Ein zarter Windhauch durchzog die warme Nachtluft, ließ vereinzelte Blätter, die lose am Boden lagen, wild in der vom Mondschein erhellten Nacht tanzen, ehe sie ihren traumlosen Schlaf weiterführen durften. Der wolkenlose Nachthimmel war ein berauschender Anblick und sowohl die zahllosen Sterne am Himmel, als auch der strahlendhelle Vollmond vertrieben die Dunkelheit, sodass man in dieser Nacht nicht einmal eine Kerze brauchte um klar sehen zu können.

Sakura saß mit angezogenen Beinen auf der Wiese vor dem Haus und betrachtete den erhellten Sternenhimmel, als kenne sie nichts Schöneres auf der Welt.

Das Zusammentreffen und die endgültige Trennung von Sasuke waren nun bereits mehrere Stunden her und Sakura’s plötzliches Verschwinden hatte für einigen Wirbel gesorgt. Hinata war derart besorgt um ihre rosahaarige Freundin gewesen, dass sie sich sogar noch Stunden später Vorwürfe darüber machte, nicht richtig aufgepasst zu haben.

Sakura kam natürlich nicht umhin ihren Freundinnen und sogar Naruto, der sich aufgrund von Hinata’s besorgtem Zusammenbruch nun ebenfalls für die ganze Geschichte interessierte, alles von ihrer Begegnung mit Sasuke zu erzählen. Anschließend hatte sich ein langes Schweigen in ihren Reihen breit gemacht und jeder schien dabei seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Letztendlich bereute sie ihre Entscheidung jedoch immer noch nicht, denn auch, wenn ihr Herz vorübergehend schmerzte und ihr die Brust wehtat, so würde der Schmerz eines Tages nachlassen und sie wäre dazu bereit ein neues Leben anzufangen und ihrer eigenen Zukunft entgegenzutreten. Ihm würde es irgendwann ganz genauso gehen, dessen war sie sich sicher.

 

Eine sanfte Brise glitt an ihr vorbei und sorgte dafür, dass sich ihre empfindlichen Härchen aufstellten und eine angenehme Gänsehaut sie erzittern ließ. Sakura stieß jedoch einen erschrockenen Schrei aus, als sich plötzlich eine Hand von hinten auf ihre Schulter legte und ängstlich drehte sie sich um, war jedoch erleichtert dabei nur in das freundlich lächelnde Gesicht Naruto’s zu blicken.

„Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken“, meinte er schnell, zog augenblicklich seine Hände zurück und fuchtelte abwehrend mit diesen vor seinem Gesicht herum.

„Darf ich mich zu dir setzen?“, fragte er vorsichtig. Als der erste Schreck sich endlich gelegt hatte, war sie auch dazu in der Lage sein Lächeln ehrlich zu erwidern und nickte ihm bestätigend zu. Ziemlich ungalant ließ er sich neben sie auf den Boden plumpsen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und legte sich der Länge nach auf das kühle Gras. 

„Hach“, seufzte er wohlig und schloss genüsslich die Augen. „Ist diese Nacht nicht herrlich?“

Sakura’s Lächeln wurde breiter, jedoch betrachtete sie dies als eine eher rhetorische Frage und wandte sich wieder dem Sternenhimmel zu. Die Nacht war durchaus herrlich; warm, hell und wunderschön. Doch nicht einmal der Sternenhimmel vermochte es, sie von ihren Gedanken an jenen schwarzhaarigen Krieger abzulenken und insgeheim fragte sie sich, was Sasuke wohl gerade in diesem Moment tat. Blickte er auch gerade zu den Sternen auf und dachte über sich selbst und seine Zukunft nach? Ob er sich auch so elend fühlte? Spürte er vielleicht den gleichen Schmerz in der Brust, wie sie selbst? Oder hatte er nun mit alldem bereits abgeschlossen, ihre Entscheidung endgültig akzeptiert und nunmehr damit begonnen, wieder sein eigenes, ruhmreiches Leben zu leben?

Ihr Blick glitt langsam nach links und mit einem Lächeln sah sie ihren chaotischen Herren an, der nach wie vor mit geschlossenen Augen und hinter dem Kopf verschränkten Armen neben ihr lag. Sein schwarzer Kosode war am Ansatz leicht geöffnet, sodass er den Blick auf seinen muskulösen Brustansatz freigab, seine blonden Haare standen wie üblich in alle Richtungen ab, doch trotz seines eher wirren und wilden Aussehens war die Macht, die er ausstrahlte wie jeder andere Krieger auch, beinahe zum Greifen nah und nicht einmal sein dauerhaftes Grinsen konnte diese Macht abschwächen.

In gewisser Weise war Naruto Sasuke sogar sehr ähnlich. Beide waren erfolgreiche Krieger; stark, mutig und furchtlos. Ihre Körper waren mit vielen verschiedenen Narben aus vergangenen Schlachten und Kriegen übersäht. Sie gehörten beide dem ersten Stand an und niemand, ganz gleich welcher Feind auch versuchte, sich ihnen in den Weg zu stellen, hatte wirklich eine ernsthafte Chance gegen einen von ihnen. In Sakura’s Augen waren sie beide einfach unbesiegbar und sie wünschte sich vom Herzen, dass es auch zukünftig so bleiben würde.

Doch trotz allem gab es einen wesentlichen Punkt, der den blonden Chaoten von seinem schwarzhaarigen Kommandanten unterschied; nämlich ihre Art zu denken und zu leben.

Naruto machte sich einfach nichts daraus, was andere Menschen über ihn sagen, oder ob sie über ihn urteilen könnten. Er kämpfte und lebte nur für sich allein, hatte keinen Namen zu verlieren, keine gesellschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen und auch keine Familie hinter sich stehen, die alle Hoffnung allein in ihn setzten. Diese Art zu leben machte ihn frei, frei um hinzugehen, wohin er wollte, zu leben und zu arbeiten, wo immer er wollte und auch zu lieben, wen er wollte.

Das Alles waren Freiheiten, die dem Schwarzhaarigen nicht zustanden und Sakura fragte sich, ob Sasuke seinen blondhaarigen Freund manchmal insgeheim darum beneidete. Wieso musste auch alles so kompliziert sein? Wieso nur musste sie sich ausgerechnet in einen Krieger verlieben, der derart weit außerhalb ihrer Reichweite lag? Egal, wie man es auch drehte und wendete, eine gemeinsame Zukunft wäre für sie zwei wohl nie möglich gewesen.

 

Sakura stieß ein trauriges Seufzen aus, ehe sie ihren Blick wieder gen Himmel schweifen ließ.

„Warum nur muss alles so kompliziert sein?“, fragte sie mehr zu sich selbst, jedoch hörte sie, wie Naruto sich langsam aufsetzte und seine Arme auf seinen angewinkelten Knien abstützte.

„Weißt du“, fing er langsam an, ließ jedoch anschließend eine längere Pause folgen, als wüsste er nicht genau, wo er mit dem Erzählen beginnen sollte. „Für Sasuke war sein bisheriges Leben nicht gerade einfach. Du weißt sicherlich, dass er einen älteren Bruder, namens Itachi hat, nicht wahr?“

Sakura konnte sich noch gut an ihren Dienst bei den Uchiha’s erinnern und wusste, dass sie hin und wieder ein leerstehendes Zimmer im Haus zu putzen hatte, das wohl dem älteren Sohn der Uchiha’s gehörte. In all ihrer Zeit dort, hatte sie diesen jedoch nicht ein einziges Mal angetroffen und selbst seinen Name hatte sie in der Zwischenzeit wieder vergessen.

„Itachi ist der Erstgeborene und eigentlich war es ihm somit vorbestimmt später das Haus seiner Eltern zu erben. Und Itachi hatte wahrhaft Potenzial; er war unglaublich schlau, stark und talentiert. Schon in ganz jungen Jahren konnte Itachi sich bereits perfekt in den Disziplinen der Kampfkunst und des Reitens beweisen, er war bereits als Kind ein ungemein kluger Stratege und kaum ein Gleichaltriger konnte Itachi auch nur ansatzweise das Wasser reichen. Bereits mit zehn Jahren wurde er an den Hof des Shoguns eingeladen und durfte diesem dort seine Aufwartung machen, obwohl das im Regelfall frühestens Jungen mit der Vollendung des vierzehnten Lebensjahres zustand. Du kannst dir also sicherlich vorstellen, welch eine Ehre diese Vorladung darstellte und wie Stolz die Uchiha’s auf Itachi waren.“ Naruto stieß ein raues Lachen aus, allerdings bemerkte Sakura den bekümmerten Unterton darin  und konnte bereits ahnen, dass diese Geschichte kein glückliches Ende nehmen würde.

„Sasuke hatte seinen älteren Bruder schon immer bewundert, war ihm damals heimlich zum Kampftraining gefolgt, hatte ihn immer unbemerkt beobachtet und ihm nachgeeifert. Itachi war sein großes Vorbild, allerdings war sein immenses Talent auch gleichzeitig Sasuke’s schlimmster Fluch. Denn ganz gleich, was er auch tat; egal, wie hart er etwas versuchte oder wie sehr er sich bemühte, er schaffte es nie an die Erfolge seines Bruders heranzukommen. Sein Vater beachtete Sasuke daher kaum, sein ganzes Interesse und all sein Stolz galten einzig und allein Itachi.“ Er machte eine kurze Pause in seiner Erzählung und bettete sein Kinn auf seinen Armen. „Wohin das letztendlich führte, kannst du dir sicherlich vorstellen.“, meinte er vorsichtig und betrachtete sie aus dem Augenwinkel heraus.

Die Rosahaarige nickte zaghaft, als sie allmählich begriff, welch schwere Last Sasuke bereits in jungen Jahren zu tragen hatte. Sie selbst war ein Einzelkind und konnte sich bisher nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn sie Geschwister gehabt hätte, aber allein die Vorstellung all‘ die Liebe und Zuneigung, die ihre Eltern ihr von klein auf tagtäglich gezeigt hatten, mit jemand anderen teilen zu müssen, verursachte ihr einen unangenehmen Kloß im Hals. Wie musste es dann also gewesen sein, diese Liebe nicht nur teilen, sondern sogar mit ansehen zu müssen, wie der ältere Bruder all das allein erfuhr, während man selbst immer leer ausging?

„Er wird ihn gehasst haben“, vermutete Sakura leise und dieses Mal war es Naruto, der bestätigend nickte.

„Ja, so ungefähr“, sagte er. „Nun ja, er war nach wie vor sein Bruder. Und ich glaube, ganz gleich, wie sehr er Itachi um alles, was er hatte, beneidete, so hatte er ihn nie wirklich hassen können. Zumindest nie bis zu jenem Tag…“

 

Sakura horchte interessiert auf. Sie wusste bisher nicht viel von Sasuke’s Vergangenheit, sondern kannte lediglich das, was seine Mutter, oder auch Naruto ihr erzählt hatten. Beide hatten jedoch immer nur von der frühen Vergangenheit, von vergangenen Schlachten und Kriegen, die der Schwarzhaarige bestritten und sogut wie immer gewonnen hatte, berichtet. Allerdings hatte sie nie etwas Näheres über seine Kindheit, geschweige denn etwas über seinen älteren Bruder gehört. Gespannt lauschte sie weiter.

„Vor sieben Jahren, als Itachi gerade mal achtzehn Jahre alt war, trat er plötzlich mit einer sehr ungewöhnlichen Bitte an seine Eltern heran. Er hatte damit begonnen seine Arbeit, seine Existenz, einfach den ganzen Sinn des Lebens zu hinterfragen. Das Leben war für ihn eine Art Rätsel geworden, jedoch konnte er es alleine nicht lösen und auch in ganz Edo gab es niemanden, der ihm wirklich dabei helfen konnte. Also hatte er nun den Wunsch zu gehen. Er wollte losziehen, das Land bereisen und auf seiner Reise die Antworten auf die Fragen suchen, die ihn so sehr beschäftigten“, Naruto machte eine kurze Pause in seiner Erzählung und schüttelte dabei ungläubig mit dem Kopf.

„Itachi war schon immer anders als wir anderen. Während es uns erfüllte, wenn wir unser Bestes auf dem Schlachtfeld geben konnten, so hatte er schon immer nach mehr gestrebt. Er war ein sehr…. merkwürdiger Mann. Und seinem Vater… Dem hatte Itachi’s Bitte natürlich überhaupt nicht zugesagt. Er war schließlich der Stolz der ganzen Familie, sie hatten ihm Großes zugedacht und sein Leben bis zum Letzten für ihn verplant. Und nun wollte er sich von der Familie lossagen und seinen eigenen Weg gehen... Du kannst dir sicherlich vorstellen, was das für einen Aufruhr verursacht hat.“

Sakura nickte langsam. Auch, wenn sie Fugaku Uchiha bisher immer nur ruhig und schweigsam erlebt hatte, so konnte sie dennoch die Macht spüren, die er ausstrahlte. Sasuke war ihm gar nicht so unähnlich, denn beide waren eher ruhig und schweigsam, doch Sakura wusste, wie wenig dazu nötig war, damit der Schwarzhaarige seine Geduld verlor und seine Wut die Überhand gewann. Wieso sollte es also bei seinem Vater anders sein?

„Und was ist dann geschehen?“, fragte sie neugierig. „Hat er es sich verbieten lassen?“

Naruto stieß ein atemloses Lachen aus und warf den Kopf dabei in den Nacken, als amüsiere er sich köstlich über einen Witz, den sie gerade gerissen hatte. Die Rosahaarige zog jedoch nur skeptisch eine Augenbraue nach oben, denn sie verstand nicht, was an dieser einfachen Frage so lustig sein sollte.

„Itachi? Sich verbieten lassen? Niemals“, lachte er laut und wischte sich sogar eine Lachträne aus dem Gesicht. Mit einmal wurde er jedoch wieder ernst, das Lachen verschwand aus seinem Gesicht und Sakura bekam eine Gänsehaut bei seinem abrupten Stimmungswechsel.

„Nein, er ging natürlich. Auch ohne die Zustimmung seiner Eltern… Sein Vater war natürlich außer sich vor Wut, hat Itachi aus der Familie verbannt und seit jenem Tag so gelebt, als hätte es einen Itachi für ihn nie gegeben. Seine Mutter konnte nur schwer damit umgehen. Bis heute hofft sie noch insgeheim darauf, dass Itachi eines Tages wieder zu seiner Familie zurückkehren wird, doch am schlimmsten… Am schlimmsten hat es wohl Sasuke getroffen.“

Er machte eine kurze Pause in seiner Erzählung, ehe er leise anführte: „Bis zu diesem Zeitpunkt war er immer nur der Zweitgeborene gewesen. Itachi’s kleiner Bruder, der ihm nacheiferte, jedoch nie in etwas überbieten konnte. Und plötzlich war der große Bruder, sein größter Rivale, einfach so verschwunden und Sasuke’s Vater zögerte nicht lange und drückte ihm bereits nach kurzer Zeit Itachi’s Lasten und Pflichten auf. Plötzlich stand Sasuke im Mittelpunkt der Familie. Er sollte nun der spätere Hausvorstand werden, der Familie Ehre bringen, ein ruhmreiches Leben führen und im Vergleich zu seinem Bruder einen Lebensweg einschlagen, der dem eines Uchiha’s würdig ist.“

 

Naruto schwieg daraufhin und gab ihr somit offensichtlich die Möglichkeit, das eben Gehörte zu verarbeiten. Und diese Zeit brauchte sie auch ganz dringend, denn das unangenehme, bedrückende Gefühl, dass sie beschlich, breitete sich immer mehr in ihrem Körper aus. Sie fühlte sich hin- und hergerissen, zwischen dem Drang einfach aufzustehen, ins Haus zurückzukehren und damit Naruto’s Erzählungen und den damit verbundenen Erkenntnissen ein schieres Ende zu setzen, und ihrer unstillbaren Neugier, die sich noch nicht einmal mit ihrem jetzigen Wissen zufrieden geben wollte.

Die Rosahaarige konnte vielleicht versuchen den schweren Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken, doch gegen die Taubheit, die sich vor Schock angefangen hatte, in ihren Gliedern auszubreiten, konnte sie nicht gewinnen. Es hätte anders kommen können, dachte sie traurig. Unter anderen Umständen, hätte Sasuke’s Bruder vor sieben Jahren anders entschieden, wäre Sasuke frei gewesen. Er hätte nicht die Last einer ganzen Familie auf seinen Schultern zu getragen, hätte keinen allesentscheidenden Ruf zu verlieren und vielleicht… ja, vielleicht hätte er sie so auch lieben dürfen. Wenn sein Bruder nur nicht gegangen wäre…

Doch war es richtig? Konnte sie wirklich ihr eigenes Glück über das der anderen stellen? Wäre Itachi nicht gegangen, so hätte er nie die Chance erhalten eventuell Antworten auf seine Fragen zu finden. Wäre er nicht gegangen, hätte Sasuke vielleicht auch nie den Ruhm und die Anerkennung erfahren, die er sich so sehr gewünscht und für die er so hart gekämpft hatte. Und wäre er nicht gegangen… wäre Sasuke vielleicht auch nicht zu dem Menschen geworden, den sie kennen und lieben gelernt hatte.

Sie stieß ein leises Seufzen aus, als ihr bewusst wurde, dass es falsch war, zu versuchen Itachi nun für alles die Schuld zu geben.

Als sie sich nun wieder Naruto zuwandte, bemerkte sie, dass er sie aufmerksam beobachtete, als wüsste er genau, was im Moment in ihr vorging und sie fühlte sich unbehaglich unter seinem Blick.

„Wie hat Sasuke dann auf die Entscheidung seines Vaters reagiert, dass er nun zum neuen Hausvorstand werden sollte?“, fragte sie vorsichtig und Naruto blinzelte einige Male verwirrt, als hätte sie ihn mit ihrer Frage aus den Gedanken gerissen. Nach einem kurzen Augenblick hatte er sich jedoch wieder gefangen und ließ seinen Blick über das dunkle Gras schweifen, welches durch den sanften Nachtwind hin- und her gewogen wurde.

„Nun ja, zuerst hatte er sich natürlich darüber gefreut“, setzte er zögerlich an und kniff dabei jedoch die Augen zusammen, als fiele es ihm schwer, sich richtig daran zu erinnern.

„Er war damals gerade einmal elf Jahre alt und hatte angenommen, zum neuen Erben des Clans zu werden, würde ihm auch gleichzeitig die ersehnte Ehre, Anerkennung und Liebe einbringen. Doch da lag er falsch.“ Naruto holte einmal tief Luft und fuhr sich nachdenklich durch das sonnengelbe Haar, welches selbst in der Schwärze der Nacht noch gut erkennbar war.

„Sasuke hatte damals schmerzlich feststellen müssen, dass es auf der Welt nichts geschenkt gab. Weder Liebe, noch Anerkennung… und die Wertschätzung seines Vaters schon gar nicht. Er verhielt sich zwar so, als hätte es Itachi für ihn nie gegeben, aber dennoch erwartete er von Sasuke die gleichen, wenn nicht sogar noch größere Erfolge zu erzielen, wie Itachi es in seinem Alter bereits getan hatte. Für Sasuke war es anfänglich schwer und beinahe schon fast unmöglich, die hohen Erwartungen seines Vaters zu erfüllen, aber dennoch war er nun mal das, was er ist: Ein Uchiha…“

Er machte erneut eine kurze Pause in seiner Erzählung, verlagerte dabei das Gewicht und blickte wieder in den hellen Sternenhimmel hinauf.

„Er war dazu bereit für das, was er wollte und das, was er begehrte alles zu geben und so hart zu arbeiten, wie noch keiner vor ihm. Eine Niederlage machte ihn nur noch stärker, trieb seinen Kampfgeist bis zum Äußersten und das machte ihn oftmals unberechenbar. Er begriff schnell, lernte andere Menschen genau zu beobachten und sie daraufhin perfekt einzuschätzen und sogar nach seinen Vorstellungen zu manipulieren. Es dauerte eine Weile, aber irgendwann hatte er es geschafft und konnte erste Erfolge verzeichnen. Aus kleinen Erfolgen wurden größere und das ging immer so weiter, bis er es nun endlich geschafft hatte. Er hat es zu einer Spitzenposition am Hofe des Shoguns geschafft, ist nun der Kommandant einer eigenen Einheit und gehört zum engsten Beraterstab der Tokugawa‘s.  Die Wertschätzung, den Stolz und die Anerkennung seiner Familie hatte er sich schon lange verdient und Itachi’s Erfolge mittlerweile sogar überboten.“

Er stieß ein amüsiertes Lachen aus, als er anfügte: „Tja, so war Sasuke halt schon immer. Sobald er etwas begehrte, dann nicht nur halbherzig. Er wollte es voll und ganz, und hat nicht eher geruht, bis er letztendlich das erreicht hatte, was er wollte. Auch, wenn er dafür das Unmögliche möglich machen musste, Sasuke hat es immer irgendwie geschafft.“

 

Sakura hörte Naruto schweigend bei seiner Erzählung zu und begann über das eben Gehörte nachzudenken. Langsam fing sie an zu verstehen, wie Sasuke zu der Person werden konnte, die er heute war. Ihm blieb gar nichts anderes übrig, sehnte er sich doch eigentlich nur nach der Liebe und Anerkennung seiner eigenen Familie. Er begehrte sie mehr als alles andere und war daher auch bereit die schwere Last, die ihm mittlerweile auf den Schultern lastete, zu tragen, ohne sich auch nur ansatzweise darüber zu beschweren. Doch war das wirklich Liebe?

„Also… Bedeutet Liebe nichts anderes als Begierde?“, fragte die Rosahaarige zaghaft und Naruto pustete lautstark die Luft, die er soeben eingeatmet hatte, wieder aus. Scheinbar war er mit dieser Frage ebenso überfragt, wie sie selbst.

Nach einer kurzen Pause schüttelte er jedoch nachdenklich den Kopf und führte an: „Nein… Nein, ich glaube nicht, dass es das bedeutet. Ich denke, die Liebe ist eine Voraussetzung dafür, dass man etwas so sehr begehren kann, aber bloße Begierde ist keine Liebe. Liebe ist vielmehr…“, er unterbrach sich selbst und trommelte geistesabwesend mit den Fingern auf dem kühlen Gras herum, als er fiebrig nach den richtigen Worten zu suchen schien.

„Wärme. Liebe ist Wärme, schätze ich. Und Geborgenheit. Sie gibt einem das Gefühl, nicht allein zu sein und man weiß, dass man mit der Person, die man liebt, einfach nur glücklich sein kann. Liebe ist… wie ein zuhause irgendwie. Mit seiner bloßen Existenz scheint es dich vor allen Gefahren dieser Welt zu beschützen und egal, wohin einen die Reise des Lebens verschlägt… zu ihr wird man immer wieder zurückkommen.“

Eine Gänsehaut erfasste die Rosahaarige, als sie über diese Worte und ihre Bedeutung nachdachte. Naruto hatte recht, denn Liebe schien wirklich viel mit Wärme und Geborgenheit zu tun zu haben, denn sie hatte genau das jedes Mal gespürt, wenn sie mit Sasuke zusammen war. Eine innere, zärtliche Wärme, die ihren Körper durchflutete und ihr kleines, flattriges Herz schützend einhüllte, die beruhigende Gewissheit, dass ihr in seiner Gegenwart niemals etwas geschehen könnte und die wachsende Sehnsucht nach seinen Zärtlichkeiten, sobald sie auch nur an seinen Namen dachte. Das alles war also Liebe. Doch spürte Sasuke das wirklich auch für sie? Heute hatte er es ihr gesagt, er hatte ihr seine Liebe gestanden und sie sein Herz genannt… Seine Passion.

Doch konnte das überhaupt möglich sein? Sein ganzes Wesen trug einen kühlen, dominanten Wesenszug und Sakura konnte sich nur schwer vorstellen, wie so etwas wie Wärme dazu passen sollte. Soweit sie sich erinnerte, war die kühle, introvertierte Art ein Wesenszug, den sich alle Uchiha’s teilten. Selbst seine Mutter, Mikoto Uchiha, war zwar eine herzliche und freundliche Frau, aber auch ihr war eine gewisse Kälte nicht abzusprechen.

Konnte das vielleicht der Grund dafür sein, dass er glaubte, sie zu lieben? Weil sie selbst mit ihrer warmen, herzlichen und aufgeschlossenen Art das Gegenteil zu ihm selbst und seiner Familie darstellte? Sakura wurde ganz schwindelig bei dem Gedanken und zerstreut strich sie mit kreisenden Bewegungen über den dunklen Stoff ihres Kosoden, welcher ihre Beine umhüllte.

Insgeheim fragte sie sich, woher Naruto eigentlich so viel über das Thema Liebe wusste, denn eigentlich hatte sie ihm eine so sentimentale Ader gar nicht zugetraut. Sie beschloss, diesen Gedanken vorerst als Ablenkung zu betrachten und wandte sich erneut ihrem chaotischen Herren zu.

„Woher… woher weißt du eigentlich so viel über die Liebe?“, begann sie zögerlich und ließ ihn dabei keine Sekunde aus ihren wachsamen Augen. „Könnte es sein… Könnte es vielleicht sein, dass du selbst in jemanden verliebt bist?“

 

Naruto reagierte fast genauso, wie die Rosahaarige es beinahe schon erwartet hatte. Er zuckte ertappt zusammen und die Röte, die sich auf seinen Wangen breit machte, war selbst in der Dunkelheit ersichtlich. Seine blauen Augen huschten hilfesuchend über die im Wind wehenden Grashalme, scheinbar in der Hoffnung möglichst schnell eine passable Antwort zu finden, doch Sakura grinste wissend vor sich her. Sie hatte ihre Antwort bereits erhalten.

Sie ging sogar noch einen Schritt weiter, indem sie weiterfragte: „Ist es vielleicht Hinata?“

Der entgeisterte Blick, den er ihr daraufhin zuwarf, beantwortete erneut ihre Frage, noch bevor er ihr wirklich antworten konnte und sie lächelte belustigt darüber, wie leicht man Naruto doch durchschauen konnte.

„Woher weißt du-“, setzte er fragend an, unterbrach sich jedoch selbst wieder, als ihm scheinbar bewusst wurde, dass sein Verhalten in Gegenwart der Hyuuga mehr als eindeutig gewesen sein musste. Er veränderte seine Haltung, zog die Beine an seinen Körper, umfasste haltsuchend seine Fußknöchel, sodass er anschließend im Schneidersitz neben ihr saß und nervös hin und her schaukelte.

„Ich weiß auch nicht“, gab er letztendlich zu und ein kleines Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er scheinbar begann über die Blauhaarige nachzudenken. „Sie ist so anders… So aufmerksam, unglaublich lieb und fürsorglich… Teilweise ist sie auch sehr ruhig und schüchtern, aber ich weiß, wenn ich sie brauche, kann ich mich einfach immer auf sie verlassen…“

Sakura zog die Beine an ihren Körper heran und bettete ihre Arme anschließend darauf, als sie ihrem Herren lächelnd dabei zuhörte, wie er schwärmerisch schon nahezu nicht einmal mehr aufhören konnte, Hinata’s gute Seiten aufzuzählen. Es freute sie sehr, dass auch Hinata endlich das Glück erfahren durfte, welches die Liebe schon beinahe automatisch mit sich brachte, und Naruto war wahrlich keine schlechte Partie.

„Manchmal hab ich das Gefühl, sie ist vielleicht soetwas, wie mein Gegenpart. Ein Stück, das extra nur für mich geschaffen wurde, um meine Schwächen auszugleichen und zusammen… zusammen sind wir irgendwie vollkommen.“ Er stieß ein heiteres Lachen aus und kratzte sich peinlich berührt am Hinterkopf, ehe er jedoch etwas ernster fortfuhr: „Ich weiß, ich rede komisches Zeug daher… Tut mir leid.“ Geknickt ließ er die Schultern sinken.

„Mir ist ja bewusst, dass sie nicht so dumm ist, meine Gefühle zu erwidern. Ich bin nicht gerade der Traummann, den ihr Mädchen euch so vorstellt… Ich bin nicht sonderlich schlau, besitze nichts weiter, habe keine Familie und das Einzige, was ich wirklich kann, ist kämpfen, essen und schlafen. Das sind nicht unbedingt die besten Voraussetzungen nicht wahr?“ Dem leisen Lachen, welches er ausstieß, schwang ein deprimierter, fast schon verzweifelter Unterton mit und Sakura zeriss es nahezu das Herz.

 

Aufbauend legte sie ihm eine Hand auf die Schulter und meinte zuversichtlich: „Das ist doch quatsch, Naruto. Du bist du und du bist ein wunderbarer Mensch. Du brauchst weder Reichtümer, noch eine riesige Familie um Hinata glücklich zu machen. Du liebst sie doch und das allein ist der größte Schatz, den du ihr je schenken können wirst. Und was die Familie betrifft, so wirst du ihre Familie sein. Wer weiß, in ein paar Jahren habt ihr vielleicht sogar schon eigene Kinder… Was sollte sich Hinata denn Größeres wünschen können?“ Sie lächelte ihm aufmunternd zu und war heilfroh, als er ebenfalls zu grinsen begann und meinte: „Du redest ja fast so, als wäre es schon ganz offensichtlich, dass sie mich auch lieben könnte.“

„Nun, vielleicht tut sie das ja sogar“, entgegnete sie nur geheimnisvoll, konnte sich jedoch ein wissendes Grinsen nicht ganz verkneifen. „Du wirst es jedoch nie erfahren, wenn du nicht den Mut und die Initiative ergreifst und versuchst ihr näher zu kommen.“

Der Blondschopf stieß ein leichtes, aber auch hoffnungsvolles Seufzen auf, ehe er zugab: „Ich glaube, du hast recht. Aber meinst du wirklich, sie könnte jemanden wie mich… wirklich lieben?“

Die Rosahaarige konnte daraufhin nur ungewiss mit den Schultern zucken. „Ich weiß es ehrlich nicht. Doch wenn du mich fragst… Wäre sie ziemlich töricht, wenn sie es nicht tun würde.“

Noch bevor sie sich versah, hatte Naruto plötzlich ihr Handgelenk ergriffen und sie an sich in eine feste Umarmung gezogen. Sie blinzelte peinlich berührt und wusste zunächst nicht, wie sie diese Handlung seinerseits deuten sollte, bis er jedoch fröhlich hauchte: „Danke Sakura.“

Mit einem Mal wurde ihr ganz warm ums Herz und ihre überraschte Mine, wich einem fröhlichem Lächeln, denn sie freute sich, wenn sie es geschafft hatte, zwei Menschen, die ihr lieb und teuer waren, ein Stückchen näher zusammenzubringen.

Als er sie wieder langsam aus seiner Umarmung entließ, strahlte er sie überglücklich an und erhob sich anschließend.

„Du hast recht, ich werde bei der nächsten Gelegenheit die Initiative ergreifen und auf Hinata zugehen. Vielleicht habe ich ja mehr Glück als Verstand und die Sache geht gut aus.“ Er streckte sich einmal ausgiebig, da ihm seine Muskeln in all der Zeit, in der sie beieinander gesessen und geredet hatten, scheinbar eingeschlafen sein mussten.

„Es ist mittlerweile ziemlich spät geworden und ich werde nun ins Haus zurückgehen. Kommst du mit?“, fragte er fürsorglich, doch sie schüttelte nur lächelnd den Kopf. Es war eine schöne Nacht und sie wollte den Moment einfach noch etwas länger auskosten und weiterhin ihren Gedanken nachhängen. Naruto schien dies still zu akzeptieren, da er nur einfach mit den Schultern zuckte, sich abwand und gemächlich zum Haus zurückkehrte. Auf halbem Wege blieb er jedoch noch einmal stehen und als er sich zu ihr umdrehte, war in seinem Gesicht nichts als Sorge zu erkennen.

„Ich möchte dich zum Schluss noch um etwas bitten, Sakura. Ich kenne Sasuke nun schon seit sehr langer Zeit und weiß, dass er nicht so schnell aufgeben wird, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Ich werde auf dich aufpassen, so gut ich kann, aber dennoch werde auch ich nicht immer da sein. Pass bitte auf dich auf, denn ich weiß nicht, wie weit Sasuke bereit wäre zu gehen, um das zu bekommen, was er will…“

Schweigend saß sie da und ließ erneut ihren Blick zum dunklen Himmel wandern. Eine dichte, dunkle Wolke hatte sich vor den hellen Mond geschoben und verdunkelte somit die Nacht, so dass es um einiges schwerer wurde, immer noch klar zu sehen. Naruto war wieder ins Haus zurückgegangen, doch Sakura war nicht so dumm, seine Warnung nicht durchaus ernst zu nehmen.

Auch sie wusste nicht, was wohl in Sasuke’s Kopf vorgehen mochte, was er dachte und was seine eigentlichen Ziele waren. Würde er wirklich nicht aufgeben und sie notfalls sogar mit Gewalt an sich binden wollen, was sollte sie dann nur tun…?

 

Die Tage vergingen, aus Tage wurden Wochen und der Sommer neigte sich dem Ende entgegen, während bunte und herunterfallende Blätter den Beginn des Herbstes einleiteten. Die Temperaturen sanken merklich und Sakura versuchte sich gemeinsam mit den anderen auf den immer näher rückenden Winter vorzubereiten.

Naruto hatte nach dem Gespräch mit der Rosahaarigen nicht lange Zeit vergeudet und bereits die darauffolgenden Tage genutzt um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen und Hinata dabei näher zu kommen. Auch, wenn die Hyuuga sich zunächst noch sehr schüchtern zeigte und ihrem Herren aus lauter Verlegenheit auswich, hatte es dennoch nicht lange gedauert, ehe auch sie es schaffte in seiner Gegenwart immer mehr aufzutauen. Letztendlich konnte sich der junge Krieger nach mehreren Wochen auch endlich dazu durchringen und Hinata seine aufrichtigen Gefühle gestehen.

Seit jenem Tag an waren beide sogut wie unzertrennlich und auch die Beziehung zwischen Ino und ihrem Wanderer Shikamaru schien immer fester und intensiver zu werden. Die meiste Zeit des Tages verbrachte Ino nun mit dem jungen Mann, über den sie sich genauso viel aufzuregen schien, wie sie über ihn zu schwärmen hatte. Sakura freute sich sehr über das Glück ihrer Freundinnen, auch, wenn sie sich selbst dadurch manchmal sehr einsam fühlte.

Nach all den Wochen war Sasuke nicht ein einziges Mal aufgetaucht, hatte nicht mal im Ansatz versucht ihre Nähe aufzusuchen oder überhaupt Kontakt zu ihr aufzunehmen. Er hatte sich offensichtlich wirklich mit ihrer Entscheidung abgefunden und sie wieder genauso schnell aus seinem Leben gestrichen, wie er sie darin aufgenommen hatte. Auch, wenn Sakura ihre Entscheidung nach wie vor für die Richtige hielt, war sie sich dessen bewusst, dass sie ihn durchaus vermisste. Sie ärgerte sich selbst über die Tatsache, dass sie nicht einfach weitermachen konnte, wie alle anderen auch. Wieso konnte sie nicht einfach vergessen? Einen Neuanfang wagen und alle Erinnerungen an ihn und die gemeinsame Zeit hinter sich lassen? Warum konnte ihr Herz nicht endlich aufhören, sich nach ihm zu sehnen?

Ein deprimiertes Seufzen entwich ihr, als sie die schweren Wassereimer, die sie soeben an der Quelle im Wald aufgefüllt hatte und nun zurück zum Haus bringen wollte, auf dem Boden abstellte und sich angestrengt den Schweiß von der Stirn wischte. Das Laub raschelte laut, als das Holz des Eimers mit seinem vollen Gewicht auf ihm lastete und somit die einzelnen Blätter unter sich platt presste.

Wieso musste die Sache mit den Gefühlen auch so schwierig sein? Warum musste sie ihn immer noch lieben, wenn es ihm doch scheinbar um so vieles leichter fiel, mit allem abzuschließen? Jedem war es offenbar vergönnt glücklich zu werden, nur sie selbst war einfach nicht stark genug um ihre Gefühle zu kontrollieren und endlich einen Neuanfang zu wagen.

 

Nach einer kurzen Verschnaufpause legte sie nun auch den letzten Weg bis zum Haus zurück, ging in die Küche und mit einer geübten Bewegung hob sie einen der Eimer an und goss das Wasser in die dafür vorgesehenen Behälter. Es war wichtig sich für den Winter nicht nur mit entsprechenden Lebensmittelvorräten auszustatten, sondern es musste auch gleichzeitig für genug Wasser gesorgt sein. Der lange Weg zur Quelle war beschwerlich und gerade im Winter, wenn die Kälte an den Knochen nagte, musste ein erneuter Gang zur Quelle unglaublich anstrengend und Kräfte raubend sein.

Sakura störte sich nicht weiter daran, dass sie nun größtenteils alleine für die Auffüllung der Wasservorräte zuständig war, schließlich lenkte sie die Arbeit weitestgehend ab. Ihre Freundinnen hatten ohnehin momentan wichtigeres zu tun und damals hatten sie ihrerseits auch auf sie Rücksicht genommen, als sie ihre Zeit noch größtenteils mit einem gewissen schwarzhaarigen Krieger verbrachte. Nun war es durchaus mal an der Zeit, dass auch sie Rücksicht auf die anderen nahm.

Hinata war mit Naruto bereits vor Stunden in die Stadt gegangen und Sakura wusste, dass es keine Seltenheit war, dass sie auf ihrem Weg bis zum Marktplatz durchaus den einen oder anderen Umweg machten, um den gemeinsamen Spaziergang für intensive, lange Gespräche zu nutzen. Ino verbrachte wieder einige Zeit mit ihrem Shikamaru und würde gewiss nicht vor der Abenddämmerung zurück sein.

Mit langsamem Schritt verließ Sakura das Haus wieder um die Eimer in den kleinen Schuppen daneben zu bringen, wo sie hingehörten. Eigentlich erwartete niemand von ihr, dass sie allein die Hausarbeit stemmte und sogar mehrmals am Tag zur Quelle in den Wald lief um Wasser zu holen, aber sie hatte festgestellt, dass die Arbeit, die im Haus anfiel, soweit das Einzige war, dass sie davon abhalten konnte, sich wieder erneut in ihren Erinnerungen zu verlieren.

Sie stellte die nun leeren Eimer wieder in einer Ecke des dunklen, hölzernen Schuppens ab. Was Sasuke wohl in diesem Moment tat? Ob er mittlerweile wohl froh darüber war, dass sie ihn damals abgelehnt und somit auch für ihn indirekt eine Entscheidung getroffen hatte? Ob er nun glücklich war, mit Karin an seiner Seite?

 

Als sie den kleinen Schuppen wieder verließ, schob sie die große Holztür wieder zurück an ihren Platz, als sie jedoch unerwartet vom Schatten eines Unbekannten eingehüllt wurde.

Sie wandte sich zur Seite um dem fremden Besucher entgegenzublicken, erschrak  jedoch, als ihr bewusst wurde, wer da vor ihr stand. Breite Schultern, markante Gesichtszüge, abstehende, schwarze Haare mit langen Stirnfransen und ebenso schwarze, undurchdringliche Augen, die sie musterten. Sasuke…

Nach so vielen Wochen war er nun hier aufgetaucht, Sakura jedoch wusste nicht, ob sie sich darüber freuen, oder lieber eiligst die Flucht ergreifen sollte. Er sagte kein Wort, sondern stand einfach nur da und starrte sie an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen. Sie konnte in seinem Blick jedoch nicht lesen, was seine genauen Absichten waren und wieso er hergekommen war.

War er gekommen, um noch einmal mit ihr zu reden? Wollte er erneut, dass sie ihre merkwürdige Beziehung zu ihm weiterführte? Oder hatte er etwas ganz anderes im Sinn? Ihr war bewusst, dass sie scheinbar immer noch auf seine Kosten bei Naruto lebte, schließlich hatte dieser nicht einmal angedeutet, dass es für ihn nun schwerer sein würde für ganze vier Personen den Lebensunterhalt zu zahlen. War er also gekommen um mit Naruto darüber zu reden, dass er nicht länger für ihre Zukunft sorgen würde?

Doch der Schwarzhaarige sagte nichts. Er machte auch keine Anstalten auf sie zuzugehen oder eventuell Naruto zu suchen. Stattdessen sah er sie einfach nur an und eine unangenehme Gänsehaut suchte die Rosahaarige heim, als sie sich unter seinem durchdringenden Blick immer kleiner und schwächer fühlte. Warum nur tat er nichts?

Als hätte sie diesen Gedanken laut ausgesprochen, griff Sasuke plötzlich ohne jede Vorwarnung nach vorne, umfasste ihr Handgelenk mit einem eisernen Griff, wirbelte herum und zog sie unachtsam hinter sich her. Sakura wusste nicht, wie ihr geschah und nach dem ersten Schock, der sie heimgesucht hatte, versuchte sie sich gegen Sasuke’s Griff zur Wehr zu setzen, wusste jedoch bereits im Voraus, dass ihre Gegenwehr nichts bringen würde. Er war einfach zu stark und würde nicht zulassen, dass sie sich ihm entzog. Zumindest nicht, bis er sie da hatte, wo er sie haben wollte…

Mit schnellem Schritt lief er mit ihr auf die großen Stadttore zu, durchquerte mehrere Straßen und Wege und störte sich nicht einmal daran, als sie aufgrund des Tempo’s und ihrer immer noch anhaltenden Gegenwehr stolperte und hart auf dem Boden aufschlug. Er zog sie einfach wieder auf die Beine und setzte seinen Weg fort, als wäre nichts geschehen. Nicht einmal die Leute, die an ihnen vorbeikamen, tuschelnd die Köpfe zusammensteckten und auf sie zeigten, schienen ihn zu interessieren und Sakura stiegen allmählich die Tränen in die Augen, denn sie konnte sich sein merkwürdiges Verhalten einfach nicht erklären.

„Was hast du vor?“, wimmerte sie verzweifelt, denn auch, wenn ihr Herz einen kleinen Freudensprung gemacht hatte, als sie ihn nach all der Zeit endlich wieder sehen konnte, so verängstigte sein derzeitiges Verhalten sie nun erneut.

„Wo willst du mit mir hin?“ Dicke Tränen rannen ihr über die Wangen, als ihr Naruto’s Warnung wieder einfiel: „Ich werde auf dich aufpassen, so gut ich kann, aber dennoch werde auch ich nicht immer da sein. Pass bitte auf dich auf, denn ich weiß nicht, wie weit Sasuke bereit wäre zu gehen, um das zu bekommen, was er will…“

War es nun soweit? Hatte er wie ein hungriger Wolf in Deckung gewartet, bis der Jäger das Haus verließ und er sich an seine schutzlose Beute anschleichen konnte? War es ihm nun egal geworden, was sie sagen und ob sie ihn akzeptieren würde und er war nun bereit sich einfach zu nehmen, was er begehrte? Nun war er unberechenbar, wie eine zündelnde Feuerwaffe, die jeden Moment ihre Kugel verschießen und damit unheilbaren Schaden anrichten würde.

 

Als er jedoch abrupt stehen blieb und plötzlich ihr Handgelenk freigab, musste Sakura stark abbremsen um nicht in ihn hineinzulaufen. Ängstlich sah sie sich in ihrer Umgebung, in welche er sie gebracht hatte, um und selbst durch ihren Schleier aus Tränen, der ihre Sicht verschwimmen ließ, konnte sie sofort erkennen, wo sie war. Ein großes, hölzernes Flügeltor mit einem weiß-rotem Fächer darauf abgebildet, eine lange, steinerne Mauer, auf dem in gewissen Abständen ebenfalls der weiß-rote Fächer prangte und selbst die großen Kirschbäume, deren Kronen nun ebenfalls in den bunten Farben des Herbstes leuchteten und selbst über die hohe Mauer hinwegragten, konnte sie es zweifelslos wiedererkennen. Das Anwesen der Uchiha…

Er hatte sie zu sich nach Hause geführt, aber warum? Sie warf ihm einen wachsamen Blick zu, denn sie konnte nach wie vor nicht deuten, was genau er mit ihr vorhatte.

Mittlerweile hatte er sich wieder zu ihr umgedreht und die Entschlossenheit, die er ausstrahlte, wirkte auf sie gleichermaßen erschreckend, als auch faszinierend. Als er endlich zu sprechen anfing, bot er ihr jedoch nicht die erhofften Erklärung, sondern stellte er ihr nur eine Frage: „Liebst du mich?“

Ihre Augen weiteten sich und ihre Stimme zitterte leicht, als sie begann: „I-Ich…“

Weiter kam sie jedoch nicht, denn er schien zu bemerken, dass sie nach einer Ausrede suchte und unterbrach sie grob: „Ich will die Wahrheit wissen. Liebst du mich noch? Ja oder nein?“

Kapitulierend ließ sie die Schultern sinken, denn sie wusste, dass es nichts brachte, wenn sie ihn anlog.

„Ja, schon…“ Ihr Geständnis war leise, fast nur ein Hauch und sie wandte beschämt den Blick ab. Wie könnte sie ihn auch nicht lieben? In all den vergangenen Wochen hatte sie krampfhaft versucht sich abzulenken und die vergangene Zeit mit ihm zu vergessen, doch egal, was sie auch tat und wie sehr sie sich anstrengte, ihr Herz schien diese Ablenkung einfach nicht zuzulassen. Sie sehnte sich nach seiner Wärme, die sie jedes Mal spüren konnte, wenn sie mit ihm zusammen war. Vermisste seine zärtlichen Berührungen, mit denen er sie schier um den Verstand bringen konnte und insgeheim schämte sie sich ihrer eigenen Schwäche. Sie war wie eine Abhängige und er hatte sie süchtig gemacht. Süchtig nach ihm, nach seinem Körper und vor allem… nach seiner Liebe.

Doch sie hatte auch eine Entscheidung getroffen. Eine Entscheidung, die nur ihrem beider Wohl gelten sollte und auch, wenn es ihr unglaublich schwer fiel, diese Entscheidung nicht zu bereuen, so durfte sie jetzt keinen Rückzieher machen. Sie musste ihm sagen, dass ihre Gefühle nicht von Bedeutung waren, dass es nicht wichtig sein konnte, was sie dachte oder fühlte. Denn sonst wäre es zu spät und die letzten, langen Wochen des Schmerzes und der Trauer wären für umsonst gewesen und würden sich wahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin wiederholen.

Allerdings kam sie gar nicht dazu, Widersprüche einzulegen und ihm die Sacherlage erneut zu erklären, denn plötzlich hatte er die Hand gehoben, den Saum ihrer Haube ergriffen und sie ihr mit einer schwungvollen Bewegung vom Kopf gerissen.

Panik erfüllte die Rosahaarige, als sie mit wachsendem Entsetzen sah, wie ihre weiße Haube auf den dreckigen Feldweg hinabsank und ihre langen, rosa Haare auf ihre Schulter hinabfielen. Er hatte ihr in der Öffentlichkeit die Haube abgenommen und sie damit offen Bloß gestellt. Haare galten als Symbol der Sinnlichkeit und es war Frauen niederen Ranges nur dann erlaubt, ihre Haare offen zu tragen, wenn sie alleine oder verheiratet waren. Auf Sakura traf jedoch beides nicht zu, doch noch bevor sie nach unten schnellen, ihre Haube aufheben und wieder auf ihren Kopf pressen konnte, hatte er bereits erneut ihr Handgelenk ergriffen, das schwere Flügeltor zum Anwesen der Uchihas aufgestoßen und sie mit sich hineingezogen.

 

Es hatte sich nichts verändert, seit sie den Hof vor einem halben Jahr verlassen hatte und melancholisch bemerkte sie, dass sie genau vor einem Jahr zum ersten Mal durch dieses Tor und in den Dienst der Uchiha’s getreten war. Doch den Grund, warum sie dieses Tor nun erneut passieren sollte, verstand sie nicht. Was hatte er vor? War es sein Ziel sie nun vor seiner ganzen Familie bloßzustellen, ihren Ruf endgültig zu ruinieren und noch mehr Schande über sie zu bringen, indem er offen zugab, dass sie mit ihm geschlafen hatte? Oder wollte er seine Familie nun, da er wusste, dass sie ihn noch immer liebte, dazu überreden, dass sie sie wieder als Dienstmagd einstellten, nur, damit er sie näher bei sich hatte? Doch warum hatte er ihre Haare enthüllt?

Er zerrte sie durch das halbe Haus hinter sich her und erst im Gemeinschaftsraum kam er schließlich zum stehen. Fugaku und Mikoto Uchiha saßen an dem teuren Mahagonitisch und sahen überrascht auf, als Sasuke plötzlich mit ihr im Schlepptau in den Raum stürmte. Seine Mutter hatte die Augen weit aufgerissen, während ihr Mann nur missbilligend eine Augenbraue hochzog und seinen Sohn mit einer Mischung aus Argwohn und Skepsis betrachtete.

„Was soll dieser Auftritt, Sasuke? Und wer ist dieses Mädchen?“, fragte er ruhig, doch in seiner Stimme schwang ein bedrohlicher Unterton mit, der erkennen ließ, dass seine Ruhe sich jederzeit zu einem brisanten Sturm entwickeln konnte.

„Sakura, bist du das?“, fragte Mikoto mit ihrer gewohnt sanften Stimme und kniff verwundert die Augen zusammen, als könne sie sie so besser erkennen. Es war ihr anzumerken, dass sie versuchte sich auf ihr Gesicht zu konzentrieren, doch die langen rosa Haare schienen sie immer wieder aus dem Konzept zu bringen.

Sakura wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Sollte sie antworten und sich zu erkennen geben, würde man sie sicherlich auf der Stelle wieder aus dem Haus werfen, doch würde sie weiter schweigen und so tun, als hätte sie einfach nichts gehört, machte sie das auch nicht gerade zu einem willkommenen Gast.

„Wer ist Sakura?“, fragte Fugaku harsch und seine Frau schenkte ihm daraufhin ein beruhigendes Lächeln. „Unsere ehemalige Dienstmagd, Liebling“, erklärte sie an Sakura’s Stelle, jedoch schien diese Antwort dem Uchihaältesten überhaupt nicht zu gefallen.

„Eine Dienstmagd?“, fragte er perplex und sah die Rosahaarige daraufhin mit so viel Abscheu an, dass sie sich unwillkürlich ein Stückchen weiter hinter Sasuke versteckte. Sie wusste nicht, was den Schwarzhaarigen im Moment mehr aufbrachte… Die Tatsache, dass eine unehrenhaft entlassene Dienstmagd, die unteranderem noch ihre ehemalige Herrin angegriffen hatte, nun einfach so in sein Heim zurückkehrte oder vielmehr die Tatsache, dass es sein Sohn war, der diese wieder mit in sein Haus zurück gebracht hatte.

„Was hat das zu bedeuten, Sasuke?“ Mit zornigem Blick starrte er seinen jüngsten Sohn an, doch dieser wich keinen Schritt zurück.

„Ich werde Karin nicht heiraten, Vater“, antwortete er seelenruhig, als spräche er lediglich über irgendeine Nichtigkeit, wie das momentan flaue Herbstwetter. Dass seine Worte ihre Wirkung jedoch nicht verfehlten, konnte man seiner Mutter ansehen, die sich schockiert die Hand auf den Mund schlug und deren Augen sich unnatürlich weiteten. Auch Sakura starrte ihm daraufhin ungläubig auf den Hinterkopf und glaubte, sich wohl verhört zu haben. Der Einzige, der ihn nicht einmal ernst zu nehmen schien, war sein eigener Vater, denn er hob abwehrend die Hand, als wolle er Sasuke’s Worten Einhalt gebieten und meinte nur: „So ein Unsinn, natürlich wirst du das.“

Sakura spürte, dass ein leichtes Beben durch Sasuke’s Körper ging, als er sich scheinbar darüber ärgerte, von seinem Vater nicht ernst genommen zu werden. Er umschloss ihr Handgelenk etwas fester, ehe er noch einmal wiederholte, dass er nicht vorhatte, die Rothaarige zu heiraten.

Ein wildes Funkeln stahl sich in die Augen des Älteren und die Rosahaarige wusste, dass das kein gutes Zeichen war. Schließlich hatte sie dieses Funkeln nicht nur einmal bei Sasuke selbst sehen müssen und wusste, welche Wutausbrüche meistens darauf folgten.

„Denkst du wirklich, du hättest eine Wahl?“, brüllte er los und fixierte seinen Sohn dabei mit einem zornigen Blick. „Du bist ein Uchiha und du wirst die Frau akzeptieren und heiraten, die wir dir ausgesucht haben. Du wirst das neue Oberhaupt dieser Familie werden und zwar mit Karin an deiner Seite, die dir in Liebe und Treue einen Erben schenken wird. Nur so und nicht anders.“

Ein aufgeregtes Zittern durchfuhr die Rosahaarige, als sie langsam begriff, was hier vor sich ging. Er wollte Karin nicht heiraten? Etwa ihretwegen? Hatte er sie nur hierher geführt, damit sie seine endgültige Entscheidung mitbekam und auch sah, dass er sogar ihre Eltern einweihte und somit eine spätere Rücknahme nicht mehr möglich war? Hatte er ihr die Haube etwa nicht abgenommen, um sie in der Öffentlichkeit zu demütigen, sondern weil er ernsthaft vorhatte, sich an sie zu binden? Konnte das wirklich möglich sein?

 

„Ich sagte bereits, dass ich das nicht tun werde“, knurrte Sasuke zornig und auch ihm fiel es offensichtlich langsam schwer, die Ruhe zu bewahren. „Wenn ihr ein Oberhaupt haben wollt, dass irgendeine Frau heiratet, die ihr ihm ausgesucht habt wie ein Vieh auf dem Markt, dann weigere ich mich Oberhaupt einer solchen Familie zu werden.“

Ein lauter Knall ertönte, als Fugaku zornig seine geballte Faust auf den Tisch schlug, sich anschließend erhob und zornig vor seinem Sohn aufbaute.

„Nur Narren“, zischte er hasserfüllt. „Ich habe nur einen Haufen Narren großgezogen. Du bist genauso wie Itachi… Gerade einmal achtzehn Jahre alt und schon seid ihr töricht genug um zu glauben, dass ihr wisst, was das Beste für euch sei. Und warum….?“ Sein wütender Blick legte sich auf die Rosahaarige, die daraufhin ängstlich einen Schritt zurücksetzte. „Für eine Magd…“, zischte er abstoßend und spuckte ihr die Worte schon nahezu entgegen, seine Stimme dabei getränkt voller Verachtung.

Ein Ruck ging durch ihren Körper, als Sasuke sie weiter hinter sich zog und sich so zwischen seinen Vater und sie stellte, dass der Ältere nicht an sie herankommen konnte.

Sorge überkam sie, denn sie hatte nie gewollt, dass es je soweit kommen würde. Sie wollte nicht, dass er das, wofür er all die Jahre so schwer gearbeitet und so hart gekämpft hatte, einfach für sie aufgab. Sie wollte nicht der Grund dafür sein, dass er sich nun gegen seinen Vater auflehnte und vielleicht sogar noch in eine handfeste Auseinandersetzung mit diesem verwickelt wurde. Sie wollte das alles nicht…

„Wie hast du dir das in deinem jugendlichen Leichtsinn überhaupt vorgestellt?“, blaffte Fugaku aufgebracht und warf wild gestikulierend die Hände in die Luft. „Dachtest du, wenn du unser Haus verlässt, kommt irgendein Fremder daher und schenkt dir ein neues? Dachtest du, du könntest deine Arbeit am Hofe des Shoguns fortsetzen, wenn du kein Uchiha mehr bist? Dachtest du etwa, du könntest dieses Mädchen einfach so heiraten? Eine Magd? Welcher Priester wäre denn dumm genug euch zu trauen?“

Entmutigt musste sich die Rosahaarige eingestehen, dass der ältere Uchiha in diesen Punkten durchaus recht hatte. Sie war ein Nichts und egal, wie entschlossen Sasuke an die Sache heran ging, niemand wäre dazu bereit sie zwei zu verheiraten. Wenn sie jemals an seiner Liebe zu ihr gezweifelt hatte, so waren diese Zweifel nun endgültig wie weggeblasen und sie war unglaublich stolz auf ihn, für seinen Mut und seine Furchtlosigkeit. Doch er hatte die Sache nicht richtig durchdacht und das wurde ihr auch schmerzlich bewusst. Sie wollte nicht, dass er nur wegen ihr ebenfalls vor einer Zukunft ohne Heim, ohne Geld und vor allem ohne Perspektive stand.

Sanft legte sie ihre linke, freie Hand auf seinen starken Oberarm und merkte, wie sich seine Muskeln unter ihrer Berührung anspannten.

„Sasuke, du musst nicht…“, setzte sie leise an, jedoch unterbrach er sie, als er nur gleichgültig mit den Schultern zuckte und ihrem Widerworten offenbar einhalten gebieten wollte. Würde sie jetzt sagen, dass sie trotz allem keine Zukunft mit ihm wollte, wäre das ein gefundenes Fressen für seine Eltern.

„Ich muss sie gar nicht heiraten“, warf er selbstsicher in den Raum ein, fixierte jedoch nach wie vor seinen Vater, der angefangen hatte, wie ein Tiger in seinem Käfig vor seinem Sohn auf und ab zu laufen. „Es gibt andere Wege, andere Möglichkeiten. Das wisst ihr selbst.“

Fugaku schnaubte nur verächtlich, erwiderte doch zunächst nichts darauf. Scheinbar schien er zu wissen, dass es durchaus weitere Möglichkeiten gab, wie er mit ihr zusammen leben konnte, ohne sie direkt heiraten zu müssen. Sakura runzelte verwirrt die Stirn, denn sie hatte keine Vorstellung davon, was für Möglichkeiten das sein sollten?

 

Seine Mutter wirkte ziemlich aufgewühlt und war auf ihrem samtigen Sitzkissen im Laufe des Gesprächs immer kleiner geworden. Sie schien zu ahnen, welche Richtung das Ganze einnehmen würde und scheinbar fürchtete sie sich vor den Auswirkungen. Geistesabwesend strich sie sich eine lange, schwarze Haarsträhne, die sich aus ihrem lockeren Zopf gelöst hatte, hinters Ohr und blickte ihrem Sohn anschließend bittend, fast schon flehend entgegen.

„Ich verstehe dich nicht ganz, Sasuke… Was hast du denn an Karin auszusetzen? Sie ist wunderschön, gebildet, kultiviert und wurde ihr ganzes Leben darauf hin trainiert dir die perfekte Frau zu sein. Warum willst du sie denn nicht?“

Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte Sakura eine Bewegung im Türrahmen und als sie den Kopf wandte, sah sie Karin dort stehen. Ihre ehemalige Herrin hatte sich kaum verändert, ihre strahlenden, roten Haare trug sie offen und ihre Haltung war so gerade und aufrecht, wie eh und je. Die einzige Veränderung, die sie feststellen konnte, hatte in Karin’s Augen stattgefunden. Sie waren zwar nach wie vor so rot wie die Abenddämmerung, aber bisher kannte sie nur ihren gleichgültigen, erhabenen und ebenso ihren hasserfüllten Blick. Doch wie sie nun dastand, die Hände niedergeschlagen in den braunen Türrahmen gekrallt, die Augen verzweifelt, schon fast weinerlich auf Sasuke gerichtet, wirkte sie fast wie ein ausgesetztes, kleines Kind. Sakura musste sich eingestehen, dass die Rothaarige Sasuke in all den Wochen und Monaten scheinbar durchaus ebenfalls zu lieben begonnen hatte. Sie hatte eine ordentliche Ausbildung erfahren und alles in ihrem Leben hatte sich um ihre zukünftige Ehe mit dem Schwarzhaarigen gedreht, doch nun war es auch noch ausgerechnet eine verhasste Dienstmagd, die auftauchte und versuchte ihr nicht nur ihre neugewonnene Liebe wegzunehmen, sondern ihr damit auch noch indirekt das gesamte Leben zerstörte. Sakura fühlte sich schuldig und empfand Mitleid für sie, ganz gleich, was in der Vergangenheit zwischen ihnen vorgefallen war.

Sie hörte, wie Sasuke genervt die Luft ausstieß und zu einer Antwort ansetzte: „Es ist mir egal, wer sie ist, wie sie aussieht und wie sie erzogen wurde. Ich liebe sie nicht und werde sie nicht zur Frau nehmen.“

Sein Vater verharrte plötzlich in seinem Dauerlauf und fixierte Sasuke mit zu Schlitzen verengten Augen. „Liebe? Die Ehe hat überhaupt nichts zu tun mit soetwas einfältigem, wie Liebe. Die Ehe ist allen voran dafür da um gute Bündnisse zu schaffen und Erben zu produzieren. Du wirst lernen sie zu lieben, so, wie es bei deiner Mutter und mir der Fall war. Hast du überhaupt eine Ahnung, was für eine Schande du über uns bringst? Ein Bündnis mit Karin’s Vater wäre das Beste, was unserer Familie jemals hätte passieren können. Was willst du eigentlich damit erreichen? Hast du vor einen Krieg zwischen unseren Clans heraufzubeschwören? Willst du etwa, dass einer von uns vernichtet wird? Nur wegen etwas, was du Liebe nennst?“

Der Wahnsinn war in seine Augen getreten und mit langsamen, schleichenden Schritten bewegte er sich auf seinen Sohn zu und die Rosahaarige wusste, dass er nun gleich zum Angriff ansetzen würde. Sasuke schien das ebenfalls zu ahnen, da er ihr Handgelenk abrupt losließ, die Muskeln anspannte und sich scheinbar darauf vorbereitete, sich gegen seinen Vater, sollte er ihn wirklich angreifen, zur Wehr zu setzen. Panik erfasste die Rosahaarige und ungläubig schüttelte sie mit dem Kopf. Wie hatte es nur soweit kommen können? Sie wollte nicht, dass Sasuke nun zu so einer Auseinandersetzung gezwungen wurde, nur weil sie sich ihm vorher verweigert hatte. Hätte sie je gewusst, dass sie ihren Liebsten auf diese Art und Weise in ein solches Unglück stürzen würde, hätte sie ihm nie gesagt, dass sie ihn immer noch liebte. Sie hätte ihn nach der langen Trennung gar nicht erst wieder an sich heranlassen, hätte niemals mit ihm schlafen dürfen. Hätte sie sich doch niemals in ihn verliebt…

 

Doch nun war es zu spät, die Steine waren gefallen und Sakura wusste, dass es für sie kein gewinnen mehr gab. Sie verstand, dass Sasuke’s Eltern, welche ihn jahrelang auf sein jetziges, ruhmreiches Leben trainiert und vorbereitet hatten, auch erwarteten, dass er das Beste tat, was für die Familie getan werden musste. Doch war es richtig? Konnten sie nicht auch ihren Sohn ein kleinwenig verstehen? Warum nur sollte es so falsch sein, wie sie es derzeit alle sahen? Wie nur konnte etwas derart kostbares, wie die Liebe, so vollkommen falsch sein? Es war doch schließlich die Liebe…

Ein trauriges Lächeln schlich sich auf die Züge der Rosahaarigen, als sie sich erinnerte, dass es Ino gewesen war, die diese Frage vor langer Zeit an sie gerichtet hatte. Ihre Geschichte hatte damals kein glückliches Ende gefunden, denn der Krieger, den sie einst liebte, hatte sich nicht für sie, sondern für seine eigene Zukunft entschieden und ihr damit gleichgültig das Herz gebrochen.

Bei Sakura war es anders, denn Sasuke hatte mit seiner Entscheidung große Tapferkeit bewiesen und sich offen zu ihr bekannt. Er war bereit alles, was er besaß, für sie zu opfern. Doch würde diese Entscheidung allein ausreichen, damit sich noch alles zum Guten wenden und sie miteinander glücklich werden konnten? Die Antwort darauf konnte sie ganz klar im Gesicht seines Vaters ablesen. Nein, das würde sie nicht…

„Vor genau sieben Jahren stand Itachi an der gleichen Stelle, an welcher du nun stehst und hat sich damals für seinen eigenen Weg und gegen die Familie entschieden. Ich war töricht genug und habe ihn ziehen lassen… Und nun, nach sieben Jahren wagst du es dir, ebenfalls mit einer so törichten Bitte an mich heranzutreten und hast ebenfalls vor, dich gegen deine Familie zu stellen…“, Fugaku’s Stimme zitterte, als er schon nahezu krampfhaft versuchte ruhig zu sprechen, doch seine rasende Wut, die kurz vor dem Ausbruch stand, konnte man aus jedem seiner Worte vernehmen.

„Aber im Vergleich zu damals bin ich nicht mehr so töricht. Ich habe Itachi ziehen lassen, doch diesen Fehler mache ich kein zweites Mal. Und wenn es notwendig wird, dann zwinge ich dich zu deinem Glück.“ Der laute Schrei, den er anschließend ausstieß, war ohrenbetäubend und Sakura kniff ängstlich die Augen zusammen.

„Das wirst du nicht“, meinte plötzlich eine unbekannte Stimme und es wurde totenstill im Raum.

 

Als Sakura nach einigen Sekunden die Augen wieder öffnete, blickte sie zunächst auf Sasuke’s Rücken. Der Schwarzhaarige war in seiner Bewegung erstarrt und hatte den Kopf zur Seite gewandt um dem fremden Besucher entgegenzublicken. Über seine Schulter hinweg konnte sie einen Blick auf Fugaku erhaschen, der ebenfalls in seiner Bewegung erstarrt war, die Hand zum Schlag erhoben und mit ungläubig geweiteten Augen starrte er den Fremden an. Mikoto, welche nach wie vor am Tisch saß, hatte entsetzt die Hände auf den Mund geschlagen und neugierig blickte Sakura dem Neuankömmling entgegen.

Der Fremde war ein großgewachsener Mann, gekleidet in einem schwarzen, einfachen Kosode, mit zwei Schwertern an seiner linken Hüfte befestigt, mit langen, schwarzen Haaren, die er sich zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden hatte und dunklen, nachtschwarzen Augen, wie sie jeder der Uchihas besaß.

„Itachi…“, flüsterte Mikoto leise und bestätigte somit die Vermutung, die die Rosahaarige bereits ereilt hatte. „Du bist zurück…“

Ein sanftes Lächeln schlich sich auf die Züge des Mannes und er bedachte seine Mutter mit einem herzlichen Blick. „Hallo, Mutter“, grüßte er sie und noch ehe Sakura sich versah, war die schwarzhaarige Frau aufgesprungen, eilte an ihrem immer noch erstarrten Ehemann vorbei und fiel ihrem ältesten Sohn laut weinend und schluchzend um den Hals. Die Freude darüber, den Sohn, den sie all die Jahre eindeutig vermisst hatte, nun endlich wieder bei sich zu haben und in die Arme schließen zu können, war ihr jedoch nicht lange vergönnt auszuleben, da sich ihr Mann scheinbar von dem ersten Schock erholt hatte.

„Itachi“, knurrte er seinen Namen und es klang dabei vielmehr, als würde er von irgendeiner bösartigen, unheilbaren Krankheit sprechen, als von seinem eigenen Sohn. „Was willst du hier?“

Mikoto, die scheinbar Angst vor einer neuen Eskalation hatte, löste sich wieder leicht von Itachi und schüttelte unmerklich mit dem Kopf, als wolle sie all das hier gar nicht wahrhaben. Der Angesprochene jedoch schien wenig beeindruckt von seinem zornigen Vater zu sein und lächelte ihm stattdessen herausfordernd entgegen.

„Hallo Vater“, grüßte er auch ihn. „Ich bin hier, weil Sasuke mich darum gebeten hat.“

Mit einem Ruck wandte Fugaku seine Aufmerksamkeit wieder seinem jüngsten Sohn zu, der nun jedoch ebenfalls begonnen hat, breit zu grinsen. Sakura legte nur die Stirn in Falten, denn sie verstand überhaupt nicht, was hier gerade vor sich ging.

Doch noch bevor sein Vater ihn für seine Tat zur Rechenschaft ziehen konnte, war es Mikoto, die interessiert das Wort an ihren Jüngsten richtete.
„A-Aber… Woher wusstest du, wie du Itachi erreichen konntest?“

Sasuke’s Grinsen wurde breiter, doch es war Itachi, der ihr darauf antwortete: „Der Kontakt zwischen Sasuke und mir war noch nie abgebrochen. Wir haben all die Jahre über Schriftrollen aneinander gesandt und er wusste immer, wo ich war und wie er mich erreichen konnte.“ Er schenkte Sasuke einen amüsierten Blick und meinte heiter: „Du hast dich gut gehalten, Brüderchen.“

„Du dich ebenfalls“, entgegnete Sasuke frech und Sakura staunte über den abrupten Stimmungswechsel des Schwarzhaarigen. Vor nicht mal einer Minute hatte er sich noch für einen handfesten Kampf gegen seinen Vater gewappnet und nun schien er völlig sorglos und gut gelaunt eine neckende Unterhaltung mit seinem Bruder zu führen, als hätte es die Auseinandersetzung eben gar nicht gegeben.

Fugaku Uchiha hatte mittlerweile die Hand wieder gesenkt, stattdessen die Arme vor der Brust verschränkt und mit einem abschätzigen Blick sah er seinen älteren Sohn an, welcher immer noch im Türrahmen stand.

„Glaubst du wirklich, du wärst in diesem Haus wieder willkommen, nur weil Sasuke dich darum gebeten hat hier aufzutauchen?“, fragte er mit eisiger Stimme und schien sich nach außen hin wieder beruhigt zu haben. Sakura ahnte jedoch, dass diese Ruhe nur gespielt war und sie zweifelte keine Sekunde daran, dass nur ein kleines Tröpfen das Fass erneut zum Überlaufen bringen konnte.

Das freundliche Lächeln verblasste auf Itachi’s Gesicht und wich einer emotionslosen Miene.

„Ich fürchte Vater, du hast gar keine andere Wahl, wenn du nicht willst, dass die gesamte Familie sich hier und jetzt auflöst.“

 

Fugaku warf ihm einen abschätzigen Blick zu, der ihm eindeutig zeigte, dass er sehr wohl davon ausging, eine Wahl zu haben.

„Was meinst du damit, Itachi?“, fragte Mikoto sanft und versuchte somit die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken. Offensichtlich befürchtete sie, genauso wie die Rosahaarige selbst, dass es sonst erneut eine Auseinandersetzung zwischen den männlichen Parteien geben könnte. Doch Fugaku ignorierte seine Frau gekonnte, fixierte Itachi mit einem vernichtenden Blick und meinte:
„Vor sieben Jahren hast du unser Haus verlassen, hast deine Arbeit niedergelegt und deine Familie im Stich gelassen. Und nun denkst du wirklich, du tauchst hier einfach wieder auf und wir empfangen dich mit offenen Armen? Du bist ein Narr, Junge.“

Itachi ging jedoch nicht weiter auf die Provokation seines Vaters sein, sondern verschränkte seinerseits nun selbst die Arme vor der Brust und erwiderte Fugaku’s erbosten Blick mit der gleichen Intensität.

„Du hast vorhin gemeint, du wärst töricht gewesen, als du damals zugelassen hast, dass ich das Haus und die Familie verlasse. Aber das ist falsch, das war nicht töricht. Was jedoch wirklich töricht ist, ist dein Glaube, dass du wirklich eine Chance gehabt hättest mich aufzuhalten. Mein Entschluss damals war gefallen und du hättest mich nicht einmal davon abbringen können, wenn du mich Jahre lang eingesperrt hättest. Früher oder später hätte sich mir die Möglichkeit zur Flucht geboten und ich hätte sie ohne zu zögern ergriffen.

Und genauso ist es bei Sasuke. Du kannst ihm nicht deinen Weg aufzwingen. Er ist alt genug und es ist an der Zeit für ihn zu lernen, seinen eigenen Weg zu gehen.“

„Aber das ist der falsche Weg“, brüllte Fugaku aufgebracht und deutete dabei verachtend auf die Rosahaarige, welche sich nach wie vor hinter Sasuke versteckt hielt. „Sie ist nur eine Magd, ein Nichts, ein Niemand. Und für jemanden wie sie will er alles aufgeben…“

„Sie ist nicht nur eine Magd“, sagte Itachi jedoch seelenruhig und zum ersten Mal betrachtete auch er Sakura eingehend. Ein leichtes Lächeln legte sich erneut auf seine Züge und er meinte weiter: „Wie kann jemand wie sie ein Niemand sein, wenn sie etwas derart kostbares besitzt, wie das Herz deines Sohnes, Vater? Sie ist kein Niemand, sie ist seine Passion… Und aus diesem Grund wird er diese Entscheidung auch niemals bereuen, nicht wahr, Sakura?“

Er sprach sie direkt an und zunächst zuckte die Rosahaarige ängstlich zusammen. Einen Augenblick später kam sie sich jedoch merkwürdig albern vor, schließlich wollte Sasuke’s Bruder ihr nichts Böses, ganz im Gegenteil. Er schien als Einziger hier sie wirklich verstehen zu können und Sakura begriff, dass es nun an der Zeit war, dass auch sie selbst endlich Mut bewies. Sie baute sie etwas auf, straffte die Schultern und nahm eine aufrechte, nahezu schon stolze Körperhaltung an, ehe sie fest sagte:

„Nein, niemals. Das werde ich nicht zulassen.“

Itachi nickte ihr darauf anerkennend entgegen und Mikoto schien sie sogar zum allerersten Mal nicht abwertend, sondern sogar schon neugierig zu mustern. Würde sie, wenn sie begriff, dass sie ihrem Sohn aufrichtig liebte und niemals vorhatte ihm zu schaden, sie vielleicht sogar akzeptieren?

Sasuke’s Vater stieß jedoch nur ein verächtliches Schnauben aus, doch Itachi sprach einfach weiter, als hätte er dieses nicht gehört und wollte Fugaku somit scheinbar nicht die Möglichkeit einräumen, die Rosahaarige nach ihrer Aussage direkt anzugreifen.

„Vor sieben Jahren habe ich meine Reise begonnen und in all der Zeit bin ich viel herumgekommen. Ich habe viel gesehen, viele Menschen getroffen und neue Lebenswege kennengelernt. Und viel wichtiger: Ich habe auch endlich herausgefunden, welchen Lebensweg ich selbst einschlagen will. Ich weiß nun, was der Sinn meines eigenen Lebens für mich darstellt und was ich mir selbst vom Leben erhoffe. Und ich bin auch bereit zur Familie zurückzukehren und somit das neue Oberhaupt des Clans zu werden, wie es mir von Anfang an zugedacht war.“

„Aber Sasuke-“

„Sasuke hatte nie vorgehabt Oberhaupt der Familie zu werden“, unterbrach Itachi seinen Vater direkt wieder und ließ somit nicht zu, dass dieser sich erneut in einen Wutanfall reinreden konnte.

„Er hat diese Last nur der Familie- und allen voran meinetwegen übernommen. In all den Jahren hat er es durchaus weit gebracht, aber all‘ seine Erfolge, all‘ seine harte Arbeit, all‘ das tat er nicht, weil er sich davon erhoffte von dir zum Oberhaupt gemacht zu werden. Alles, was Sasuke je wollte, war Liebe. Liebe, die du, Vater, ihm in all den achtzehn Jahren nicht einmal geben konntest. Aber dieses Mädchen, diese Magd, auf die du so herabblickst, sie kann es. Sie konnte es vom ersten Moment an und nun steht sie hier und ist offenbar bereit, deinen Sohn auch weiterhin mit der Liebe zu füllen, die du ihm in all den Jahren nicht ein einziges Mal geben konntest.“

 

Sasuke’s Vater hatte den Mund missbilligend zu einer schmalen Linie verzogen, aber zum ersten Mal an diesem Tag schien er zu schweigen und wirklich über das, was man ihm sagte, nachzudenken. Konnte er vielleicht recht haben? Hatte er seinem Sohn in all den Jahren nicht die Liebe gezeigt, die er durchaus für ihn empfand? Er hatte ihm ein zuhause gegeben, ein Dach über dem Kopf, Nahrung und Kleidung, er hatte seine Beziehungen spielen lassen, damit Sasuke die beste Bildung und das beste Training erfuhr, dass nur möglich war und er hatte ihn an den Hof des Shoguns geführt. Doch was war mit Liebe? Liebte er seinen Sohn? Ja, das tat er, wie könnte er auch nicht. Er war schließlich sein Sohn, sein Fleisch und Blut und er war stolz auf ihn und seine Erfolge. Doch hatte er ihm das je gezeigt?

Nein, er wusste, dass er dies nicht getan hatte. Anstatt ihn für seine gute Arbeit zu loben, hatte er diese wortlos entgegen genommen und anstatt ihm zu seinen Erfolgen zu gratulieren, hatte er sie wie selbstverständlich schweigend akzeptiert.

Doch bedeutete das, dass er nun daran schuld sein sollte und seinen Sohn vermutlich noch selbst in die Arme dieses Mädchens getrieben hatte? Einem Mädchen ohne Herkunft, ohne Namen und ohne Geld… Einem Niemand, der wahrscheinlich nur hinter Sasuke’s Einfluss, seiner Macht und seinem Geld her war? Und sein Sohn war auch noch blind und naiv genug, sich darauf einzulassen.

Er hatte vielleicht einen Fehler gemacht und ihm nicht die Liebe gezeigt, die er verdiente, aber nun würde er sich endlich erkenntlich zeigen. Er würde seinen Sohn beschützen.

„Ihr seid dumme, naive Narren“, meinte er nur verächtlich und sah seinem jüngsten Sohn dabei kopfschüttelnd entgegen. „Diese Liebe, von der ihr hier die ganze Zeit sprecht… Glaubt ihr wirklich, sie wäre echt? Das Einzige, auf was dieses Mädchen es abgesehen hat, ist nicht Sasuke. Es ist der Name, der dahinter steckt. Sie will seinen Ruhm, sein Geld und wer kann es ihr verdenken? Als kleine Magd ist diese Liebesbeziehung durchaus ein vortreffliches Arrangement. Sie liebt dich nicht wirklich, Sasuke. Sieh es ein.“

„Das stimmt nicht“, entgegnete Sakura laut und erschrak sich einen Augenblick später selbst darüber, dass sie diesen Gedanken soeben laut ausgesprochen hatte. Alle Blicke der Anwesenden richteten sich sofort auf sie und unsicher beobachtete sie die unterschiedlichen Gesichtsausdrücke. Mikoto hatte die Augenbrauen angehoben und sah ihr voller Sorge entgegen. Sasuke hatte sich zu ihr umgewandt und bedachte sie mit einem überraschten Blick. Itachi’s Ausdruck glich nach wie vor einer unergründlichen Maske und Sasuke’s Vater… Der blickte ihr nur voller Abscheu entgegen.

Sie rang nach Worten, doch was sollte sie groß sagen? Fugaku Uchiha würde ihr ohnehin nicht glauben und sie auch weiterhin als eine Lügnerin hinstellen. Doch sie konnte seine Vorwürfe nicht länger auf sich sitzen lassen. Sasuke hatte diesen Schritt für sie getan, hatte sogar seinen Bruder alles erzählt, um Hilfe gebeten und war nun bereit seinem eigenen Vater die Stirn zu bieten. Er hatte für sie gekämpft und nun war es endlich an ihr, auch ihm ihre Liebe zu beweisen und für ihn zu kämpfen.

„Ich liebe ihn“, sagte sie langsam, „Ich hätte niemals gedacht, dass es jemals passieren könnte, aber ich liebe ihn wirklich. Und ich will…“ Ihr Blick richtete sich auf Fugaku und zum allerersten Mal suchte sie den direkten Blickkontakt zu ihm. „Ich will ganz bestimmt nicht sein Geld. Weder seine Macht, noch seinen Ruhm, soetwas interessiert mich überhaupt nicht. Ich habe in meinem ganzen Leben nie etwas besessen, nach meinem Dienst in diesem Haus habe ich mit Ino und Hinata sogar auf der Straße gelebt und mit all dem könnte ich auch gerne weiterleben, aber nicht… Nicht ohne ihn.“

Liebevoll blickte sie Sasuke entgegen und zum ersten Mal wurde ihr ernsthaft bewusst, wie stark ihre Gefühle wirklich für ihn waren. „Ich habe in der Vergangenheit durchaus sehr oft an ihn und an sein eigenes Wohl gedacht. Ich weiß, dass ich nicht die Richtige für ihn sein kann, wer bin ich schon…. Doch nur eine kleine Magd, ein Nichts, wie Sie schon mehrfach zu sagen pflegten… Ich habe mich von ihm abgewandt und ihm gesagt, dass wir nicht länger zusammen sein können. Wir sind zu verschieden und ich weiß, dass er ohne mich ein erfülltes, glückliches Leben im Kreise Ihrer Familie fortsetzen könnte.“

„Es freut mich zu hören, dass du das einsiehst“, meinte Fugaku ruhig und lächelte triumphierend.

„Aber-“, fügte die Rosahaarige an, denn sie war noch lange nicht fertig mit ihm. „- das ist nicht der richtige Weg. Für keinen von uns. Egal, wie lange wir voneinander getrennt sind, wir finden immer wieder zueinander. Es ist…. Wie mit einem zuhause.“, erklärte sie leicht lächelnd und erinnerte sich an Naruto’s Worte zurück: „Egal, wie lange man auch weg sein mag, irgendwann kommt man immer nach Hause zurück.

Sie sagen mir, dass ich ein Nichts bin…. Doch wie… kann ich ein Nichts sein, wenn ich das Glück habe, dass Sasuke…“ Ihr versagte die Stimme und sie musste sich eine Hand auf den Mund pressen um ein Schluchzen zu unterdrücken. Tränen hatten sich begonnen in ihren Augen zu sammeln, doch sie wollte sich nicht die Blöße geben jetzt zu weinen. Nicht hier, nicht jetzt…

 

Eine Stille legte sich über die Anwesenden und mehrere Sekunden lang sprach niemand auch nur ein Wort. Sakura wusste nicht, ob ihre Ansprache überhaupt etwas bewirken konnte, doch mehr, als ihre wahren Gefühle konnte sie den Uchiha’s nicht entgegen setzen.

„Wohl gesprochen“, meinte Itachi grinsend und durchbrach somit die Stille, die sich auf sie alle niedergelegt hatte. Er richtete seinen Blick erneut auf seinen Vater, ehe er plötzlich einen Schritt vortrat und vor seinem Vater niederkniete.

„Vater, ich bitte dich hiermit darum, mir zu verzeihen und meine Verbannung aufzuheben“, sagte er langsam und senkte dabei demütig den Kopf, „Ich bin mir dessen bewusst, dass du nach wie vor erbost über meinen damaligen Weggang bist, jedoch war diese Reise notwendig, damit ich der Stellung als neues Familienoberhaupt ohne Reue entgegentreten kann. Es wäre mir daher eine Ehre wieder offiziell Teil dieser Familie sein zu dürfen.“

Fugaku betrachtete seinen ältesten Sohn, wie er vor ihm kniete und um Vergebung bat, als wäre gerade ein Gespenst vor seinen Füßen aufgetaucht. Er schien mit sich zu ringen, ob er überhaupt bereit war Itachi’s Entschuldigung anzunehmen, schüttelte letztendlich jedoch mit dem Kopf.

Daraufhin zerriss ein schriller Aufschrei Mikoto’s die eingekehrte Stille und mit zornigem Blick schritt sie auf ihren Ehemann zu.

„Jetzt reicht es aber Fugaku“, meinte sie wütend und baute sich vor diesem auf. Sie war zwar einen guten Kopf kleiner als ihr Mann, jedoch schreckte dieser ernsthaft vor seiner wütenden Frau einen Schritt zurück. „Ich habe schon einmal meinen Sohn wegen deines dummen Stolzes verloren und ich lasse nicht schon wieder zu, dass du ihn vergraulst. Genug des Stolzes, genug der Ehre, ein wahrhaft großer Mann ist nicht der, der sich in Unbarmherzigkeit übt, sondern der, der auch die Güte und die Weisheit hat zu Verzeihen. Willst du mir jetzt sagen, dass du kein großer Mann bist?“

Fugaku sah seiner Frau schockiert entgegen und schnalzte empört mit den Lippen, erbost darüber, dass sie nun so offen seine Ehre anzweifelte.

„Also schön, soll er zurück kommen“, meinte er schließlich und warf kapitulierend die Hände in die Luft. Er blickte seinem Sohn, der sich daraufhin grinsend wieder erhob, argwöhnisch entgegen, jedoch bemerkte Sakura auch ein leichtes Glühen in den Augen des Älteren und begann langsam zu verstehen. Fugaku Uchiha war durchaus ein stolzer, ehrenhafter Mann, der seinen Prinzipien treu blieb, aber in aller erster Linie war auch er ein Vater. Und in dieser Position freute auch er sich über die Rückkehr seines Sohnes, auch, wenn er sich das vorerst noch nicht ganz eingestehen wollte.

„In den vergangenen sieben Jahren hat Itachi seinen Dienst bei den Tokugawa’s jedoch nicht niedergelegt, wie du zunächst annahmst, Vater“, erklärte Sasuke nun, „Er gehört nach wie vor zum Beraterstab des Shoguns und hat all die Zeit über mit Schriftrollen den Kontakt aufrecht erhalten.

In diesen Jahren haben Itachi und ich beide eine große Menge an Verdienst angespart, den ich nun verwenden werde, um mir mit Sakura ein Haus am Stadtrand zu kaufen. Wir werden dort gemeinsam leben und ich werde nach wie vor meiner Arbeit am Hofe des Shoguns nachgehen. Ich muss nicht das zukünftige Oberhaupt dieser Familie sein um dies zu tun, das war mir von vornherein bewusst.“

Er griff nach hinten, umfasste die Hand der Rosahaarigen und drückte diese liebevoll. Er blickte ihr grinsend entgegen und Sakura hätte bei seinem Lächeln augenblicklich dahinschmelzen können.

Langsam schien alles für sie einen Sinn zu ergeben. Naruto hatte nicht völlig recht mit seiner Vermutung zu Itachi, denn Sasuke schien seinen Bruder selbst nach all den Jahren nie gehasst zu haben. Er hatte einfach nur erkannt, dass sein Bruder diesen Weg einschlagen musste und an seiner statt sich um die anfallenden Arbeiten in der Familie gekümmert. Er hatte die schwere Last der Familie nur für seinen Bruder getragen und insgeheim scheinbar immer gewusst, dass dieser früher oder später nach Hause zurückkehren würde. Die starke Bruderliebe, die die beiden verbannt, hatte letztendlich dazu beigetragen, dass Itachi seinen Entschluss zur Familie zurückzukehren, schneller getroffen hatte, als er ursprünglich plante, jedoch würde er diese Entscheidung keineswegs bereuen. Und Sasuke hatte seinen Entschluss auch durchaus besser geplant, als Sakura zunächst angenommen hatte und sie schämte sich dafür, je an ihm gezweifelt zu haben. Die letzten Wochen, in denen er sich von ihr ferngehalten hatte, hatte er scheinbar dafür genutzt um alles Notwendige für eine gemeinsame Zukunft in die Wege zu leiten und Sakura war unglaublich stolz auf ihn.

Plötzlich wurde sie jedoch aus den Gedanken gerissen, als sie einfach am Handgelenk gepackt, von Sasuke weggezogen wurde und sich einen Moment später in Itachi’s Armen wiederfand.

„Willkommen in der Familie, kleine Kirschblüte“, flüsterte er und strich ihr dabei beruhigend über das rosane Haar. Über Itachi’s Schulter hinweg konnte sie Sasuke zufrieden lächeln sehen, während seine Mutter neben ihm stand und ihr ebenfalls bestätigend zunickte. Sie würde sie akzeptieren…

Sasuke’s Vater jedoch schien immer noch nicht wirklich glücklich mit Sasuke’s Entscheidung zu sein, sah jedoch offenbar ein, dass es nichts brachte, sich weiter zwischen sie zu stellen. Es war in Ordnung so, denn auch, wenn er noch nicht bereit dazu war, sie vollends an der Seite seines Sohnes zu akzeptieren, so würde er Zeit brauchen. Zeit um zu verstehen und Sakura war dazu entschlossen, ihm diese Zeit durchaus zuzusprechen.

Nach mehreren Sekunden entließ Itachi sie wieder aus seinen Armen und beschloss, dass es nun an der Zeit war, das Wichtigste in die Wege zu leiten.

Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte