Die Sonne stand hoch am Zenit, als Sakura langsam das Haus verließ und auf die grüne Wiese trat, die sich wie ein eleganter Teppich um das Haus herum zog. Ein leichter Windhauch trug warme Luft an sie heran und kitzelte dabei ihren nackten Hals, als sie sich nach links wandte und zielgerichtet auf den kleinen Schuppen neben dem Haus zusteuerte. Das helle Sonnenlicht, welches in stetiger Ruhe auf sie niederschien, wärmte sie nicht nur äußerlich, sondern auch ihr Innerstes wurde dabei ruhig, wohlig und warm. Sie fühlte sich behütet von den warmen Sonnenstrahlen und dieses Gefühl kannte sie nur zu gut. Eine leichte Gänsehaut überkam sie, als sie an die letzte Nacht zurück dachte.

 

Rückblende: 

Er sah noch genauso aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Die gleiche, stolze Haltung, die vollkommen ausreichte um sein Gegenüber auf seinen Platz zu verweisen und der gleiche, eiskalte Blick, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Nur die Haare waren etwas länger als früher. Es war eine lange Zeit vergangen, dass sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, fast ein halbes Jahr…

Seine Mundwinkel verzogen sich jedoch plötzlich zu einem stolzen, leicht arrogantem Grinsen, als er ihr entgegenblickte und meinte: „Ich habe doch versprochen, dass ich zurück kommen würde.“ 

Sakura konnte die Gefühle nicht beschreiben, die in diesem Moment ihren Körper durchzogen und erneut ein Gefühlschaos in ihr auslösten, von dem sie dachte, dass es sie augenblicklich verschlingen würde. Sie spürte Freude und Erleichterung, darüber, dass er wohlbehalten aus dem Krieg zurück gekehrt war, jedoch auch Kummer und Schmerz, weil seine Anwesenheit in ihr die Vergangenheit wieder aufleben ließ und sie nicht nur an ihren traurigen Abschied erinnerte, sondern auch an eine gewisse rothaarige Frau, die nun zu ihm gehörte, wie die Sonne zum Tag. 

Am liebsten wäre sie in diesem Augenblick herumgewirbelt und davon gelaufen, hinfort von diesen bedrückenden Gedanken und diesem gefährlichem Mann, der mit seiner bloßen Anwesenheit dafür sorgen konnte, dass ihr die Knie weich wurden und ihr Herz dahinschmolz. 

Jedoch war da auch noch ein Gefühl, ein weitaus größeres, tiefsitzenderes…. Liebe.

Und diese Liebe war es auch, die sie in diesem Moment vorwärts trieb und sie hingegen aller Vernunft und Moral in seine Arme rennen ließ. Sie vergaß alles um sich herum, klammerte sich an seinen starken Schultern fest und dankte jedem ihr bekanntem Gott dafür, dass er ihr diesen Mann wiedergegeben hatte.

„Ich bin froh, dass du zurück bist“, murmelte sie glücklich. Er erwiderte ihre Umklammerung nicht, jedoch stieß er sie auch nicht weg, wodurch sich Sakura in ihrer Handlung bestätigt fühlte.

Sie hörte, wie Naruto sich leicht hinter ihr räusperte und entfernte sich daraufhin mit vor Scham gerötetem Gesicht wieder von Sasuke.

„Nun, es ist zwar schon spät, aber ich glaube, die Zeit ist gut für einen Tee, nicht wahr, Hinata?“, fragte er grinsend, legte einen Arm um Hinata’s und Ino’s Schultern und zog sich zusammen mit beiden in die Küche zurück. Sakura schaffte es jedoch noch einen kurzen Blick auf die Gesichter ihrer Freundinnen zu erhaschen und erkannte darin ein verschmitztes Grinsen der Blonden, die ihr bestätigend zunickte und selbst Hinata’s Züge umspielte ein wissendes Lächeln. Was sie jedoch nicht sah, war Ablehnung, Enttäuschung oder gar Verurteilung. Ihre Freunde wussten von ihrem Geheimnis und sie unterstützen sie dennoch und das machte ihr mehr Mut als alles andere es gekonnt hätte.

 

Als sie einen leichten Druck um ihr Handgelenk spürte, sah sie scheu zu Sasuke auf, der sie einen Moment lang musterte, ehe er vollends in das Haus eintrat, sie bis zum ersten Zimmer, auf der rechten Seite zog und sie leicht in den Raum schubste. Auf dem Boden lagen drei Futons, auf dem die Mädchen bis gerade eben noch geschlafen hatten. Er hatte sie also in das Dienstmädchenzimmer geführt und als Sakura sah, wie er langsam die Tür schloss und sie dabei fixierte, wusste sie, weshalb er hier war. Doch war sie nun überhaupt schon bereit, diesen Schritt erneut mit ihm zu gehen?

Als er die Tür geschlossen hatte und sich einen Schritt auf sie zubewegte, setzte sie einen zurück und senkte den Blick zu Boden. „N-Nicht“, flüsterte sie und spürte dabei seinen fragenden Blick auf sich ruhen, als er stehen blieb.

„Warum?“, fragte er und Sakura sah sich, nach einer Antwort ringend, im kleinen Zimmer um.

„I-Ich verstehe das nicht. Du… hast doch Karin-sama. Warum also… bist du hier? Was willst du von mir?“, fragte sie zögerlich und ihre Stimme war dabei zittrig und leise. Ein genervtes Aufseufzen war aus seiner Richtung zu hören und Sakura wagte einen kurzen Blick zu ihm. Er stand einen Schritt von der Tür entfernt, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und bedachte sie mit einem missgelaunten Blick, als würde er von dieser Gesprächswahl nicht viel halten.

„Karin ist mir egal“, gab er schließlich zu. „Die Verlobung wurde von unseren Eltern beschlossen, als wir noch Baby’s waren und ich habe wenig Interesse an ihr. Sie ist die Frau, die ich später heiraten werde, mehr aber auch nicht.“ 

Sakura nickte leicht, jedoch gab es da noch eine Frage, die sie sich stellte. „Woher – woher wusstest du, wo ich bin?“ Dieses Thema schien ihm mehr zu gefallen, denn er verzog seine Lippen zu einem wissenden Grinsen und kam wieder einen Schritt auf sie zu.

„Was glaubst du, warum Naruto damals zu euch kam und euch bei sich aufnehmen wollte? Aus reiner Nächstenliebe?“, fragte er und Sakura’s Augen weiteten sich vor Unglaube. Er wollte doch nicht sagen…

„Oh, so dumm und treufdoof, wie Naruto manchmal ist, wäre es ihm durchaus zuzutrauen, dass er einfach so drei obdachlose Mädchen bei sich aufnehmen würde, allerdings wäre es finanziell für ihn alleine nicht machbar gewesen“, erzählte er weiter und fing dabei an sie während seiner Erklärung langsam zu umkreisen. Sakura ließ es geschehen, versuchte sich dabei nur auf seine Worte zu konzentrieren und seine bedrohliche Präsenz, die, während er sie umkreiste, langsam immer näher kam, ignorierte sie dabei gekonnt.

„Ich erfuhr von eurem Rauswurf erst, als es bereits zu spät war und da sich normalerweise meine Mutter um das Personal kümmert, wäre es zu auffällig gewesen, wenn ich mich in ihre Belange eingemischt hätte. Also habe ich Naruto auf die Suche nach euch geschickt. Er ist vielleicht ein Chaot, aber er hat ein gutes Herz und ich war mir sicher, er würde sich gut um euch kümmern“, sagte er, hielt kurz in seiner Bewegung inne und betrachtete sie von oben bis unten, als wolle er sich davon überzeugen, dass er mit seiner Vermutung über den Blondschopf richtig lag. „Zugegeben… Deine kleinen Freundinnen da draußen sind mir eigentlich ziemlich egal. Jedoch war ich mir sicher, alleine würdest du Naruto nicht folgen. Außerdem ist er ein Idiot… Er hätte die anderen beiden ohnehin nicht zurück gelassen. Wie dem auch sei… Karin mag vielleicht meine Verlobte sein, aber sie wird es sich nicht noch einmal wagen, sich an meinem Eigentum zu vergreifen“, beendete er seine Rede und überbrückte mit einem Schritt auch den letzten Abstand zu ihr. Auch, wenn diese indirekte Drohung nicht einmal ihr selbst galt, so jagte ihr der Klang dieser Worte einen unangenehmen Schauer über den Rücken, denn sie wusste, wie viel Wahrheit in diesen Worten steckte. 

 

Er hob die Hand und sanft strich er ihr über die Wange, hinunter zum Kinn, ehe sich seine Hand nach hinten bewegte, zum Saum ihrer Haube und diese, wie schon so oft, von ihrem Kopf zog. Lange, rosa Haare fielen in sanften Wellen herab, umspielten ihren Hals, ihre Schultern und ihren Rücken. 

Leicht beschämt und verlegen senkte sie den Kopf, als er eine Haarsträhne umfasste und durch seine Finger gleiten ließ. 

„Sie sind länger geworden…“, meinte er, jedoch klang seine Stimme, als wäre er meilenweit entfernt. Sakura spürte erneut eine innere Zerrissenheit in sich aufsteigen. Alles in ihr verlangte nach diesem Mann, den sie bis vor kurzem noch glaubte, nie wieder sehen zu können, der ihr aber nun so nahe war, dass sie nur die Hand ausstrecken musste, um ihn zu berühren. Ihr Körper, ihre Seele, ihr Herz… einfach alles verlangte nach ihm. 

Jedoch war da auch diese innere Aufgewühltheit in ihr, die nach der Geschichte, die er ihr gerade erzählt hatte, zurück blieb. All die Zeit hatte sie angenommen, ihr neugewonnenes Leben einzig und allein Naruto’s Güte zu verdanken, jedoch war es eigentlich Sasuke, der im Hintergrund die Fäden zog. Sie wusste allerdings, dass Sasuke ihr und ihren Freundinnen nicht aus reiner Nächstenliebe half. 

