe der Koch Sakura und ihren Freundinnen jeweils eine Schüssel mit Nudelsuppe vor die Nase stellte und den Mädchen lief bei dem guten Geruch fast das Wasser im Munde zusammen. Auch wenn der Laden nach außen hin dreckig und fahl wirkte, so schien doch wenigstens das Essen hier gut zu sein. Der Fremde neben ihnen schien zu bemerken, dass keiner von ihnen das Essen vor sich anrührte und er sah fragend zu ihnen herüber. 

„Nun esst schon, es ist wirklich die beste Nudelsuppe in ganz Edo“, versicherte er erneut, grinste breit und eine Nudel hing ihm dabei zwischen den Zähnen.

„Was wollen Sie dafür?“, stellte Ino zögerlich die Frage, die sich in diesem Moment alle drei Frauen stellten und sie sah dem jungen Mann dabei skeptisch entgegen. Keiner von ihnen würde das Essen vor sich anrühren, wenn sie nicht seinen Preis kannten. Der Fremde blinzelte zunächst verwirrt, dann jedoch holte er tief Luft und stieß ein lautes Seufzen aus.

„Oh man, ihr seid wirklich misstrauisch, was?“, seufzte er, setzte sich aufrecht hin und schob dabei die Schüssel etwas von sich weg. Er sah jeder von ihnen in die Augen und zum ersten Mal grinste er nicht dabei. „Ich sagte euch doch vorhin schon, dass ich euch einlade. Ich will nichts dafür. Ich habe genug Geld, also macht euch darum mal keine Sorgen. Und jetzt solltet ihr wirklich essen. Es wird nämlich sonst kalt und sie kalt zu essen, wäre die reinste Beleidigung für diese gott-gleichen Nudeln!“ Wie zur Bestätigung seiner Worte nickte er einmal kräftig und Hinata sah zörglich zu ihm auf. „Sie… wollen wirklich nichts?“, fragte sie zur Sicherheit noch einmal und der Fremde schüttelte erneut mit dem Kopf, jetzt wieder mit seinem gewohnt breitem Grinsen.

Sakura war die Erste, die zu den Stäbchen griff und sich eine kleine Portion des Essens in den Mund schob. Jedoch in dem Moment, als das Essen ihre Zunge berührte, schien etwas in ihrem Mund zu explodieren und der Geschmack der  Nudeln gepaart mit der würzigen Soße breitete sich darin aus und war köstlicher, als alles was sie je in Erinnerung hatte. Konnte dieser tolle Geschmack daran liegen, dass sie schon lange nicht mehr so etwas leckeres vor sich hatte oder hatte der Junge recht und das war wirklich die beste Nudelsuppe in ganz Edo? Anhand der aufseufzenden Geräusche ihrer Freundinnen erkannte Sakura, dass sie gerade ähnlich fühlten wie sie und nachdem der erste Bissen getan war, stürzten sich alle drei auf das Essen und ihre guten Manieren waren dabei vergessen.

„Oi, oi, oi, so sollten feine Damen aber nicht essen“, scherzte der Fremde und sein lautes Lachen erfüllte den kleinen Laden. „Hey, Teuchi, mach den Mädels noch eine Portion! Und pack dieses Mal auch etwas Fleisch mit rein. Fleisch ist das Beste überhaupt, nicht wahr?“, fragte er die Mädchen, erhielt darauf jedoch keine Antwort. Jede war zu sehr darauf konzentriert die Suppe zu essen und ihre leeren Mägen damit zu füllen. Nach einem erneuten lauten Lachen beließ der Junge es dabei und wandte sich wieder seiner eigenen Suppe zu.

 

Es verging einige Zeit, bis alle vier aufgegessen hatten und nach etlichen Minuten und vielen Schalen Suppe, beugte sich der Blondschopf leicht auf seinem Hocker zurück und rieb sich den nun vollen Bauch.

„Oh man, bin ich vooooll“, stöhnte er, lächelte dabei jedoch zufrieden. Sakura fühlte sich gut und auch ihr Magen schien nun überglücklich zu sein, sich endlich mal wieder mit einer größeren Mahlzeit beschäftigen zu dürfen, jedoch nagten nun leichte Gewissensbisse an ihr. Schließlich kannten sie diesen Mann überhaupt nicht, haben sich einfach von ihm einladen lassen und dabei ohne mit der Wimper zu zucken, mehrere Schüsseln verdrückt, als wäre es das Normalste der Welt sich von einem Wildfremden aushalten zu lassen.

„Sie-“, setzte Sakura an, wurde jedoch im gleichen Atemzug unterbrochen. „Es heißt du! Sagt nicht immer Sie zu mir, dabei fühle ich mich so… alt. Außerdem waren diese Höflichkeitsfloskeln noch nie etwas für mich“, lachte er. Dann richtete er sich auf und zeigte breit grinsend mit dem Daumen auf sich. „Ich bin Naruto. Naruto Uzumaki. Und wer seid ihr?“ Ein leichtes Lächeln stahl sich auf die Züge der Rosahaarigen, denn in der Gegenwart dieses Chaoten konnte man fast nichts anderes tun. Seine gute Laune war einfach ansteckend.

„Ich bin Sakura. Sakura Haruno. Und das sind Ino Yamanaka und Hinata Hyuuga“, stellte sie sich und ihre Freundinnen vor. Ino nickte beim Klang ihres Namens und Hinata… Diese starrte schüchtern auf ihre Zeigefinger, die sie unroutiniert und schüchtern gegeneinander stupsen ließ. 

„V- Vielen Dank für das Mahl“, sagte Hinata leise, aber Naruto vollzog nur eine wegwerfende Handbewegung. „Ach was, keine Ursache. Es freut mich jeden Falls euch kennenzulernen“, meinte er und strahlte den Mädchen dabei entgegen. „Ihr macht einen ziemlich netten Eindruck. Dann erzählt doch mal, was ihr so Schlimmes gemacht habt, dass man euch einfach so vor die Tür setzt.“ Er lachte dabei laut auf, als würde er gerade über eine tote Mücke an der Wand scherzen und nicht nach einer der niederschmetternsten Erfahrung im Leben der Mädchen fragen. Hinata senkte beschämt den Blick und selbst Ino wand langsam das Gesicht ab. Sakura haderte mit sich, denn ein Teil von ihr wollte es ihm erzählen. Wollte diesem Menschen, der so viel Güte und Freundlichkeit hatte, wildfremde Mädchen von der Straße aufzulesen und ihnen ein komplettes Essen zu bezahlen, erzählen, was ihnen widerfahren ist und sie nun dahin gebracht hatte, wo sie jetzt waren, jedoch war da auch ein anderes Gefühl. Es war nicht der Scham über ihren Rauswurf, nicht einmal die Angst, dass sich eben jene gütige und freundliche Person ebenfalls von ihnen abwenden könnte , nachdem er all das gehört hatte, sondern es war die Befürchtung, dass er ihnen nicht glauben würde. Ihnen, drei ungebildeten, obdachlosen Dienstmägden. Würde er ihnen nicht glauben und ihre Aussage als Hetzerei gegen ihre ehemalige Herrin sehen, würde er sie vielleicht anzeigen und Sakura und ihre Freundinnen wären nicht nur obdachlos, sondern von nun an auch Kriminelle.

Letzten Endes jedoch siegte ihre Naivität, derer sie sich selbst schon so oft geschallt hatte, doch ein Gefühl sagte ihr, dass sie diesem Mann vertrauen konnte. Und daher beschloss sie auch, auf ihr Bauchgefühl zu hören und ihm alles zu erzählen. Sie erzählte ihm von ihrer Arbeit im Hause der Uchihas, dann von der Ankunft ihrer neuen Herrin Karin, von dem Zwischenfall und den Verletzungen der anderen Magd Tayuya, von Karin’s Angriff auf Hinata in der Küche und ihrem späteren Mordversuch, einfach alles. Eine einzige Sache jedoch ließ sie dabei aus. Und zwar die Sache zwischen ihr, einer Magd und ihrem Herren, Sasuke Uchiha.

 

Ino und Hinata sagten während der ganzen Erzählung kein Wort, aber sie blieben still an der Seite ihrer Freundin sitzen und akzeptierten somit ihre Entscheidung, dem blonden Chaoten alles anzuvertrauen. Dieser hörte die ganze Zeit über ruhig zu, runzelte ab und zu verwirrt die Stirn, als hätte er etwas nicht verstanden, blieb aber ruhig und als Sakura ihre Schilderung beendete, schwiegen alle vier eine ganze Weile lang.

Schließlich räusperte Naruto sich leicht und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, scheinbar auf der Suche nach einer passenden Antwort. „Nun…. Da habt ihr ja schon eine Menge erleben müssen, was?“, meinte er und sah zu den Mädchen herüber. „Ein ganz schönes Miststück, diese Karin, wenn ihr mich fragt“, fügte er an und fing dabei wieder an sie herzlich anzulächeln. Sakura spürte in diesem Moment eine große Welle an Gefühlen über sich herein brechen, bestehend aus Freude, Hoffnung, Vertrautheit und vor allem: Erleichterung!

Er glaubte ihnen!

Sakura hörte Hinata leise Schluchzen und legte sanft eine Hand auf ihren Rücken um sie zu trösten. Sie hatte nicht mitbekommen, ab welchem Punkt die Blauhaarige angefangen hatte zu weinen, aber die ganze Geschichte nahm Hinata von ihnen dreien am meisten mit. Sie gab sich schon seit geraumer Zeit selbst die Schuld für den Rauswurf bei den Uchihas, schließlich war sie es gewesen, auf die Karin es abgesehen hatte. Sakura und Ino haben lange Zeit versucht auf die Blauhaarige einzureden und ihr zu erklären, dass es nicht ihre Schuld war, jedoch hörte diese nicht auf die Beteuerungen ihrer Freundinnen. Naruto warf mitleidige Blicke in Hinatas Richtung, beließ es jedoch dabei.

„Also… Lebt ihr jetzt… auf der Straße? So ganz alleine?“, fragte er und Sakura nickte langsam. „Hm, das muss echt schwierig sein“, murmelte er vor sich hin und schien nachzudenken. 

Plötzlich sprang er jedoch auf und strahlte die Mädchen dabei mit einem derart breitem Grinsen an, das ihm fast von einem Ohr zum anderen reichte. 

„Ich habs!“, rief er begeistert aus, und Sakura bedachte ihn in diesem Moment mit einem skeptischen Blick. Vielleicht hatte sie sich ja doch in ihm getäuscht und hinter seiner grinsenden Fassade versteckte sich ein ausgebrochener Verrückter?

„Wenn ihr von den Uchihas hinausgeworfen wurdet und nicht wisst, wo ihr hinsollt, dann kommt doch einfach mit zu mir. Dann stelle ich euch halt als Dienstmädchen ein“, schlug er vor, grinste dabei immer noch breit und sah erwartungsvoll von einem Gesicht ins andere. Nun war Sakura sich sicher. Dieser Mann war eindeutig verrückt!

„Was?“, fragte Ino entsetzt, jedoch schien Naruto den misstrauischen Unterton nicht zu bemerken und redete munter weiter. „Wisst ihr, ich lebe alleine in meinem Haus, da meine Eltern gestorben sind, als ich noch ein Baby war. Ich habe nun niemanden anderen, der mit bei mir lebt und auf Dauer ist es schon ziemlich einsam, da würde ich mich über Gesellschaft sehr freuen. Ich meine, sicher, es ist kein so großes Haus, wie das der Uchihas und liegt auch nur ganz alleine am nördlichen Stadtrand Edos, aber es ist ein wirklich schönes Haus und auch leider groß genug, sodass es ziemlich anstrengend ist, sich ganz alleine darum zu kümmern. Außerdem… bin ich nicht gerade der ordentlichste Mensch, müsst ihr wissen… Hehe“, erzählte er und kratzte sich dabei wieder verlegen am Hinterkopf. Seine Gesichtsfarbe schimmerte dabei leicht rötlich, jedoch wich das Grinsen nach wie vor nicht aus seinem Gesicht. Die Mädchen jedoch grinsten nicht, sondern bedachten Naruto nun mit einer Mischung aus Misstrauen und Argwohn. Dieser Mensch mochte vielleicht gütig genug sein um drei obdachlose Mädchen zu einem Essen einzuladen, sich mit ihnen zu unterhalten und selbst nachdem er ihre Geschichte kannte, nicht über sie zu spotten, aber nun enthüllte er scheinbar seine wahren Absichten. Hatte er vor sie jetzt mit falscher Freundlichkeit zu locken, so wie Sai es einst tat? Wollte er erst ihr Vertrauen gewinnen und wenn sie irgendwann so naiv und dumm genug waren und ihm zu einem Haus, noch dazu am nördlichen Stadtrand von Edo, wo kaum einer lebte, folgen würden, dann sein wahres Gesicht zeigen und ihnen alle möglichen Grausamkeiten antun, zu die ein Mann, wie er, im Stande war?

Naruto sah ihnen in ihre versteinerten Gesichter, deutete ihre Ablehnung jedoch falsch. 

„Nun, wenn es um euren Lohn geht, macht euch keine Sorge, ich bin ein Krieger und verdiene dabei auch ganz gut. Ich denke, es sollte locker reichen um den Lebensunterhalt für vier Mann zu decken. Also was sagt ihr?“, fragte er hoffnungsvoll und  bedachte die Mädchen mit einem zuversichtlichem Blick, der zeigte, dass es für ihn unvorstellbar war, dass sie sein so gütiges Angebot je ablehnen könnten. Die Rechnung hatte er dabei jedoch ohne Ino gemacht, die abrupt aufstand, und Naruto mit einem eiskalten Blick bedachte.

„Vielen Dank für das Angebot, aber wir lehnen ab“, sagte sie hart, packte Hinata am Handgelenk und zog sie mit sich aus dem Laden. Auch Sakura erhob sich, verbeugte sich kurz und fügte an: „Und vielen Dank für das Essen, es war sehr lecker.“ Danach wirbelte sie herum und eilte ihren Freundinnen hinterher. „Ja, aber…“, hörte sie ihn noch hinter sich rufen, allerdings beendete er seine Aussage, sobald sie aus seiner Sichtweite war.

 

Sakura holte schnell zu ihren Freundinnen auf und Ino lief mit großen Schritten die schmale Seitengasse hinauf und störte sich dabei nicht einmal an dem starken Regen, der nach wie vor auf die Erde fiel. Hinata’s Arm hielt sie dabei so fest umklammert, dass die Blauhaarige schmerzverzerrt das Gesicht verzog und ihr kurzerhand ihren Arm entriss. 

„Ino, was soll das?“, keifte sie und strafte ihre blondhaarige Freundin dabei mit bösen Blicken. Diese seufzte leise, entschuldigte sich jedoch bei Hinata.

„Es tut mir leid, ich wollte dir nicht weh tun“, meinte sie ehrlich, jedoch wehrte die Blauhaarige ab. „Nein, davon rede ich nicht, ich rede davon“, rief sie und deutete dabei die Straße hinunter, zurück zu dem Laden, indem der blondhaarige Mann noch immer sitzen musste. „Er war so gut zu uns! Warum musstest du so unfreundlich zu ihm sein?“ Ino sah betreten zu Boden und stieß ein leises Seufzen aus. „Ich war vielleicht etwas unfreundlich zu ihm, aber wir wissen nicht, was er von uns will. Wir können ihm nicht blind vertrauen, nur weil er uns ein Essen bezahlt hat.“

„Aber er hat doch genau erklärt, was er wollte. Er wollte uns einstellen. Als Dienstmägde! Er wollte nicht, dass wir einfach nur zu ihm kommen und ohne Grund bei ihm lebten, sondern dass wir bei ihm arbeiten. Und das können wir doch! Das haben wir bisher doch auch getan“, zählte Hinata auf und ihre Stimme klang zum ersten Mal seit langem wieder laut und kräftig.

„Wir können nicht wissen, ob es wirklich das ist, was er will. Das sagt er jetzt vielleicht, aber nicht alle Menschen sind gut, Hinata. Lass dich nicht von ihnen täuschen!“, versuchte Ino zu erklären, jedoch verschwand der Unwille auf dem Gesicht ihrer Freundin einfach nicht. Sakura wollte einschreiten, wollte etwas sagen, um die Konfrontation zu schlichten, denn sie sah den kommenden Streit genauso aufziehen, wie die nahenden Gewitterwolken am Himmel. 

„Aber auch nicht alle Menschen sind schlecht Ino. Du solltest endlich aufhören, in jedem Menschen das Böse zu sehen, nur weil du einmal nicht fähig warst, in den wirklich schlechten Menschen, das schlechte zu erkennen. Nicht jeder Mensch ist so blind… oder so dumm“, zischte Hinata mit zu Schlitzen verengten Augen. Ino taumelte ein paar Schritte zurück und mit verletztem Blick schüttelte sie nur den Kopf, ungläubig darüber, was Hinata ihr gerade vergehalten hatte. Sakura streckte schlichtend die Arme aus und meinte: „So ist es nicht Hinata. Das Ganze hat nichts mit Dummheit zu tun, aber wir haben doch nur noch uns. Wir müssen aufpassen und vorsichtig sein. Wenn uns etwas passiert… Wenn wir einfach so verschwinden… Niemand wird nach uns suchen, niemand wird uns vermissen. Verstehst du?“ 

„Ob ich es verstehe? Nein, das verstehe ich nicht, Sakura“, schrie die Blauhaarige. „Was ist daran denn nicht dumm und blind, wenn man sich als einfache Magd einem Krieger an den Hals schmeißt, obwohl man ganz genau weiß, dass jemand aus einem so viel höheren Stand nie für einen bestimmt sein kann und einen ins Unglück stürzen wird? Und das alles nur, damit man sich als etwas Besseres fühlen kann? Damit man besser wird als alle anderen im eigenen Stand? Was ist daran nicht dumm?“ In Hinata’s Augen hatten sich mittlerweile Tränen gebildet und in ihnen spiegelte sich ein tiefer Schmerz, der Sakura die Luft abschnürrte und in ihr das Gefühl herausbeschwor, dass es hier um viel viel mehr ging, als um Naruto oder Ino’s Fehltritt vor einem Jahr. Eine tiefsitzende Sache, nur zwischen Hinata und Ino…

„Warum?“, hörte sie Ino mit Tränen erstickter Stimme flüstern und Sakura stellte erschrocken fest, dass auch sie weinte. „Warum nur bist du so? Warum bist du so grausam zu mir? Was habe ich dir je getan, dass es dir das recht gibt, mich so zu behandeln und so auf mich herab zu blicken? Ja, ich weiß, ich habe einen Fehler gemacht. Das weiß ich auch und gebe es zu. Ich bin nicht stolz darauf, was damals passiert ist, und glaub mir, wenn es etwas gäbe, dass ich rückgängig machen könnte, dann würde ich es auch tun. Aber das kann ich nicht, das kann ich leider einfach nicht… Aber dennoch, du warst von der Sache überhaupt nicht betroffen. Warum also? Wir waren… wir waren doch… Freundinnen“, schluchzte Ino und presste sich die Hand auf den Mund um einen lauten Schluchzer zu ersticken.

„Freundinnen?“, schrie Hinata auf und ein lauter Donnerschlag ertönte, jedoch bemerkten die Mädchen ihn nicht einmal. „Ja, das waren wir… Freundinnen. Das waren wir solange, bis du beschlossen hast, dich für etwas Besseres zu halten. Bis du beschlossen hast, mich aus allem auszuschließen. Bis du beschlossen hast… nicht mehr meine Freundin zu sein.“  Ihr versagte die Stimme und weinend fiel die Blauhaarige vor ihrer Freundin auf die Knie und begrub das Gesicht in den Handflächen. Ino schüttelte weinend den Kopf und hockte sich ebenfalls  auf den nassen Boden.

„Nein, Hinata…. Du hast recht, ich war vielleicht dumm. Aber blind… das war ich nicht. Ich war dumm genug einem Mann zu glauben, der mir versicherte, dass er mich liebte. Ich war dumm genug mein Herz jemanden zu schenken, der nie vorhatte, es zu behalten. Aber ich war nie so blind nicht zu erkennen, welche Gefahren eine Beziehung zu einem so viel mächtigerem Mann mit sich bringen würden. Ich habe mich nie für etwas Besseres gehalten. Ich habe dir nur nie von der Beziehung zu ihm und von unseren heimlichen Treffen erzählt, weil ich nicht wollte, dass du in die Sache mit hineingezogen wirst. Ich habe dich ausgeschlossen, um dich vor den Konsequenzen, die vielleicht kommen könnten und die auch gekommen sind, zu schützen. Aber… Aber ich habe nie beschlossen, nicht mehr deine Freundin zu sein. Ich war immer deine Freundin. Ich war es immer… in all der Zeit. Und ich werde es auch immer bleiben. Ich war nicht blind, ich war einfach nur dumm… Dumm genug an ein schönes Gefühl zu glauben. Die Liebe… sie soll doch gut sein. Schließlich ist es doch… die Liebe…“ Ein Beben durchzog Ino’s Körper und sie stütze sich mit zittrigen Händen auf dem Boden ab, um ihren Oberkörper aufrecht zu halten. Alles an ihr strahlte immense Trauer aus und der tiefe Schmerz, den sie seit über einem Jahr mit sich herum trug, der ihren Körper und ihre Seele zeichnete, war im Moment so allgegenwertig, als durchlebe sie die ganzen Geschehnisse noch einmal. 

Doch erstaunlicherweise war es Hinata, die die Arme um die Blondine schlang und ihr tröstlich das nasse, blonde Haar streichelte, welches sie aufgrund ihres Fehltrittes nun nicht mehr bedecken durfte. „Nein Ino. Die Liebe ist nicht schlecht, und dafür… dafür mache ich dir keinen Vorwurf. Man liebt… wen man liebt. Ich… Ich war so dumm. So dumm, nicht zu erkennen, warum du dich abgewandt hast. Ich war dumm genug, nicht zu dir zu stehen, als du mich am meisten gebraucht hattest. Ich war so dumm, anzunehmen, du hättest dich verändert und dir auf eine solche Beziehung etwas eingebildet. Und ich habe dich für all das verurteilt. Ich war so dumm… Es tut mir leid. Es tut mir so unsagbar leid.“ Hinatas Stimme war leise und sowohl ihre lauten Schluchzer, als auch der laute Donner machten es schwierig, sie gut zu verstehen, doch auch Ino schlang nun die Arme um die Blauhaarige und ihre Hände verkrallten sich im dünnen Stoff ihres Kosoden.

„Mir tut es leid, Hinata. Ich hätte sehen sollen, dass du mich und mein Verhalten falsch verstanden hast und wieder auf dich zugehen sollen, statt mich noch weiter zu verschließen. Ich hatte nur so Angst, dass du mich weiter wegen meines Fehlers verurteilen würdest…. So große Angst.“

„Ich…. Ich möchte wieder deine Freundin sein, Ino. Jetzt… Jetzt und für immer“, schluchze Hinata und Ino biss sich auf die bebende Unterlippe und nickte einfach nur, denn das wollte sie auch.

Sakura sah die Szene zwischen ihren beiden Freundinnen schweigend mit an, jedoch ließ auch sie die ganze Sache nicht kalt und große, dicke Tränen rollten inzwischen auch ihr übers Gesicht. Sie machte einen Schritt auf die beiden, am Boden kauernden Frauen zu und legte auch ihre Arme eng um die Zwei. 

Mit einem flauen Gefühl im Magen und einer Mischung aus Dankbarkeit, Vertrauen und Schmerz lehnte sie sich gegen sie und bewunderte die Magie der Freundschaft, deren Band manchmal zog und zerrte, manchmal verblasste, aber nie ganz erlosch. Und sie dankte in diesem Moment dem niederprasselnden Regen dafür, dass er die Menschen in ihren Häusern und somit davon abhielt, diesen einzigartigen, versöhnlichen Moment der Freundinnen zu stören.

 

Nach einer halben Ewigkeit, in der sie zu dritt auf dem Boden kauerten, weinten und einander trösteten, hatten sie sich endlich ausgeweint und erhoben sich langsam wieder. Sie suchten sich einen vom Regen geschützten Platz und fanden diesen in einer Ecke des Marktplatzes. Mittlerweile waren alle drei bis auf die Knochen durchnässt, ihre Kleidung vollgesogen vom Regen und sie fröstelten leicht, jedoch störte sich ausnahmsweise keiner daran. Sie rückten alle eng zusammen und wärmten sich gegenseitig. Und sie erzählten. Sie erzählten viel und lange und sie lachten. Das Gewitter zog über ihre Köpfe hinweg, schickte Blitze und Donner hinab, jedoch beachteten die Mädchen das Unwetter kaum, waren viel zu sehr aufeinander fixiert und auf die Harmonie, die sich langsam wieder zwischen sie einpendelte. Sakura bekam langsam eine Vorstellung davon, wie eng das Band zwischen Ino und Hinata gewesen sein musste, bevor damals diese Sache geschehen war und sie hoffte sehr, dass es irgendwann wieder den Punkt erreicht haben würde, an dem das Band wieder so fest werden würde, wie es einst gewesen war.

An diesem Tag hatten die Mädchen nicht viel Glück mit dem Betteln, jedoch hatten sie das auch nicht erwartet. Kaum ein Mensch kam an ihnen vorbei, aber sie störten sich nicht weiter daran. Schließlich waren ihre Mägen noch ordentlich gefüllt  und sie konnten das fehlende Abendbrot an diesem Tag leicht verschmerzen. Es war schon lange dunkel, als die Mädchen beschlossen zurück zur Stallung aufzubrechen und sich für die Nacht zurückzuziehen, allerdings ließen laute Geräusche vor ihrem neuen Zuhause sie aufhorchen. Als sie sich der Stallung näherten, erkannten sie langsam, dass das Schlimmste für sie eingetroffen war. Ein Großteil der Krieger war aus dem Krieg zurück gekehrt und eben jener Großteil tummelte sich vor der großen Stallung und jüngere Stalljungen rannten von Pferd zu Pferd um diese in den Stall zu führen, sie abzuzäumen und abzusatteln. 

„Oh nein“, hauchte Sakura und Panik machte sich in ihr breit. Wo sollten sie denn nun hin? Bei Wind und Wetter auf der Straße bleiben, konnten sie schließlich nicht. Als sie in die geschockten Gesichter ihrer Freundinnen sah, erkannte sie in ihren den gleichen Gedanken.

„Wo sollen wir denn jetzt nur hin?“, sprach Ino es bestätigend aus und drehte sich einmal suchend im Kreis, nur um anschließend enttäuscht die Schultern fallen zu lassen. Hinata stattdessen war still, scharrte jedoch nur merkwürdig mit den Füßen. Sakura warf ihr fragende Blicke zu und auch Ino hob skeptisch eine Augenbraue hoch.

„Nun… Mir… würde da schon etwas einfallen“, gestand sie schließlich. „Aber es wird euch nicht gefallen.“

„Nein Hinata“, meinte Ino seufzend und wusste ganz genau, worauf die Blauhaarige dabei anspielte. „Das können wir nicht, es ist zu gefährlich.“

„Ja… Ja, ich weiß. Aber welche Wahl haben wir denn sonst? Außerdem… Vielleicht hat er es ja doch ernst gemeint und wir lassen uns hiermit eine große Chance entgehen. Wir… sollten uns wenigstens davon überzeugen. Außerdem… sind wir doch zu dritt. Und wir halten zusammen. Und… ich habe bei ihm wirklich ein gutes Gefühl“, meinte sie schüchtern und schenkte ihren neuen, alten Freundinnen ein seltenes, aber ehrliches Lächeln. Sakura war von der Idee nicht so wirklich überzeugt, obwohl sie nicht leugnen konnte, dass auch sie bei dem blonden Chaoten ein gutes Gefühl gehabt hatte. Jedoch hatte sie das bei Sai auch gehabt…

Letztendlich war es Ino, die resigniert aufseufzte und kapitulierend die Hände in die Luft warf.

„Ok, ok, du hast ja recht“, meinte sie zu Hinata. „Wir wissen nicht, was seine wahren Absichten sind und vielleicht… nur vielleicht, hat er es ja wirklich ehrlich gemeint. Wir sollten es herausfinden. Was sagst du, Sakura?“, richtete sie die Frage nun an die Rosahaarige, welche skeptisch zwischen beiden hin und hersah. Was hatte sie schon für eine Wahl?

„Also gut, wenn ihr das wollt…“, meinte sie zaghaft und nickte leicht. Nun war es also soweit und sie würden einen Schritt wagen, der ein großer in ihrem Leben werden würde. Er konnte ihnen entweder alles geben, oder alles nehmen. Und Sakura fürchtete sich davor, die Konsequenzen schon zu kennen.

 

Es dauerte eine Weile, bis die Mädchen den nördlichen Stadtrand Edos erreicht hatten. Sie hatten unterwegs nicht nur betrunkenen Männern, die taumelnd durch die leeren Gassen streiften und das exotische Nachtleben Edos genossen, aus dem Weg gehen müssen, sondern mussten sich auch vor einigen umherstreifenden Kriegern verstecken, die dafür bekannt waren, mit Unbekannten kurzen Prozess zu machen, wenn sie nur mit deren Gesichtern nicht einverstanden waren. Als sie jedoch den nördlichen Stadtrand erreichten, hielt Sakura ihre Idee gar nicht mehr für so toll. Wie nur sollten sie bei all den Häusern das finden, das dem jungen Krieger gehörte? Sie konnten schließlich unmöglich bei jedem einzelnen Haus zu so später Stunde an die Tür klopfen. Die Häuser hier waren jedoch mit den vornehmen Häusern im Stadtinneren kaum zu vergleichen. Während die Uchiha’s in einem großem Haus, mit einem breitem, großem Garten wohnten, mit einer dicken Steinmauer drumherum und einem großen Holztor, dass Fremde vom Grundstück fernhielt, so waren die Häuser am Stadtrand eng aneinander gereiht und ein gesamtes Haus war wahrscheinlich gerade mal so groß, wie der Gemeinschaftsraum alleine, bei den Uchihas. Dass ein wohlhabender Krieger in einem dieser Häuser leben sollte, erschien Sakura immer mehr wie ein schlechter Scherz. Wo sollten sie nur anfangen zu suchen?

„Schaut mal da“, flüsterte jedoch Hinata plötzlich und deutete auf ein Haus, das etwas außerhalb des Stadtrandes lag und sich somit auch von allen anderen Häusern hier abtrennte. Es war zwar nicht viel größer, als die anderen Häuser hier am Stadtrand, jedoch gab es einen kleinen Schuppen auf der rechten Seite des Hauses und eine grüne Wiese wuchs rund um das Haus herum.

„Hatte Naruto nicht gesagt, dass sein Haus ganz alleine liegen würde? Dann sollte es doch das da sein, oder nicht?“, fragte sie leise und sowohl Ino als auch Sakura zuckten nur unwissend mit den Schultern. Sie gingen leise auf das abgelegene Haus zu und standen schlussendlich unbehaglich vor der verschlossenen Eingangstür. Sakura atmete einmal tief durch, ehe sie zittrig die Hand erhob und gegen die Tür klopfte.

Und dann geschah das Unerwartete… Nämlich nichts. Keine Horde böser Männer sprang aus allen Himmelsrichtungen auf sie zu und trieb sie in das Höllenhaus hinein. Niemand riss die Tür auf und stach mit einem Dolch, Katana oder einem anderen Schwert auf sie ein, es geschah einfach nichts.

Nach einigen Minuten des Wartens klopfte Sakura noch einmal an die Tür, dieses Mal etwas mutiger als zuvor, doch wieder geschah nichts.

„Vielleicht haben wir uns ja doch im Haus geirrt“, meinte Hinata leise und die Mädchen wollten sich gerade zum Gehen abwenden, als jedoch lautes Gepolter aus dem Haus sie geschockt zusammenschrecken ließ. Daraufhin folgte lautes Gefluche, ehe die Tür mit einem Rück zur Seite geschoben wurde und die Mädchen in das zerknautschte Gesicht des blonden Kriegers blickten. Seine ohnehin stachlige Frisur war auf der einen Seite vom Liegen halb platt gedrückt, während die andere Seite wie wild in alle Himmelsrichtungen abstand. Der schwarze Kosode, den er trug, war halb geöffnet und gab den Blick auf seine nackte Brust und den Ansatz seiner trainierten Bauchmuskeln frei. Die rechte Seite des Ärmels war ihm von der Schulter gerutscht und hing lose neben seinem halbnackten Oberarm. Den Mädchen schoss sofort die Röte ins Gesicht und die schüchterne Hinata drehte sich augenblicklich um und hielt sich mit weit aufgerissenen Augen die Hände vor den Mund, als wäre sie gerade Zeugin eines scheußlichen Verbrechens geworden.

Naruto blinzelte erst einmal und rieb sich verschlafen die Augen, ehe er sie erkannte.

„Oh, was macht ihr denn hier?“, fragte er überrascht und kratzte sich routiniert am Hinterkopf.

„W-Wir…. Wir haben über dein Angebot nachgedacht“, meinte Sakura und spielte verlegen mit dem Saum an ihren Ärmeln.

„Ja, mein Verhalten heute tut mir außerdem wahnsinnig leid“, entschuldigte sich Ino und verbeugte sich tief vor dem Blondhaarigen. „Wir… Wir würden sehr gerne in deine Dienste treten… Also, wenn du uns noch willst“, beendete sie ihren Satz und der junge Mann lehnte sich mit gerunzelter Stirn an den Türrahmen und schien erst über die Sache nachdenken zu müssen. Dann jedoch hellte sein Gesicht sich schlagartig auf und er meinte: „Klar will ich. Es freut mich, dass ihr es euch doch noch anders überlegt habt. Nur zu, kommt herein.“ Er trat zur Seite und ließ die Mädchen eintreten, die jedoch sobald sie über die Schwelle traten, geschockt an Ort und Stelle verweilten. Sakura ließ ihren Blick durch den Eingangsbereich schweifen, und war wahrlich schockiert, was sie da sah. Der dunkle Holzboden war über und über mit Müll bedeckt. Überall lagen Kleidungsstücke herum, Schwerter oder auch nur Schwertscheiden, diverse geöffnete und sogar zerknüllte Schriftrollen und sie hätte schwören können in einer Ecke des Raumes sogar einen halb aufgegessenen Apfel gesehen zu haben. Wenn so erst der Eingangsbereich aussah, dann wollte sie gar nicht wissen, in welchem Zustand die anderen Räume waren. Dieser Mann brauchte ganz dringend ein ganzes Dutzend Dienstmägde!

„Was habt ihr denn?“, fragte Naruto irritiert und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. „Oh, ja… Hehe, entschuldigt bitte das kleine Chaos hier. Ich sagte ja, aufräumen liegt mir nicht so“, lachte er laut und kratzte sich verlegen am Hals. Sakura empfand die Bezeichnung ‚kleines Chaos‘ als die Übertreibung des Jahrhunderts, aber sie würde nicht darüber klagen. Schließlich bot sich ihr unter all dem Gerümpel hier, vielleicht ein neues Zuhause, dass sie nur zu gerne annehmen wollte.

„Das kriegen wir schon hin“, meinte sie fröhlich und schenkte ihm ein ehrliches Lächeln, das er gerne erwiderte. „Klasse. Nun dann… Willkommen in meinem Heim!“, rief er aus und große Erleichterung machte sich in den Mädchen breit. Es war gut, diesen Schritt getan zu haben!

 

Die ersten Tage im Hause Uzumaki waren für die Mädchen ziemlich anstrengend, schließlich galt es nun eine komplette Müllhalde in etwas Bewohnbares zu verwandeln, denn die anderen Räume haben Sakura in ihrer Erwartung nicht enttäuscht und nicht nur einmal mussten die Mädchen sich geschockt die Hand auf den Mund schlagen, nachdem sie einen Raum betraten. Wie jemand in all diesem Müll überhaupt hatte leben können, war ihnen alle ein Rätsel. 

Das ganze Chaos war jedoch nach vier Tagen harter Arbeit endlich beseitigt und sogar Naruto war sich nicht zu fein dafür, selbst mit Hand anzulegen und beim Aufräumen zu helfen. Das Zusammenleben mit ihrem neuen Herren gestaltete sich überraschenderweise einfacher als gedacht. Auch wenn er ziemlich chaotisch, tollpatschig und manchmal auch ziemlich vergesslich war und es so beispielsweise keine Seltenheit darstellte, dass er morgens nach dem Aufstehen vergaß, seinen Kosoden, der sich beim Schlafen geöffnet hatte, wieder zu schließen und die Mädchen somit, nach der ersten Zeit der panischen Hysterie, gefolgt von Beschimpfungstiraden einer empörten Ino oder der narkotischen Ohnmacht einer peinlich berührten Hinata, den Anblick des nackten Körpers ihres Herren beinahe besser kannten als ihren eigenen. Dennoch verziehen sie ihrem Meister diese Fehltritte gerne, denn seine Freundlichkeit und große Herzensgüte, die er ihnen bereits bei ihrem Kennenlernen gezeigt hatte, waren ein fester Bestandteil seines Wesens und es war einfach nicht möglich, ihn auf diese Weise nicht ins Herz zu schließen.

Er war den Mädchen gegenüber stets freundlich gesonnen, urteilte nicht über sie und sein ständiges Lächeln wich selten von seinem Gesicht. Er schien Sakura und ihre Freundinnen viel mehr als gleichberechtigte Freunde zu betrachten, als wie seine Angestellten. Es stellte sich heraus, dass Naruto nicht nur zwei linke Hände hatte, was das Putzen anging, sondern an jenem Tag nicht aus purem Zufall in der Stadt war um eine Nudelsuppe zu essen. Der Grund dafür zeigte sich, als der blonde Wirbelwind versuchte Hinata beim Kochen zu helfen und bereits beim einfachen Reiskochen beinahe das halbe Haus in Brand gesteckt hätte. Er entschuldigte sich damit, dass er in seinem Leben noch nie selbst gekocht hätte und seit seiner Kindheit eben tagtäglich jenes Nudelrestaurant besuchte, indem sie damals mit ihm gegessen hatten.

Auch, wenn Hinata ihm versicherte, von nun an doch lieber wieder alleine zu kochen, ließ er es sich nicht nehmen, wenigstens während des Kochens in der Küche zu stehen und den Mädchen beim Arbeiten zuzusehen. Anschließend aß er sogar gemeinsam mit ihnen an einem Tisch und distanzierte sich nicht von ihnen, wie es die Uchihas immer getan hatten. 

Sakura mochte das gemeinsame Essen sehr, denn diese Zeit nutzten sie dafür um sich zu unterhalten und Naruto konnte ihnen viele spannende Geschichten erzählen, aus Schlachten und Kriegen, bei denen er bereits an vorderster Front mitgekämpft hatte, oder auch von seinen Eltern. Auch wenn er die Geschichte von seinen Eltern selbst nur erzählt bekommen hat, so berichtete er von ihnen, als wären sie die größten und besten Helden des ganzen Landes gewesen. Seine Mutter mit dem strahlend rotem Haar, von der er seine wilde Seite hatte und die es angeblich ganz alleine mit einer großen Truppe ausgewachsener Krieger aufnehmen konnte, jedoch leider schon bei seiner Geburt verstorben war. Und sein Vater, der ein Kriegsheld war und in einer Schlacht zwischen den Tokugawa’s und den Toyotomi's sein Leben ließ, um den ihn unterstellten Soldaten eine Möglichkeit zur Flucht zu schaffen. Sakura hörte ihn gerne über die Eltern reden, die er eigentlich nie kennengelernt hatte, aber es gab eine Sache, die sie noch viel lieber von ihm hörte. Denn hin und wieder erzählte er von Schlachten, in denen auch ein großer, schwarzhaariger Krieger mit ihm Seite an Seite gekämpft hatte. Sasuke… Der Uchiha-Sprössling war nicht nur ein Berater des Shoguns und ein hervorragender Krieger und Stratege, sondern auch der Kommandant von Naruto’s Einheit und obwohl er als Kommandant nicht einmal selbst in die Schlacht ziehen müsste, so tat er es und kämpfte mit seinen Kriegern zusammen. Naruto erzählte meist nur von den Schlachten, die sie auch gewannen und Sakura bekam dabei den Eindruck, als wäre Sasuke wild, entschlossen und einfach unbesiegbar. Sie mochte Naruto’s Geschichten gerne, jedoch weckten die Erzählungen des Schwarzhaarigen in ihr ein Gefühl, dass sie lange Zeit in sich zu verstecken wusste. Sehnsucht….

Sie vermisste ihn und nun, da sie sich nicht mehr tagtäglich den Kopf über das Überleben auf der Straße zerbrechen musste, schweiften ihre Gedanken wieder öfters zu jenen vergangenen Nächten zurück, in denen er sie geliebt und ihr gezeigt hatte, dass sie begehrenswert war und sie sich letztendlich vollkommen in ihm und seiner einzigartigen Welt verlor. 

Doch sie durfte so nicht fühlen, musste die Gedanken, Erinnerungen und Sehnsüchte an ihn begraben, denn es half alles nichts. Er war nicht nur ein unerreichbarer Krieger aus dem ersten Stand, den sie nicht lieben durfte, sondern auch ein versprochener Mann, der bald heiraten würde und für eine kleine Magd wie sie, war in seiner Welt einfach kein Platz. Sie musste ihn einfach vergessen! Trotz allem fragte sie sich manchmal, ob auch er sie vermisste? Wenigstens ein kleines bisschen…?

 

Eines Nachts, als der Wind draußen stürmte, die Bäume sich bogen, Äste knackten und altes Laub und sogar kleine Steinchen durch die Luft geschleudert wurden, wurde Sakura von einem merkwürdigen Geräusch aus dem Schlaf gerissen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie erkannte, dass das Geräusch ein Klopfen war. Auch Ino und Hinata wachten durch die merkwürdigen Geräusche auf und leicht verängstigt schlichen sie in den Eingangsbereich des Hauses. Hinata zündete eine der Kerzen an, die an der Wand im Eingangsbereich hingen und alle drei Mädchen lauschten angestrengt, konnten jedoch nichts weiter hören als den tosenden Wind vor dem Haus.

„Vielleicht ist ja nur ein Ast vom Wind an die Tür geschleudert wurden?“, meinte Ino, jedoch klang ihre Vermutung viel mehr wie eine Frage, als wie eine Feststellung. Die Mädchen zuckten jedoch erschrocken zusammen, als es im gleichen Moment erneut an der Tür klopfte. Das war definitiv kein Ast!

„V-Vielleicht ist es ja jemand, der nur Schutz vor dem Sturm sucht?“, flüsterte Hinata ängstlich und drückte sich leicht hinter Sakura. 

„Das werden wir gleich wissen“, meinte Naruto, der plötzlich neben den Mädchen auftauchte und in seiner Stimme schwang eine ungekannte Härte mit, die zeigte, dass es der Person vor der Tür nicht gut tun würde, sollte Naruto sie nicht willkommen heißen. Dennoch nahm er kein Schwert mit, als er mit angespannter Haltung und gestrafften Schultern zur Tür ging und diese mit einem Ruck öffnete. Seine Haltung entspannte sich jedoch leicht, als er den nächtlichen Besucher sah, allerdings klang seine Stimme nicht viel freundlicher als er meinte: „Weißt du eigentlich, wie spät es ist?“ 

Trotz der eher unfreundlichen Worte trat Naruto einen Schritt zur Seite und erlaubte somit dem Unbekannten in sein Haus einzutreten. Der Fremde setzte seinen Fuß über die Schwelle und als der Schein der Kerze ihn umfasste, hielt Sakura geschockt den Atem an. Vor ihr stand ein großgewachsener Mann, in einen schwarzen Kosoden gekleidet, mit breiten Schultern, bleicher Haut, schwarzen Haaren und ebenso schwarzen Augen, die sie fixierten. Sasuke…

Er sah noch genauso aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Die gleiche, stolze Haltung, die vollkommen ausreichte um sein Gegenüber auf seinen Platz zu verweisen und der gleiche, eiskalte Blick, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Nur die Haare waren etwas länger als früher. Es war eine lange Zeit vergangen, dass sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, fast ein halbes Jahr…

Seine Mundwinkel verzogen sich jedoch plötzlich zu einem stolzen, leicht arrogantem Grinsen, als er ihr entgegenblickte und meinte: „Ich habe doch versprochen, dass ich zurück kommen würde.“

 


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Kommentare: 4
  • #1

    Casandra (Donnerstag, 30 Juni 2016 13:48)

    Ursprünglich: Donnerstag, 18 Februar 2016 00:28
    OMG *_______*
    Soo lange gewartet und alle erwartungen erfüllt
    Kan es kaumerwarten wie die begegnung weitergeht *____*


    & wie immer toll geschriebn

  • #2

    Vide (Donnerstag, 30 Juni 2016 13:48)

    Ursprünglich: Donnerstag, 18 Februar 2016 00:41
    Vielen Dank :) Es freut mich sehr, wenn es dir gefällt und umso mehr freut es mich, dass ich doch noch einige meiner treuen Leser behalten konnte.^^
    Ihr seid die Besten!

  • #3

    Daria (Donnerstag, 30 Juni 2016 13:49)

    Ursprünglich: Samstag, 27 Februar 2016 14:10
    Man bin ich glücklich^^ Die beste Entscheidung des Tages hier mal reinzukucken, ob sich was verändert hat! Sasuke ist so cool, besonders der letzte Satz, anscheinend wollte er sein Versprechen auch wirklich halten^^ Bin mega gespannt wie es weiter gehen wird*_* Und Naruto ist auch ein Held, aber was anderes hätte ich auch nicht erwartet^_^

  • #4

    Vide (Donnerstag, 30 Juni 2016 13:49)

    Ursprünglich: Samstag, 27 Februar 2016 14:24
    Hallo Daria.^^
    Freut mich, dass du vorbei geschaut und das neuste Kapitel entdeckt hast. Ja Sasuke... Ich finde ihn auch sehr cool, aber was sein Versprechen angeht... Da lass dich einfach mal von dem nächsten Kapitel überraschen. ;) Da ist das unter anderem ein Thema mit^^ Aber ich möchte natürlich nicht zu viel verraten :)
    LG. Vide