Die Neugier besiegte das Verlangen und alles was blieb, war eine Frage: „Warum hast du das getan?“ 

Er umfasste sanft ihr Kinn und hob es an, sodass sie ihm in die Augen sehen musste. Er lächelte leicht, als er sagte: „Weil du meine Passion bist.“

Sakura’s Augen weiteten sich. Er hatte diese Worte schon einmal zu ihr gesagt, am Abend bevor er in den Krieg gezogen war, jedoch verstand sie es nicht genau. Was war eine Passion? Doch bevor die Rosahaarige sich weiter den Kopf darüber zerbrechen konnte, trafen Sasuke’s weiche Lippen sanft die ihren und verdrängten somit jeden einzelnen Gedanken aus ihrem Kopf. Das Verlangen gewann wieder die Oberhand.

Sie gab sich ihm hin und ließ sich treiben, umwogen von seinen starken Armen, liebkost von seinen heißen Küssen und begehrt von seinem brennenden Herzen.

 

Sakura wurde in ihren Gedanken unterbrochen, als sie leise Stimmen hörte, die sich ihr näherten und über die Schulter warf sie einen lächelnden Blick zur Stadtgrenze, wo Hinata und Naruto gerade zwischen den Häusern hervortraten, schwer beladen mit Körben voller Lebensmittel, die sie so eben auf dem Markt gekauft hatten. Beide unterhielten sich angestrengt über etwas, oder besser gesagt, Naruto erzählte und Hinata lächelte währenddessen still schweigend vor sich her.

Auch, wenn sie ihr neues Heim eigentlich Sasuke’s Macht und Geld verdankte, so war sie froh, dass es Naruto war, der sie bei sich aufgenommen hatte. Denn die Art, wie er mit ihnen umging und wie er sie behandelte, die Güte und Freundlichkeit, die er ihnen entgegenbrachte und auch die Tatsache, dass er beschlossen hatte, sie nicht für die Vergangenheit zu verurteilen… All das waren Dinge, die nur von dem jungen Krieger selbst ausgingen und keines Falls etwas mit Sasuke’s Geld oder Macht zu tun hatten. Und dafür schätzte sie den blonden Chaoten umso mehr.

Naruto’s lautes, schrilles Lachen drang an ihre Ohren, als er sich gerade über einen Witz, den er selbst erzählt hatte, kaputt lachte. Hinata quittierte das nur mit einem leichten Lächeln und aus dem Augenwinkel warf sie immer wieder scheue, flüchtige Blicke auf ihren Herren.

Ein wissendes Grinsen umspielte Sakura’s Züge, denn auch, wenn die junge Hyuuga es sich nicht anmerken lassen wollte, so fand sie doch offensichtlich sehr großen Gefallen an ihrem neuen Herren, der jedoch sowohl die Zuneigung als auch die sehnsuchtsvollen Blicke der Blauhaarigen als Einziger nicht zu bemerken schien.

Sakura war so in ihre Gedanken vertieft, dass sie die Hand, die sich in diesem Moment auf ihre Schulter legte, erst bemerkte, als sie sie bereits berührte. Sie zuckte erschrocken zusammen, warf einen Blick über die Schulter und sah dabei in Ino’s lächelndes Gesicht.

„Bist du soweit?“, fragte diese und Sakura nickte fröhlich. Sie öffnete den Schuppen, holte vier große Eimer heraus, von welchen sie zwei an Ino weiter reichte und gemeinsam liefen sie gut gelaunt in den Wald, der sich hinter dem Haus auf tat. Sie wollten zu einer der Quellen gehen, um Wasser zu holen und somit auch ihre Trinkwasservorräte wieder aufzufüllen. An manchen Tagen, besonders dann, wenn es düster war und die Sonne sich hinter dunklen Wolken versteckte, durchquerte Sakura den Wald eher ungern, doch heute, wo die Vögel sangen, die Sonne strahlte und einfach alles so viel lebendiger schien, ging sie diesen Weg gerne und durch Ino’s Gesellschaft machte der Gang zur Quelle gleich doppelt so viel Spaß. 

Summend und lachend brachten sie den Weg bis zur Quelle hinter sich und füllten ihre Eimer mit dem benötigten Trinkwasser. Auch, wenn Ino nach dem Rauswurf bei den Uchiha’s versuchte die Starke zu spielen, um ihren Freundinnen somit besser beistehen zu können, so konnte Sakura sehr wohl hinter ihre Fassade blicken und wusste ganz genau, wie sehr der Rauswurf auch sie belastet hatte. Schließlich lebte sie in diesem Haus seit sie 13 Jahre alt war und auch, wenn das letzte Jahr sehr einsam für sie gewesen sein musste, so hatte auch sie ihr Zuhause und die Uchihas gemocht. Die Perspektivlosigkeit auf der Straße, der stetige Hunger und die größere Sorge darum, wie es weitergehen sollte, hatte ihr Gesicht gezeichnet. Doch nun, unter Naruto’s Obhut und in ihrem neuen Heim, blühte die Blondine geradezu auf, war dauerhaft gut gelaunt und fröhlich und Sakura konnte es verstehen. Zum ersten Mal seit einem Jahr musste sie ihre Arbeiten nicht in einem dunklen Keller verrichten, damit sie keiner sah, keiner hielt ihr länger ihren Fehltritt vor und auch das angeschlagene Verhältnis zu Hinata hatte sich seit jenem Tag verbessert. Ino würde ihren Fehler und auch den Mann, der sie verletzt hatte, nie ganz vergessen können, doch nun hatte sie endlich einen Weg gefunden, trotz allem wieder mit einem Lächeln weiterzuleben. 

 

„Hey, Saku, schau mal, da drüben an den Sträuchern sind die Beeren mittlerweile gereift“, rief Ino fröhlich aus und zeigte auf ein paar Himbeersträuchern, die dicht zwischen den einzelnen Bäumen wuchsen. „Wollen wir nicht ein paar pflücken und mit nach Hause nehmen?“, fragte sie weiter, „Ich wette Naruto und Hinata würden sich über ein paar frische Beeren freuen.“

Ein Lächeln legte sich auf die Züge der Rosahaarigen und sie nickte gut gelaunt: „Ja, das ist eine gute Idee. Lass uns ein paar Beeren pflücken.“

Die Mädchen umfassten ihre nun vollen Eimer und gingen tiefer in den Wald hinein um zu den wuchernden Himbeersträuchern zu gelangen. Die Bäume in diesem Teil des Waldes standen enger beieinander und die dichten Baumkronen ließen kaum einen Sonnenstrahl nach unten durchdringen, weshalb es hier noch düsterer und dunklerer war, als an der Wasserquelle eben. 

Die Dunkelheit, der unebene, dichtbewachsene Weg und die Unachtsamkeit der Mädchen taten ihr Übriges, sodass beide den fremden Menschen am Boden erst erkannten, als es bereits zu spät war. Ino stieß mit dem Fuß gegen den Fremden, ließ die Wassereimer fallen, und fiel kreischend vornüber auf die Knie. 

Sakura stellte augenblicklich ihre Wassereimer ab und eilte ihrer Freundin zur Hilfe, um ihr wieder auf die Beine zu helfen. Verängstigt sahen beide auf den fremden Körper hinunter, der sich jedoch trotz des Krachs und Ino’s zusätzlichem Gewicht nicht weiter bewegt hatte. Es war eindeutig ein Mann, wie seine Größe und Statur den Mädchen verriet, jedoch konnten sie sein Gesicht nicht sehen, welches komplett unter einem großen Laubblatt verborgen lag. Ob er tot war?

Sakura beäugte den Mann genauer. Er trug einen dunkelgrünen Kosode, der an einigen Stellen leicht ausgefranst und fleckig war und es war ihm eindeutig anzusehen, dass er seine besten Tage bereits hinter sich hatte. Seine Arme und Beine hatte der Mann weit von sich gestreckt, jedoch konnte Sakura nirgendswo an ihm Kampfspuren oder gar Blut feststellen. Es wirkte fast so, als würde er einfach nur schlafen… Sehr unwahrscheinlich, denn wer würde schon so weit in den Wald laufen, sich zwischen das enge Gestrüpp zwängen und hier ein Schläfchen halten wollen? 

„Meinst du, er ist verletzt?“, flüsterte Sakura und sah ihre Freundin dabei fragend an. Diese beäugte den Fremden ebenfalls kritisch, ehe sie leicht mit dem Kopf schüttelte.

„Ich weiß es nicht, ich kann nichts erkennen“, meinte sie, jedoch senkte sie ihre Stimme nicht zu einem Flüsterton, so als hätte sie nicht einmal Angst davor, dass der Fremde vielleicht doch noch am Leben sein und sie hören könnte.

 

„Vielleicht… vielleicht sollten wir Hilfe holen?“, schlug Sakura vor und die Blondine nickte bestätigend. Jedoch hockte sie sich in diesem Moment neben den Fremden und streckte ihre Hand nach dem großen Laubblatt aus, das sein Gesicht nach wie vor verhüllte. Das Blatt wegzunehmen war wahrscheinlich gar keine schlechte Idee, schließlich konnten sie so wenigstens schauen, ob er vielleicht eine Kopfverletzung aufwies, die seinen Tod verschuldet haben könnte.

Ino’s Finger schlossen sich um das Laubblatt und zogen es vom Gesicht des Fremden, jedoch stieß die Blondine augenblicklich einen schrillen Schrei aus, als sie plötzlich in zwei paar schwarze, geöffnete Augen starrte, die sie musterten. Sofort wich sie von dem Fremden zurück und auch Sakura setzte einige Schritte nach hinten, als der Unbekannte sich plötzlich aufsetzte und sich verschlafen am Hinterkopf rieb. Er seufzte laut auf, ehe er genervte Blicke in Ino’s Richtung warf und murmelte:

„Warum müssen Frauen immer so laut sein? Wie nervig.“ Er gähnte herzhaft und Sakura traten vor Schock fast die Augen aus dem Kopf, als ihr bewusst wurde, dass der Fremde wahrscheinlich wirklich nur ein Nickerchen auf dem unbequemen Waldboden gehalten haben musste. 

„G-Geht… geht es Ihnen gut?“, fragte Ino langam und er warf nur einen genervten Blick in ihre Richtung. „Klar geht es mir gut. Wenn man mal davon absieht, dass ein laut kreischendes Gör, sich einfach auf mich schmeißt und mit ihrem Geschrei meinen schönen Schlaf gestört hat“, meinte er nur und Ino plusterte empört die Backen auf. Da machte sie sich schon Sorgen um ihn und er beleidigte sie einfach. Er ließ eine Hand in seine schwarzen Haare, die er sich streng nach hinten gekämmt und zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden hatte, wandern, kratzte sich dabei genervt am Hinterkopf, ehe er beide Hände hinter dem Kopf kreuzte und sich wieder ins Gras zurückfallen ließ.

„Was… Was machen Sie eigentlich hier?“, fragte Sakura vorsichtig um von ihrer Freundin abzulenken, die vor Wut langsam schon einen roten Kopf bekam.

„Schlafen. Sieht man das nicht?“ Er nuschelte seine Antwort monoton hervor und klang fast so, als wäre er wieder kurz vorm Einschlafen.

„Doch schon… Aber… warum hier? Im Wald?“, präzisierte sie ihre Frage, jedoch schloss er in diesem Moment demonstrativ die Augen, als erklärte er das Gespräch bereits für beendet.

„Warum nicht?“, antwortete er mit einer Gegenfrage und die Rosahaarige ließ deprimiert die Schultern sinken. Ino währenddessen erhob sich und schritt schnellen Schnittes auf ihre Freundin zu, packte sie am Handgelenk und zog sie hinter sich her, weg von dem Fremden.

 

„Komm, Saku. Verschwenden wir nicht länger unsere Zeit mit diesem… Mann“, sagte sie und betonte dabei das ‚Mann‘, als gäbe es nichts abartigeres auf der Welt als den jungen Mann im Gras hinter ihnen. Sakura konnte aus dem Augenwinkel erkennen, wie sich ein breites Grinsen auf die Züge des Schwarzhaarigen legte, er sich plötzlich auf die Seite rollte, den Kopf mit der Hand abstützte und amüsierte Blicke der Blondine hinterher warf.

„Ganz schön bissig, was?“, fragte er und Ino erstarrte in ihrer Bewegung. Sakura fürchtete bereits, dass seine Provokationen Erfolg haben und sie ihm nun unschöne Sachen an den Kopf werfen könnte, die sie später ganz sicher noch bereuen würde, jedoch kam der Unbekannte ihr zuvor und meinte: „Mein Name ist Shikamaru Nara. Ich bin Wanderer und auf der Durchreise hier. Ich schlafe hier, weil es in den Wäldern meist sicherer ist, als in den Städten und außerdem habe ich gerne meine Ruhe.“  Er beendete seine Schilderung, rollte sich wieder zurück auf den Rücken und schloss erneut die Augen. „Das wolltet ihr doch wissen, oder?“ fragte er, jedoch klang es vielmehr wie eine Feststellung, als eine Frage. Sakura warf einen unsicheren Blick zu Ino, die ihr Handgelenk losgelassen hatte, ein leises Seufzen ausstieß und deren Wut mit einmal verpufft zu sein schien. Sie lächelte ihr aufmunternd zu, ignorierte den Fremden namens Shikamaru völlig und meinte:

„Geh du doch schon mal mit deinen Wassereimern nach Hause, Saku. Ich gehe noch einmal schnell zur Quelle zurück, fülle meine auf und komme dann nach.“ 

Die Rosahaarige war sich nicht sicher, ob sie ihre Freundin nun einfach alleine lassen sollte, wo doch dieser merkwürdige Mann nicht allzu weit entfernt war, sie wollte aber auch nicht mit ihr diskutieren.

„Bist du sicher?“, fragte sie dennoch, um ihr die Chance einzuräumen, ihre Meinung zu ändern, sollte sie sich alleine doch unwohl fühlen, jedoch nickte Ino nur lächelnd.

Daraufhin griff Sakura nach ihren vollen Eimern und machte sich langsam auf den Heimweg, jedoch nicht ohne noch einmal einen Blick über die Schulter zu werfen. Von ihrer Freundin war allerdings bereits keine Spur mehr. Beeren würde es also heute nicht mehr geben.

 

Als sie nach einiger Zeit zuhause ankam und die schweren Wassereimer abstellte, musste sie erst einmal durchschnaufen und sich ordentlich strecken. Es war immer eine Heidenarbeit die vollen Eimer wieder nach Hause zu tragen, aber sie wollte nicht klagen, schließlich war sie kein kleines Mädchen mehr, sondern mittlerweile auch durchaus in der Lage schwere Lasten über größere Entfernungen zu tragen, ohne zu jammern. Genauso wie Ino und Hinata es konnten... 

Nach einer kurzen Pause, schnappte sie sich die Eimer, ging in die Küche des Hauses und füllte das Wasser in andere, größere Eimer um, die in der Küche dafür bereit standen. Anschließend trottete sie wieder langsam nach draußen, froh darüber, es nun geschafft zu haben und das schwere Gewicht los zu sein, und brachte ihre Eimer wieder in den kleinen Schuppen neben dem Haus. 

Plötzlich stieß sie jedoch einen erstickten Schrei aus, als sich eine Hand von hinten auf ihren Mund legte, sie nach hinten zog und an einen starken, fremden Körper presste. Ängstlich warf sie einen Blick über die Schulter und starrte dabei in zwei dunkle, schwarze Augen, die sie nur zu gut kannte. Sasuke stand hinter ihr, die rechte Hand auf ihren Mund gepresst und die linke sanft um ihre Taille gelegt, während er sie leicht an sich drückte. Als er sah, dass sie sich von dem ersten Schreck erholt hatte, nahm er die Hand von ihrem Mund, und schob sie stattdessen unter ihr Kinn, um es anzuheben, sie leicht zu sich umzudrehen und küsste sie leidenschaftlich. 

 

Sakura spürte seine weichen Lippen auf den ihren, die sie gefangen hielten, seine Zunge, die barsch in ihren Mund vordrang und ihre dabei zu einem heißen Tanz aufforderte. Sie fühlte sich von diesem Kuss wie betäubt und ihr Verstand hatte sich bereits verabschiedet, als seine Lippen auf die ihren trafen. Es verblüffte und verängstigte sie gleichermaßen, welch große Wirkung seine Küsse und Berührungen auf sie hatten, selbst jetzt noch nach der langen Zeit der Trennung. 

Schließlich löste er sich wieder von ihr, drängt sie dabei jedoch weiter in den kleinen Schuppen hinein und zog die Tür hinter sich ran, ehe er sie plötzlich an die Wand presste. Sakura sah ängstlich zu ihm auf, jedoch war er nicht bereit auf sie einzugehen, oder ihr gar etwas zu erklären. Stattdessen riss er ihr eilig die weiße Haube vom Kopf, sodass ihre blassrosa Haare sich lösten und ihr Gesicht in den altbekannten Wellen umschmeichelten. 

Er war schon immer sehr dominant und leicht aggressiv gewesen, wenn er sie nahm und Sakura hatte sich bisher auch nie daran gestört, dass seine Art zu lieben derart körperlich war, jedoch fragte sie sich allmählich, ob lieben überhaupt das richtige Wort dafür war. Sie liebte ihn, das war ihr bewusst, denn alleine der Gedanke an eine Trennung von ihm hatte ihr im letzten halben Jahr immer und immer wieder das Herz zerissen, doch wie stand es eigentlich mit ihm? 

Letzte Nacht hatte sie angenommen, dass er ähnlich für sie fühlen müsste, schließlich hatte er sie gerettet, von der Straße geholt und ihr offen erklärt, dass seine Verlobte Karin ihn nicht weiter interessiert. Doch eigentlich hatte er ihr nie wirklich gesagt, dass er sie liebte. 

Was waren seine wahren Absichten? Konnte sie ihm überhaupt vertrauen oder war sie in seinen Augen wieder nur ein Spielzeug, dass er nicht bereit war, aufzugeben, ehe er selbst beschlossen hatte, dass er genug von ihr hatte? 

Doch viel wichtiger als die Frage, was er wollte, war die Frage, was sie eigentlich selbst wollte. Wollte sie wirklich länger als sein Spielzeug herhalten? Er hatte ihr und ihren Freundinnen das Leben gerettet, indem er dafür sorgte, dass Naruto sie in seine Obhut nahm, jedoch beinhaltete diese Handlung auch, dass sie ihm nun gehörte, wie ein Gegenstand, den er soeben auf dem Markt gekauft hatte?

 

Sasuke kam ihr näher und war im Inbegriff sie zu küssen, als sie ihm jedoch die Hände auf die starke Brust legte, ihn leicht von sich drückte und den Kopf abwandte.

„Nicht“, wisperte sie und auch, wenn sie ihn nicht einmal ansah, so konnte sie beinahe schon spüren, wie er fragend eine Augenbraue hochzog. Er drückte sich gegen ihre abwehrenden Hände, sodass er mühelos den kleinen Abstand zwischen ihnen wieder hinter sich brachte, doch anstatt sie wieder auf den Mund küssen zu wollen, beugte er sich zu ihr hinab, strich ihr die Haare nach hinten und küsste sanft die empfindliche Stelle hinter ihrem Ohr.

„Warum?“, raunte er leise mit seiner rauen, tiefen Stimme und eine Gänsehaut überzog ihren ganzen Körper, als sein heißer Atem die zarten Härchen in ihrem Ohr kitzelten. Ihre Stimme zitterte vor Erregung, als sie zu sprechen begann, jedoch versuchte sie die aufkeimende Begierde in sich zu verdrängen. „I-Ich… Ich weiß nicht… ob ich das will“, flüsterte sie leise, hielt den Kopf jedoch immer noch zur Seite gedreht. Sie spürte, wie er sich leicht von ihr entfernte und daraufhin wagte sie einen Blick in seine Richtung, überrascht darüber, dass er so schnell aufgab. Jedoch packte er plötzlich ihre Handgelenke, zog diese nach oben und pinnte sie neben ihren Kopf an die Wand, während er seinen Körper wieder gegen den ihren presste. Ein atemloses Keuchen entwich ihr und ängstlich sah sie in seine dunklen, schwarzen Augen, die vor Erwartung zu leuchten schienen. Sein Mund war zu einem überheblichen Grinsen verzogen und sein Kopf war kaum einige Zentimeter von dem ihren entfernt.

„Denkst du wirklich, dass du eine Chance hast?“, fragte er langsam und fixierte sie dabei, wie ein Löwe ein Stück Fleisch, dass er jeden Moment fressen würde. Sakura begriff, dass ihre Bemerkung ihn erneut herausgefordert haben musste und sie verstand auch, dass das Ganze für ihn wirklich nicht mehr war, als ein Spiel… Ein Spiel, dass er glaubte, ohnehin nicht verlieren zu können. 

Sie wollte ihm antworten, ihm irgendetwas erwidern, damit sie sich nicht so erbärmlich gab, wie sie sich gerade fühlte, jedoch fielen ihr einfach keine Worte ein, die ihr hätten helfen können.

Er beugte sich noch näher zu ihr nach vorne, sodass ihre Nasenspitzen sich beinahe berührten.

„Nein, die hast du nicht…“, flüsterte er und beantwortete somit selbst seine Frage. Sein Grinsen wurde breiter, als er anfügte: „…weil du meine Passion bist.“

Mit diesen Worten legte er seine Lippen wieder auf die ihren und Sakura blickte für einen kurzen Moment auf seine geschlossenen Augenlider, ehe sie ihre ebenfalls zu schließen begann. Sie schaffte es nicht, ihre Begierde noch länger zu bekämpfen und sein Kuss bewirkte erneut, dass all ihre Gedanken wie eine große Seifenblase zerplatzten. Er hatte sie wieder seine Passion  genannt und auch, wenn sie den Sinn dieser Worte nach wie vor nicht verstand, so konnte dahinter nur eine große, wichtige Bedeutung stecken, denn er hatte Recht. Sie hatte gegen diese Gefühle einfach keine Chance, auch wenn sie sich noch so sehr gegen sie zu wehren versuchte. Und somit siegte erneut die Begierde über die Vernunft, der Körper über den Geist und das Herz über den Verstand.

 

 

Die Tage vergingen, aus Tage wurden Wochen und der heiße, schwüle Hochsommer kehrte in die Hauptstadt ein und umhüllte sie, wie eine drückende, stickige Decke. 

Für Sakura war es der erste Sommer in der Stadt und die neuen Eindrücke waren schon fast etwas zu viel für sie. Die stetige Hitze und die niederprasselnde Sonne machten nicht nur die Arbeiten schwerer und anstrengender, sondern sorgten auch immer wieder für ausbrechende Brände und nicht nur einmal hatte Sakura aufgelöste Bürger gesehen, die laut schreiend mit gefüllten Wassereimern durch die Stadt rannten um irgendwo ein Feuer zu löschen.

Aber nicht nur die Hitze machte der Rosahaarigen zu schaffen, sondern auch die Anwesenheit eines gewissen schwarzhaarigen Kriegers, dessen Besuche beinahe genauso zum Alltag wurden, wie die Brände in der Stadt. Sasuke behielt es sich vor, sie zu jeder erdenklich Tag- oder Nachtzeit, wann immer er wollte, zu besuchen, doch mit jedem weiterem seiner Besuche und nach jedem weiteren Mal, in dem sie sich ihm hingab, fühlte Sakura immer stärkeren Unmut in sich aufsteigen.

Was war nur mit ihr los?

Sie fühlte sich hin- und hergerissen. Im Zwiespalt gefangen zwischen ihrer Liebe, die sie immer noch für den jungen Mann empfand und dem wachsenden Selbstekel, der mit jedem seiner Besuche größer und größer wurde.

Ja, sie liebte ihn, aber war es richtig? Er war ein Krieger, ein Mitglied des 1. Standes und sie nur eine kleine, unbedeutende Magd. Und nicht nur das. Er hatte bereits eine Verlobte zuhause. Karin…

Warum also suchte er sie trotzdem immer und immer wieder auf? Er hatte ihr bei ihrem ersten Wiedersehen erklärt, dass ihm Karin egal war, doch was war mit ihr selbst? Bedeutete das, dass er sie aufsuchte, weil er sie liebte? 

Sakura dachte an seine kalten, schwarzen Augen, in denen sich kaum ein einziges Gefühl widerspiegelte. Konnte das Liebe sein? 

Sie dachte an seine starken, großen Hände, mit denen er einerseits sehr zärtlich ihr gegenüber sein konnte, jedoch auch nicht davor zurückschreckte, sie bei den kleinsten Widersprüchen zu dominieren und auf ihren Platz zu verweisen. Konnte das Liebe sein?

Sie erinnerte sich auch an seine verschlossene, unberechenbare Art, die sie nie erahnen ließ, was er gerade dachte, was er fühlte oder was er tun würde. Sie konnte ihn nicht einschätzen, was sie unsicher machte und diese Unsicherheit gefiel ihm. Doch konnte das alles wirklich Liebe sein?

Sakura hätte beinahe über sich selber gelacht. Denn sie wusste es besser. Er liebte sie nicht!

Ja, er hatte ihr das Leben gerettet und Sai für sie getötet, bevor er ihr schlimmeres hatte antun können. Ja, er hatte sie und ihre Freundinnen vor dem Leben auf der Straße bewahrt und ihnen einen Neuanfang unter Naruto’s Obhut ermöglicht. Und ja, er besuchte sie immer und immer wieder und schlief dabei immer und immer wieder mit ihr, obwohl er eigentlich eine Verlobte hatte. 

Aber das alles geschah nicht aus Liebe. Er hatte sie zu seinem Spielzeug erklärt, hatte beschlossen, dass sie ihm gehörte und die Tatsache, dass sie durch Karin’s Anwesenheit fortgeschickt wurde, hatte seine Wut angetrieben. Er war nicht dazu bereit, sich von ihr abzuwenden, nur weil seine Mutter beschlossen hatte, sie auf die Straße zu setzen. 

Würde es also immer so weitergehen? Sie würde weiterhin ihr Leben unter Naruto’s Obhut verbringen, während Sasuke dies finanzierte, sie besuchen kam und mit ihr schlief, wann immer er wollte? Wie bei einem Spielzeug, dass er gekauft und mit dem er Spaß hatte und es wieder ins Regal zurückstellte, wenn er genug davon hatte? 

Doch was blieb ihr schon anderes übrig, als es zu akzeptieren? Auch, wenn er nur mit ihr spielte, so liebte sie ihn immer noch. Und wie könnte sie ihn ablehnen, wo ihr Leben und das ihrer Freundinnen nun mehr als je zuvor von ihm abhängig waren? Sie durfte nicht die Ursache dafür sein, dass sie alle wieder auf der Straße saßen, nur weil sie nicht länger ein gekauftes Spielzeug sein wollte…

Aber wer garantierte ihr, dass es für immer so weitergehen würde? Welche Sicherheit hatte sie, um anzunehmen, dass er ihrer nicht eines Tages doch überdrüssig wurde und sie und ihre Freundinnen letztendlich doch wieder auf die Straße setzen würde? Diese Garantie hatte sie nicht und er würde ihr eine solche auch nie geben… Ihre Zukunft blieb also auch weiterhin ungewiss.

 

Die Rosahaarige wurde jedoch prompt aus ihren Gedanken gerissen, als sie Hinata’s verwirrte Stimme: „Sakura?“ fragen hörte. Sie wandte ihren Kopf nach links und erblickte Hinata neben sich stehen, die ihre Hände auf dem Tisch in einen großen Klumpen Teig vergraben hatte und sie besorgt musterte. Scheinbar musste sie sie schon mehrfach angesprochen haben, jedoch war Sakura so sehr in ihre Gedanken vertieft gewesen, dass sie dies gar nicht bemerkt hatte.

„Ja?“, fragte sie und lächelte leicht, jedoch beruhigte das die Blauhaarige nicht gerade. 

„Ist alles in Ordnung?“, fragte sie, „Ich habe dich nun schon mehrmals darum geben etwas Mehl zum Teig hinzuzufügen, jedoch hast du überhaupt nicht reagiert.“ 

Die Rosahaarige schenkte ihr ein entschuldigendes Lächeln, ehe sie ihre Hände in den Eimer mit Mehl tauchte, eine Hand davon herausnahm und es über den Teig streute, welchen die Blauhaarige noch immer fest auf den Tisch presste.

„Es tut mir leid, Hinata. Ich war nur… in Gedanken“, erklärte sie. Das schien ihrer Freundin zu genügen, denn sie nickte und fuhr damit fort den Teig weiter fest zu kneten. Plötzlich schlich sich ein Lächeln auf die Züge der Blauhaarigen und sie nickte leicht in Richtung Ino.

„Nun, da bist du nicht die Einzige, die ständig in Gedanken schwelgt“, meinte sie und ihr Grinsen wurde breiter. Sakura musterte ihre blonde Freundin, wie sie mit geschlossenen Augen lächelnd an der Wand lehnte, fröhlich eine Melodie vor sich her summte und dazu im Takt mit den Händen gegen ihre Schenkel klopfte. Die Rosahaarige zog fragend eine Augenbraue hoch und räusperte sich leicht, jedoch schien die Blondine das gar nicht zu bemerken.

Doch anstatt ihre Freundin laut anzusprechen, grinste Sakura heimtückisch, schlich sich an Ino heran und mit einem lauten „Buh!“, riss sie die Blondine unsanft aus ihrer Traumwelt. Ino zuckte erschrocken zusammen und warf Sakura anschließend einen wütenden Blick zu, jedoch sah man ihr an, dass ihre Wut nicht echt zu sein schien.

„Was soll das, Saku? Warum erschreckst du mich so?“, fragte sie gespielt empört und stieß sie leicht gegen die Schulter, jedoch schlich sich selbst jetzt ein kleines Lächeln auf Ino’s Gesicht.

„Magst du uns nicht erzählen, was los ist?“, fragte Sakura neugierig und betrachtete ihre Freundin mit einer Mischung aus Interesse und Ungeduld. Diese blickte jedoch nur fragend zurück, da sie offensichtlich nicht verstand, was ihre Freundin meinte.

„Na, du weißt schon“, präzisierte Sakura ihre Frage: „Du stehst hier rum, summst und träumst vor dich hin. Ist irgendwas schönes passiert?“

Doch anstatt zu antworten, blickte Ino erschrocken drein und wandte sich leicht von ihren Freundinnen ab. „Ich weiß nicht, was daran ungewöhnlich ist“, meinte sie und betrachtete dabei den dunkel Holzboden, als wäre er das interessanteste, was sie je gesehen hatte.

Sakura und Hinata wechselten einen kurzen, skeptischen Blick miteinander, ehe Sakura fortfuhr: „Du bist in letzter Zeit ständig gut gelaunt und fröhlich. Summst nahezu immer oder pfeifst vor dich hin…“

Und es stimmte. Ino war in letzter Zeit nahezu aufgeblüht, hatte ihre Lebensfreude zurück gewonnen und selbst die unbeliebtesten Aufgaben, wie das Wasserholen oder das Sammeln von Früchten im Wald, verrichtete sie stets gut gelaunt und fröhlich. Sowohl Sakura, als auch Hinata waren sich schon länger darüber im Klaren, dass Ino ein Geheimnis hatte, jedoch hatten sie bisher noch keinen guten Zeitpunkt gefunden um es anzusprechen. Das sollte sich nun ändern.

„Mit deinen Gedanken bist du scheinbar ganz wo anders und wir wüssten gerne… wo, Ino?“

Die Blondine sah sich hilfesuchend im Raum um und ihre blauen Augen huschten unentschlossen zwischen ihren Freundinnen hin und her, als wäge sie ab, ob sie ihnen trauen konnte oder nicht.  

„Ach… Ich bin doch nur so gut gelaunt, weil… naja… das Wetter ist in letzter Zeit so gut“, erklärte sie wenig glaubhaft und Sakura ließ enttäuscht die Schultern sinken. Sie traute ihnen nicht…

Es war Hinata, die ein empörtes Schnauben ausstieß, jedoch Ino aufgrund ihrer offensichtlichen Lüge keines Blickes würdigte. Stattdessen schlug sie einmal heftig auf den Teigklumpen ein und knetete ihn anschließend um einiges heftiger weiter als vorher.

„Natürlich… Weil die dauerhafte Hitze, die immer wieder für Brände sorgt und die damit verbundene Dürre so entspannend und wohltuend ist“, meinte Hinata bissig und ihre Stimme triefte nahezu vor Sarkasmus. Es war eigentlich nicht Hinata’s Art, so mit eine ihrer Freundinnen zu reden, jedoch hatte Ino’s fehlendes Vertrauen sie verletzt und auch Sakura war von Ino’s Misstrauen enttäuscht. Hatten sie nicht mittlerweile genug zusammen durchgemacht um zu wissen, dass sie einander immer vertrauen und sich immer aufeinander verlassen konnten?

Ino entfuhr ein resigniertes Seufzen, als sie sich erschöpft durch die Haare fuhr und ihr Lächeln, ohne dass sie in letzter Zeit nur selten anzutreffen war, verschwand von ihrem Gesicht und machte wieder ihrem alten, bekümmerten Ausdruck, der ihr Gesicht in der Vergangenheit gezeichnet hatte, platz.

 

„I…Ich weiß doch auch nicht“, gab sie letztendlich zu und ließ sich niedergeschlagen gegen die Wand sinken. „Eigentlich… denke ich nicht mal, dass es wirklich etwas zu erzählen gibt.“, gestand sie und ließ deprimiert die Schultern sinken. 

Hinata stieß ein leises Seufzen aus, ehe sie ihre Hände vom Teig befreite und sich diese leicht an ihrem dunkelgrauen Kosode abklopfte. Anschließend wand sie sich zu ihren Freundinnen um und schenkte Ino ein aufmunterndes Lächeln. „Hast du jemanden kennengelernt?“, fragte sie aufgeschlossen und Ino nickte leicht.

„Es war an jenem Tag im Wald, weißt du noch, Saku?“, erklärte sie und Sakura nickte überrascht. 

„Du meinst den Wanderer, der da im Wald geschlafen hatte?“ Ino nickte erneut und ein kleines Lächeln breitete sich wieder auf ihren Zügen aus.

„Er ist irgendwie… ziemlich lustig“, meinte sie, „und unglaublich klug. Er ist nur ein Wanderer, aber ich glaube fast, er ist selbst schlauer, als einige der engsten Berater des Shoguns selbst. Er verblüfft mich einfach immer wieder… Wir haben uns in letzter Zeit öfters im Wald getroffen und uns näher kennengelernt. Und auch, wenn er den Großteil der Zeit schläft, so genieße ich es sehr, einfach bei ihm zu sitzen. Seine Anwesenheit… beruhigt mich irgendwie.“ Auf Sakura’s Zügen breitete sich nun auch ein breites Lächeln aus, denn Ino schien endlich jemanden gefunden zu haben, der sie glücklich machte und bei dem sie sich geborgen fühlte. Und genau das wünschte sie sich für ihre Freundin. 

„Aber…“, fügte Ino an und Sakura horchte auf. Wie konnte da nun ein Aber folgen?

„I-Ich weiß einfach nicht, ob ich ihm wirklich vertrauen kann… Er…  Er ist schließlich auch nur ein Mann. Was, wenn er etwas besseres findet? Oder gar weiter ziehen will? Was garantiert mir, dass sich die Geschichte von damals nicht wiederholt?“ Ino’s Stimme zitterte leicht, als sie ihre Bedenken und somit auch ihre Ängste äußerte. Ihre Vergangenheit hatte sie gezeichnet und neues Vertrauen zu finden, fiel ihr schwer. Wie könnte sie es auch zulassen, sich neu in jemanden zu verlieben, der ihr im Anschluss ohnehin wieder das Herz brechen würde?

Es war Sakura, die letztendlich leise meinte: „Nichts wird dir das garantieren. Es gibt keine Sicherheit… in der Liebe.“ Die Blondine ließ bei dieser Erkenntnis den Kopf hängen. Das hatte sie befürchtet…

„Aber“, fügte Hinata sanft an, „Es gibt Vertrauen. Vertrau auf dich selbst, Ino. Du kannst dich nicht vor dem Rest der Welt verschließen, nur weil es in der Vergangenheit einen Hohlkopf gab, der dachte, er dürfe dir wehtun. Nicht alle Menschen sind so wie er!“

„Hinata hat recht“, sagte Sakura und lächelte ihre Freundin aufmunternd an. „Du musst nur dir selbst vertrauen. Es wird zwar immer wieder Menschen geben, die dich verletzen und dir wehtun wollen, aber du bist eine starke Frau, Ino. Du wirst es schaffen, immer wieder aufzustehen. Und außerdem…“ Das Lächeln der Rosahaarigen wurde breiter. „Willst du dir wirklich die Chance entgehen lassen, nun dein Glück zu finden, nur aus Angst, dass er doch wieder der Falsche sein könnte? Wenn du es nicht versuchst, kannst du es auch nicht herausfinden.“ 

Auch die Blondine musste nun lächeln, denn sie hatten Recht. Zu lange hatte ihre Vergangenheit nun über ihre Zukunft bestimmt und es war endlich Zeit nun einen neuen Weg einzuschlagen und endlich wieder Vertrauen in sich selbst zu finden.

„Ihr habt recht“, sagte Ino und ein breites Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Es war Zeit, einen neuen Anfang zu wagen und auch, wenn es sich nicht als der richtige Weg erweisen und sie wieder fallen würde, so wusste sie doch, dass sie zwei beste Freundinnen hatte, die immer für sie da waren und sie jederzeit auffangen würden.

 

Ein heimtückisches Grinsen schlich sich jedoch auf das Gesicht der Blonden, als sie Hinata mit einem interessierten Blick musterte. „Nun aber genug von mir“, meinte sie. „Was ist eigentlich mit dir Hinata?“

Die Angesprochene zuckte erschrocken zusammen, schüttelte jedoch nur mit dem Kopf, eh sie sich abwand und wieder begann den Teigklumpen durchzukneten.

„Ich weiß nicht, was du meinst“, sagte sie leise, jedoch machte Ino nur eine wegwerfende Handbewegung. „Nun tu mal nicht so, du weißt ganz genau, wovon ich rede. Und wenn nicht, dann helfe ich dir halt mal etwas auf die Sprünge: Ich spreche von einem großgewachsenen, blondhaarigem Krieger mit Stachelfrisur, der gerade zwei Räume weiter maulend und meckernd über einige Schriftrollen sitzt und notgezwungen seinen aufgehalsten Schriftkram erledigt. Genauer gesagt, rede ich von dem Krieger, für den du hier bereits seit Stunden einen Teig knetest, damit du ihn zum Abendbrot mit seinem Lieblingsramen überraschen kann-“ – „Ok, ok, ist ja gut“, unterbrach Hinata sie und warf ihr einen bösen Blick über die Schulter zu, konnte jedoch nicht verhindern bei diesem Thema leicht rot zu werden.  Sakura konnte sich ein leises Kichern nicht verkneifen, jedoch wurde sie dafür ebenfalls mit einem bösen Blick seitens der Blauhaarigen gestraft.

„Er… ist toll. Das leugne ich ja gar nicht… Er ist witzig, freundlich, tapfer und er hat so ein gutes Herz, wie es sonst kaum einer hat. “, gab sie zu. „Er ist so aufopferungsvoll, hat uns von der Straße geholt, uns ein Zuhause gegeben und dennoch blickt er nicht auf uns herab…“

„Aber, das ist doch gut“, verkündete Ino und strahlte Hinata mit einem breiten Lächeln an, diese erwiderte das Lächeln jedoch nicht, sondern ströhmte plötzlich eine ungeahnte Kühle aus. „Ich kenne meinen Platz“, sagte sie härter, als zunächst beabsichtigt und Ino zuckte erschrocken vor ihr zurück.

Ein mutloses Seufzen entfuhr der Blauhaarigen, als sie mit ihrer rechten Hand nach dem Mehl griff und etwas davon über den Teigklumpen streute, um ihn weiter fest und geschmeidig zu machen.

„Tut mir leid, ich wollte das nicht so sagen, aber… I-Ich bin doch nur eine kleine Magd. Wie könnte  ich je erwarten, dass ein Krieger wie er, einer kleinen, unbedeutenden Person wie mir überhaupt Beachtung schenkt?“, Ihr versagte die Stimme, und um sich von ihrer Trauer abzulenken, versuchte sie sich auf das Weiterkneten des Teiges zu konzentrieren. Eine sanfte Hand legte sich auf ihre Schulter und als sie sich umdrehte, sah sie in Ino’s sanfte, blaue Augen, die ihr nach wie vor aufbauend entgegenstrahlten.

„So ist das nicht Hinata“, flüsterte sie. „In der Liebe gibt es keine Regeln. Es gibt keine Grenzen und auch keine Stände. Es ist nicht von Bedeutung, wer man ist und was man hat, solange man einander liebt. Das ist das Einzige, was zählt: Wahre Gefühle.“

„A-Aber… Ich denke nicht, dass er m-mich“, Ino unterbrach sie jedoch abrupt, indem sie abwehrend wild mit den Händen durch die Luft fuchtelte. „So ein Unsinn. Wenn du das wirklich glaubt, bist du blind, Hinata. Er ist total verrückt nach dir. Das merkt doch jeder. Alleine wie er dich ansieht… Hab ich nicht recht, Sakura?“  Auch die Rosahaarige lächelte ihrer Freundin, der erneut die Röte zu Kopf stieg, ermutigend zu. Ino hatte Recht. Es war offensichtlich, dass ihr neuer Herr nicht nur regelmäßig die Gesellschaft der Blauhaarigen suchte, sondern die Art, wie er sie ansah, die Tatsache, dass er ständig versuchte sie mit irgendwelchen Witzen zum Lächeln zu bringen, all das, sprach für sich… Dass die beiden eine Schwäche füreinander hatten, konnte selbst ein Blinder sehen, die Einzigen, die es bisher noch nicht bemerkt hatten, waren jedoch Hinata und Naruto selbst…

„Er mag dich, wirklich“, sagte Sakura sanft und nickte Hinata als Bekräftigung bestätigend zu. 

 

„Denkt ihr wirklich?“, fragte sie vorsichtig, zog die Hände wieder aus dem Teig und begann, leicht ihre Zeigefinger gegeneinander zu stupsen, wie sie es immer tat, wenn sie nervös wurde. Ihre Gesichtsfarbe nahm währenddessen immer mehr an Röte zu, je länger sie darüber nachzudenken schien.

Ino stieß ein lautes Lachen aus und witzelte: „Nun, wie es aussieht, ist scheinbar keine von uns dazu fähig einem Krieger zu widerstehen.“ Auch Hintata stimmte in ihr Gelächter mit ein, nur Sakura bereitete dieser Satz ein mulmiges Gefühl und sie schlang bedrückt die Arme um ihren Körper. 

War es wirklich so? War es ihr gar nicht möglich, Sasuke zu widerstehen, auch wenn sie es wollte? Würde sie auf ewig in seinem Bann stehen, sein Spielzeug bleiben, bis er irgendwann genug von ihr hatte?

Ihre Freundinnen schienen ihren Gemütswechsel bemerkt zu haben, denn sie bedachten die Rosahaarige mit besorgten Blicken.

„Saku?“, fragte Ino und ihre Stimme war getränkt von Verwirrung und Sorge. „Was ist denn los?“

Sakura stieß ein langes, trauriges Seufzen aus, ehe sie meinte: „I-Ich... Ich weiß auch nicht… Ist es wirklich so? Sind wir nicht in der Lage ihnen zu… widerstehen?“

Hinata und Ino wechselten einen kurzen Blick miteinander, ehe Ino fürsorglich und besorgt ihre Hand auf die Schulter der Rosahaarigen legte und sie ernst ansah. „Was hast du Saku? Sprich mit uns… Ich dachte, du wärst… glücklich?“

Die vorsichtige und rücksichtsvolle Art ihrer Freundinnen trieb Sakura die Tränen in die Augen. „Ich… Ich weiß nicht. Sollte ich denn glücklich sein?“, fragte sie und wandte beschämt den Blick ab.

Wie nur sollte sie ihnen erklären, was in ihr vorging, wenn sie es doch selbst nicht einmal wusste?

Müsste sie nicht eigentlich glücklich sein? Sie hatte ein neues Zuhause gefunden, musste nicht länger auf der Straße leben und ihr neuer Herr behandelte sie vielmehr wie gleichberechtige Freunde, anstatt wie seine Angestellten. Sie hatte zwei wunderbare Freundinnen, mit denen sie bisher schon viel erlebt hatte, sich ihnen jedoch durch all das näher verbunden fühlte, als jemals zu vor. Und sie hatte Sasuke, ein großer Krieger, der ihre Gesellschaft der seiner eigenen Verlobten vorzog, sie regelmäßig besuchte und scheinbar nicht genug von ihr bekommen konnte. 

Hatte sie also nicht alles, was sie sich wünschen konnte? Wieso also war sie nicht glücklich? Was war es, was ihr fehlte? 

Ino schien sichtlich nach Worten zu ringen, als sie ihre Freundin mit verwirrten Blicken bedachte und versuchte zu verstehen, was in ihr vorgehen könnte.

„Nun… Also… Ich dachte schon… irgendwie. Wir haben ein neues Zuhause gefunden, wir haben uns und du… hast Sasuke.  Du warst so glücklich, als du ihn nach all der Zeit wiedersehen konntest… Ich dachte… Du liebst ihn.“

Sakura wischte sich eine Träne, die ihr von den Augen aus nun einsam über die Wange rollte, aus dem Gesicht. „Ja, das tue ich auch“, gestand sie. „Ich liebe ihn… Aber er… Er liebt mich nicht. 

Ich bin, wie… ein Spielzeug für ihn. Ein Gegenstand, der ihm Freude bereitet, den er jedoch wieder zurücklegt, wenn er genug davon hat… Ich weiß ja, dass das bereits mehr ist, als mir zusteht… Doch warum… Warum macht es mich denn dann nicht glücklich?“

Sakura spürte eine Hand, die sich ihr sanft auf den Rücken legte und ihr tröstlich darüber strich und als sie sich umdrehte, sah sie in die blassvioletten Augen Hinata’s.

„Weißt du Sakura, manchmal ändern sich die Dinge einfach. Was einen einst glücklich machte, erfüllt einen nicht mehr und von etwas anderem, von dem man nie gedacht hätte, dass es einem Freude bereiten könnte, wird man plötzlich so glücklich, wie nie zuvor… Was ich damit sagen will: Wenn du nicht mehr glücklich bist, dann steht es dir auch frei, das Ganze wieder zu beenden.“ 

Hinata’s Worte waren gut gemeint, jedoch schüttelte Sakura nur den Kopf. „Nein, das kann ich nicht“, hauchte sie. Wie könnte sie auch alles einfach so beenden und ihre aller Zukunft aufs Spiel setzen? 

„I-ich… Ich wollte es euch eigentlich nicht sagen, aber… Die Wahrheit ist… Wir haben es nicht nur Naruto’s Güte zu verdanken, dass wir letztendlich hier sein dürfen… Der eigentliche Drahtzieher dahinter ist Sasuke. Sein Geld ist es, dass es Naruto überhaupt möglich war, uns bei sich aufzunehmen… Das hat er mir in der ersten Nacht erzählt, als er hier aufgetaucht ist… Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, was passiert, wenn ich ihn abweise. Und das könnte ich nicht. Ich könnte es nicht ertragen, der Grund dafür zu sein, dass wir alle wieder auf der Straße sitzen, dass wir alle erneut keine Zukunft vor uns sehen, nur… nur weil ich nicht länger einen Mann lieben will, der mich nicht liebt...“, ihr versagte die Stimme und sie schlug sich die Hand auf den Mund um einen aufkommenden Schluchzer zu unterdrücken. Ein betretendes Schweigen legte sich über die Drei und jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. 

 

Nach mehreren Minuten war es letztendlich Ino, die die Stille brach. 

„Warum wolltest du uns das nicht erzählen?“, fragte sie. „Wegen Naruto?“ Sakura nickte leidlich, und Ino schien kurz nachzudenken, ehe sie meinte: „Also, ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber für mich ändert sich nur deswegen trotzdem nichts an meiner Meinung zu unserem neuen Herren. Es ist vielleicht Sasuke’s Geld, das unser Überleben hier sichert, aber die Güte, die Naruto uns zeigt, die Freundschaft, die er uns anbietet… All das geht von ihm aus und hat nichts mit Sasuke zu tun. Naruto hätte die Situation ausnutzen und uns behandeln können, wie es ihm beliebt, aber das hat er nicht. Und ich bin ihm nach wie vor dankbar dafür.“ Ein Lächeln breitete sich auf Sakura’s Züge aus, als sie erkannte, dass Ino ganz genauso über den blonden Chaoten dachte, wie sie selbst. Auch Hinata nickte nun.

„Ich sehe das genau so. Aber Sakura…“, führte Hinata an und ihre Gesichtszüge verhärteten sich, als sie ihre Freundin ansah. Die Rosahaarige zuckte leicht zusammen und versuchte sich innerlich davor zu wappnen, was sie nun hören würde. War Hinata sauer auf sie, weil sie mit einer falschen Handlung ihr neu gewonnenes Heim und damit auch ihre Zukunft aufs Spiel setzen könnte? Oder war sie wütend darüber, dass sie die Sache mit der finanziellen Unterstützung Sasuke’s nicht schon eher erzählt hatte? Würde sie nun anders denken und die Auffassung vertreten, wenn Sasuke ihnen schon allen das Leben gerettet hatte, wäre es selbstverständlich, dass sie nun etwas opfern musste?

„…du weißt, dass wir deine Freundinnen sind und ich hoffe, du weißt auch, dass wir dich immer unterstützen werden. Ganz egal, was du tust und wie du dich entscheidest.“

Verblüfft riss Sakura die Augen auf und betrachtete ihre Freundin mit einer Mischung aus Unglaube und Verwirrung. Hatte sie richtig gehört? Sie unterstützten sie? Auch, wenn es für sie bedeuten konnte, dass sie alle wieder auf der Straße landen würden? Verunsichert blickte sie Ino an, doch auch sie schien keinerlei Zweifel an Hinata’s Worten zu finden, sondern nickte ihr bestätigend zu. 

„Allerdings, das werden wir“, sagte Ino und lächelte leicht. „Es mag sein, dass er uns geholfen und uns hier ein Obdacht ermöglicht hat… Dafür sind wir ihm auch dankbar, jedoch gibt es ihm nicht das Recht dich zu besitzen. Du bist keine Hure, Sakura. Du hast eine Wahl!“

Die Tränen, die der Rosahaarigen nun in die Augen traten, waren keine Tränen der Trauer, sondern der Dankbarkeit. Sie war gerührt und unendlich dankbar, dass sie so gute Freunde hatte, wie diese beiden. Sie verurteilten sie nicht für ihre Beziehung zu einem Mann, der sich weit außerhalb ihrer Reichweite befand. Sie richteten nicht über sie, weil sie nicht bescheiden genug war, um sich mit ihrer momentanen einseitigen Liebe zufrieden zu geben. Und sie hassten sie nicht, obwohl sie mit ihrer Beziehung zu Sasuke ihre Zukunft riskierte. Womit nur hatte sie so wunderbare Freunde verdient?

 

Der Rest des Tages verlief ruhig und jedes der Mädchen hing seinen eigenen Gedanken bezüglich ihres eigenen Jungen nach. Hinata hatte es geschafft den Teig in köstliche Nudeln zu verarbeiten und mit viel Geschick bereitete sie Naruto’s heißgeliebte Nudelsuppe zum Abendessen vor. Auch, wenn das gesunde und abwechslungsreiche Essen Hinata’s Naruto immer wieder aufs Neue entzückte, so hatte er dennoch Sehnsucht nach der alten Nudelsuppe, die er Tag ein Tag aus gegessen hatte. Alte Gewohnheiten ließen sich schließlich schlecht ablegen.

Sakura musste immer noch schmunzeln, wenn sie sich an Naruto’s Gesicht erinnerte, als er eine Schüssel seiner Lieblingsramen vor sich sah, Hinata dankbar um den Hals fiel und anschließend seine Suppe verputzte, als hätte er seit Wochen nichts zu Essen bekommen, während Hinata aufgrund seiner Umarmung einer Ohnmacht nahe schien. Ino hatte laut gelacht und Hinata leise mit ihrer krampfhaften Schüchternheit in Gegenwart ihres Herren aufgezogen. 

Sakura liebte die gemeinsame Zeit mit ihren Freunden, denn hier konnten sie endlich so sein, wie sie waren. Ausgelassen und fröhlich. Und was Sasuke anbelangte, so nahm sich Sakura vor, sich Zeit zu lassen. Sie musste in Ruhe über alles nachdenken, denn nur so würde sie Antworten finden. 

 

Es war schon spät, als Sakura in das Zimmer der Dienstmädchen trottete und damit begann die Futon’s für sich und ihre Freundinnen auszubreiten. Der Tag war sehr lang und anstrengend, aber auch sehr emotional gewesen, weshalb sie sich nun ausgelaugt und müde fühlte.

Als sie nebenbei hörte, wie leise die Tür aufgeschoben wurde, warf sie einen Blick über die Schulter und dachte dabei, Ino oder Hinata, die ebenfalls bereits schlafen wollten, zu erblicken, allerdings stand eben jene Person im Türrahmen, die sie vorerst lieber nicht sehen wollte. Sasuke…

Mit einer verschlossenen Haltung, lehnte er im Türrahmen, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte auf sie herab. Der dunkelblaue Kosode, den er an diesem Abend trug, umschmeichelte seinen Körper und war so weit geöffnet, dass er den Blick auf den Ansatz seiner muskulösen Brust frei gab. Schon unzählige Male hatte sie seinen Körper gesehen, ihn berührt und kannte mittlerweile schon jede einzelne Narbe, die er trug, in und auswendig. Doch war sie die Einzige, die all das kannte? Was war mit Karin? Hatte er auch schon mit ihr geschlafen? Schließlich war sie seine Verlobte… Hatten sie in der Zwischenzeit vielleicht sogar schon geheiratet? Tausend Fragen rasten durch den Kopf der Rosahaarigen und ihr wurde ganz übel dabei. 

Eilig wandte sie den Blick ab. Sie wollte ihn nicht sehen. Ihn und seinen perfekten Körper, der aussah, wie eine zum Leben erweckte Statue. Er war ein Traum, doch nun war es Zeit aufzuwachen.

Sie musste sich endlich Gewissheit verschaffen und sich darüber klar werden, was es eigentlich war, was sie sich wünschte und was sie begehrte. Jedoch um diese Klarheit zu bekommen, durfte sie ihn nicht sehen. Zu groß, war die Versuchung, zu drängend die Begierde nach mehr… Es war wie eine Sucht, doch sie konnte so nicht mehr weitermachen. Denn es zerstörte sie…

 

Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, wie er sich leicht vom Türrahmen abstieß und langsam auf sie zukam. Seine Schritte waren dabei vorsichtig und schleichend, wie bei einem Tiger, der sich behutsam an sein Opfer anschlich. Er wollte sich Zeit lassen, denn er wusste, sein Opfer würde nicht fliehen, wenn er es packte. Doch heute war es anders. Heute würde sie nicht auf seiner Speisekarte stehen.

Mit einem Ruck erhob sie sich, setzte einen Schritt zurück um für mehr Abstand zu sorgen und schüttelte mit dem Kopf. Ihr Blick war dabei auf seine Füße gerichtet und sie bemerkte, dass er stehen geblieben war. Ihr plötzlicher Aufsprung hatte ihn überrascht, jedoch begann er schon nach nur kurzem Verweilen den Abstand zu ihr wieder zu verringern.

Aber anstatt wie sonst ruhig stehen zu bleiben, und zu warten, bis er bei ihr war, spielte sie sein Spiel mit und wich immer weiter vor ihm zurück.

„Bitte nicht“, sagte sie und versuchte ihre Stimme dabei kräftig genug klingen zu lassen. Er verweilte erneut und sie brauchte ihn nicht einmal anzusehen, um seine fragend zusammengezogenen Augenbrauen und die gerunzelte Stirn zu erahnen.

„Was ist los?“, fragte er und schien verwirrt. Es war offensichtlich, dass er mit ihrem Gemütswechsel nichts anfangen konnte und nun lag es an ihr ihm alles zu erklären. Nur was sollte sie ihm sagen? Dass sie Zeit brauchte, um über alles nachzudenken? Dass es so nicht mehr weitergehen konnte? Dass sie unglücklich war und sich nach jedem seiner Besuche psychisch schmutzig und dreckig fühlte? 

Gab es denn überhaupt noch etwas, über das sie nachdenken musste? Sie liebte ihn… Aber er liebte sie nicht. Konnte sie wirklich länger einen Mann lieben, der ihre Gefühle nicht erwiderte? Der lediglich ein Spielzeug in ihr sah, dass er für seine Interessen benutzen konnte?

„I-Ich… Ich kann das nicht mehr“, flüsterte sie und mit den Händen spielte sie nervös an den langen Ärmeln ihres grünfarbenen Kosoden. Trotz ihrer leisen, gebrochenen Stimme hatte er sie verstanden und hinterfragte: „Was kannst du nicht mehr?“ 

Sakura sammelte allen Mut an, den sie in sich fand, richtete sich etwas auf und ließ ihren Blick an ihm hinauf wandern. An seiner Brust angekommen, verweilte sie jedoch. Sie würde ihm nicht ins Gesicht sehen. Das konnte sie nicht. 

„Du liebst mich nicht“, flüsterte sie. „Ich kann das nicht länger. Ich kann keinen Mann lieben, der mich nicht liebt.“ Nun war es raus. Sie hatte es gesagt, ausgesprochen, was ihr auf der Seele lag, doch wie würde er nun reagieren? Würde er wütend werden und sie anschreien, weil sie sich ihm verweigerte? Oder würde er es akzeptieren, gehen und sich einfach einen Ersatz für sie suchen?

Sasuke stieß ein leicht belustigtes Schnauben aus, ehe er sich jedoch wieder auf sie zu bewegte. Seine Schritte waren diesmal schneller und Sakura reagierte nicht rechtzeitig, sodass er sie schon nach wenigen Augenblicken erreichte. Er schlang den linken Arm um ihre Taille, presste sie an sich und mit der rechten Hand griff er nach dem Saum ihrer weißen Haube, den er packte und mit einem Ruck von ihrem Kopf zog. Ihre rosanen, langen Haare fielen in bekannten Wellen auf ihre Schultern herab und umschmeichelten ihr Gesicht.

Sie starrte nach wie vor auf seine Brust, stemmte die Hände dagegen und versuchte wenigstens ihren Oberkörper etwas von ihm zu drücken. Ihre Versuche, Abstand zwischen ihn und sich zu bekommen, scheiterten jedoch, als er plötzlich mit den Fingern seiner rechten Hand unter ihr Kinn fuhr, es anhob und sie somit zwang ihn anzusehen.

Sakura kam nun nicht mehr umher ihn ins Gesicht zu blicken, und sie wünschte sich augenblicklich, sie hätte es nicht getan. Sein Mund war zu einem spöttischen Grinsen verzogen, seine Augenbrauen waren herausfordernd nach oben gezogen, doch das bedrohlichste in seinem Gesicht, waren immer noch seine Augen. Sie waren dunkler als die Nacht und endlos tief, sodass sie nur einen kurzen, scheuen Blick wagen musste, um sich direkt wieder in ihnen zu verlieren.

Seine Finger wanderten von ihrem Kinn zu ihrer Wange und er begann, langsam und zärtlich darüberzustreicheln. Er hielt sie mit seinem Blick gefangen und sein Grinsen wurde breiter, arroganter und siegessicher. Er wusste, dass sie keine Chance gegen ihn hatte und ihm immer wieder erliegen würde, solange er sein Spiel weiter mit ihr trieb. Was sollte sie nur tun?

Sie spürte, wie ihr Herz begann schneller zu schlagen, weil es sich immer noch zu dem Mann vor ihr hingezogen fühlte. Ihre Atmung beschleunigte sich leicht und ihre Lippen begannen zu beben, als ihr Herz erneut einen Kampf gegen die Vernunft bestritt und sich in diesem Moment nichts sehnlichster wünschte, als einfach alle Bedenken zu vergessen, sich seufzend an ihn zu lehnen und sich ihm hinzugeben. Wenn auch nur für ein letztes Mal. Doch Sakura wusste, dass es nicht das letzte Mal sein würde, wenn sie jetzt nachgab. Es würde immer so weiter gehen. Sie musste stark bleiben!

Er beugte sich nach vorne, sodass sein Mund direkt neben ihrem Ohr lag und sein Atem kitzelte die empfindlichen Härchen an ihrem Ohr. „Denkst du wirklich, du hättest eine Wahl?“, hauchte er und in seiner Stimme lag eine Mischung aus Spott und Selbstbewusstsein. Für ihn war die Antwort bereits klar, doch war es wirklich so? Hatte sie keine Wahl? Konnte sie ihm wirklich nicht widerstehen?

Sakura rief sich Ino’s Worte in Erinnerung, die ihr sagte, dass er viel für sie getan hatte. Er hatte ihr viel gegeben und ihr mehr als nur einmal das Leben gerettet. Aber dennoch war sie keine Hure! Er konnte sie nicht kaufen, er konnte sie nicht besitzen. Sie gehörte nur sich allein. Sie hatte die Wahl!

Der aufkeimende Mut und bestärkt, durch das Vertrauen ihrer Freundinnen, sammelte Sakura alle Kraft, die sie in sich finden konnte, bäumte sich in seinen Armen auf und drückte sich kraftvoll von seiner Brust ab. Er hatte mit einem solchen Aufbäumen nicht gerechnet, sie glitt aus seinen Armen und wich mehrere Schritte vor ihm zurück. Anschließend sah sie ihm zum allerersten Mal fest ins Gesicht und ihre Stimme war selbstbewusst und zuversichtlich, als sie sagte: „Ja, das habe ich.“

 

In seinem Gesicht veränderte sich etwas. Das selbstsichere, arrogante Grinsen verschwand aus seinem Gesicht und stattdessen verzog er den Mund zu einer schmalen Linie. Seine Nasenflügel blähten sich leicht auf, als er langsam tief Luft zu holen versuchte und seine Augen bohrten sich schon regelrecht in ihre. Sakura wusste, was das zu bedeuten hatte. Er hatte endlich angefangen, ihr zuzuhören. 

Zum aller ersten Mal war es kein schwieriges Rätsel für sie, zu erraten, was in ihm vorging, denn noch nie, wurde er so von seinen Emotionen übermahnt, dass man sie ihm hatte ansehen können.

Im Moment zeigte er Wut und Unglaube darüber, dass sie sich ihm wirklich widersetzte. Er war es gewohnt, die Situationen zu kontrollieren, aber nun war sie es, die die Kontrolle hatte und das gefiel ihm nicht. Es überstieg seine Vorstellungen, dass eine Frau, noch dazu eine kleine Dienstmagd wie sie, ihn ablehnen könnte. Bisher hatten ihm ihre kleinen, aufkeimenden Widersprüche gefallen und er hatte es genossen, mit ihr zu spielen und ihr zu zeigen, dass sie keine Chance gegen ihn hatte. Doch was nun? Sie hatte gezeigt, dass sie sich von seiner Manipulation nicht länger unterdrücken ließ und seine Zärtlichkeiten hatten zum ersten Mal keinen Erfolg gezeigt. Dachte sie wirklich, sie könnte ihn einfach so abweisen? Ihn? Einen Uchiha?

Seine Stimme bebte vor Wut, als er sie gefährlich leise fragte: „Denkst du wirklich, du könntest mich vergessen? Denkst du wirklich, du könntest glücklich werden ohne mich? Denkst du wirklich, du könntest jemals einen anderen Mann lieben als mich?“ Seine Fragen waren rhetorischer Natur, denn er erwartete darauf keine Antwort. Aber um sich selbst von seinen eigenen Worten zu überzeugen, beantwortete er seine Fragen selbst, in dem er schrie: „NEIN, DAS KANNST DU NICHT!“

Mit einem großen Satz sprang er auf sie zu, umfasste ihren Hinterkopf, zog sie zu sich heran und presste seinen Mund mit aller Kraft auf den ihren. Wenn er sie nicht mit Zärtlichkeiten umstimmen konnte, dann konnte nur noch Gewalt helfen, doch selbst gegen seinen aggressiv dominanten Kuss, der sie eigentlich in ihre Schranken weisen sollte, wehrte sie sich. Sie drückte mit ihren Händen weiterhin mit aller Kraft gegen seine Brust, riss den Kopf in den Nacken und drehte ihn anschließend zur Seite um seinem brutalen Kuss ein Ende zu setzen. 

Wütend riss er an ihrem Arm, sodass sie das Gleichgewicht verlor und zu Boden ging. Er gab ihr jedoch keine Zeit, sich wieder zu sammeln, sondern kniete sich über sie und öffnete mit einer ruckvollen Bewegung ihren Obi. 

„Nein“, wimmerte Sakura und drehte sich mit einer schwungvollen Bewegung auf den Bauch, um ihn daran zu hindern, auch ihren Kosode zu öffnen. Er beugte sich über sie und seine Stimme glich einem Knurren, als er bedrohlich meinte: „Du bist meine Passion. Ich lasse dich nicht gehen.“

Tränen sammelten sich in den Augen der Rosahaarigen und Verzweiflung keimte in ihr auf. Sie kannte die Bedeutung, des Wortes Passion nicht und bisher hatte sie angenommen, es konnte nur etwas Schönes sein. Doch nun kam es ihr eher vor, wie ein Fluch.

Er würde nicht aufhören, dessen war sie sich bewusst. Er war zu sehr in seinem Rausch und seiner Wut gefangen, dass es ihm egal war, ob er ihr weh tat und sie Angst vor ihm bekam.

Ein leises Wimmern entwich ihr, als sie die Augen schloss und nur noch hoffte, es würde wenigstens schnell gehen. Denn sie konnte sich nicht mehr wehren, hatte einfach keine Kraft mehr dafür. Er packte ihren Arm und drehte sie auf den Rücken zurück, um ihr den noch verschlossenen Kosode zu öffnen. 

„Bitte nicht“, flüsterte sie, war sich jedoch dessen bewusst, dass er sie eh nicht hören und ihren Worten keine Beachtung mehr schenken würde. Sakura kam nicht umher sich an den Winter zu erinnern, als Sai sie beinahe vergewaltigt hatte. Damals war Sasuke ihr zur Hilfe geeilt und sie hatte angefangen ihm zu vertrauen. Das war auch die Nacht gewesen, in welcher sie gelernt hatte ihn zu lieben, doch hätte sie gewusst, dass er ihr früher oder später selbst so etwas antun würde, wäre es ihr lieber gewesen, er hätte sie in jener Nacht in der Scheune sterben lassen. 

 

Plötzlich aber verschwand Sasuke’s Gewicht von ihrem Körper und Sakura öffnete vorsichtig die Augen um zu sehen, was er nun wohl vorhatte. Jedoch erschrak sie, als sie nur ein paar Schritte von sich entfernt Naruto stehen sah, der Sasuke die Arme nach hinten gezogen hatte und alle Kraft dafür aufbrachte, um ihn in Schach zu halten. Sasuke’s Blick war nach wie vor auf sie gerichtet, sein Gesicht zu einer wutverzerrten Fratze verzogen. 

Beschämt wandte sie den Blick ab und versteckte ihre Blöße wieder unter ihrem Kosode. Sie wollte nicht länger in sein wütendes Gesicht schauen, denn der Mann, zu dem er nun geworden war, war ihr so fremd, dass sie bezweifelte, ihn je richtig gekannt zu haben.

„Was willst du eigentlich? Was erwartest du von mir?“, schrie er ihr entgegen und wehrte sich auch weiterhin gegen Naruto’s eisernen Griff. „Erwartest du, dass ich alles aufgebe? Erwartest du, dass ich mich von meiner Familie abwende? Meine Erfolge in den Wind schlage? Dich heirate? Denkst du wirklich, damit würdest du glücklich werden?“ 

Mit einem kräftigen Ruck, schaffte es Sasuke sich endlich aus Naruto’s Griff zu befreien, allerdings stürzte er nicht wieder auf Sakura los, wie alle zunächst erwarteten, sondern wandte sich ab und verließ das Zimmer. Jedoch nicht ohne vorher noch einmal einen letzten, verärgerten Blick auf die am Boden liegende Rosahaarige zu werfen. Aber in diesem Moment konnte sie mehr als nur Wut hinter seinem Blick erkennen. Für einen kurzen Augenblick glaubte sie hinter seiner Fassade, die er immer noch aufrecht zu erhalten versuchte, auch Enttäuschung, Trauer und sogar Schmerz zu sehen. 

Nachdem er gegangen war, dauerte es nicht lange, ehe Ino und Hinata zu ihr eilten, sie in die Arme schlossen und ebenfalls zu weinen anfingen. Keine von ihnen hatte erwartet, dass es so enden würde. 

Sie hatte damit gerechnet, dass er wütend werden würde. Sie hatte auch damit gerechnet, dass er sie vielleicht einfach aus Naruto’s Haus werfen würde. Aber das hatte er nicht getan. Stattdessen hatte er ihr gedroht und ihr unmissverständlich klar gemacht, dass er sie nicht gehen lassen würde. Er würde nicht akzeptieren, dass sie sich von ihm abwandte, denn in seinen Augen gehörte sie nach wie vor ihm. Und ihr kleines, flattriges Herz, das sich bei dem Gedanken an Sasuke krampfartig zusammen zog, wusste, dass er mit dieser Annahme richtig lag. Egal, wie sehr sie versuchte dagegen anzukämpfen, egal wie sehr sie versuchte vor ihm zu fliehen, egal, wie sehr sie versuchte ihn zu hassen, das alles würde nichts bringen, denn ihr Herz wusste es besser. Sie war sein!

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Daria (Donnerstag, 30 Juni 2016 13:51)

    Ursprünglich: Montag, 23 Mai 2016 00:31
    Wow *_* das Warten hat sich gelohnt ^^ Das Kapitel ist extrem lang kein Wunder wieso es immer so ne Ewigkeit wartet, aber es lohnt sich*_* Und ich bin mächtig von Sasuke enttäuscht, wie konnte er nur versuchen ihr das anzutun? Er ist somit kein Stück besser :/ Und es freut mich sehr für Ino, dass sie jemanden gefunden hat^^ Sakura tut mir sehr leid er behandelt sie nicht mehr wie eine Person und kommt nur noch wenn er wieder das Verlangen hat, mehr interessiert ihn nicht :/ Auch glaube ich das er vielleicht noch gar nicht bemerkt hat, dass er verliebt ist dies ist auch noch möglich...
    Ansonsten freue ich mich sehr auf das nächste Kapitel, bin sehr gespannt wie sich alles noch entwickelt wird*_*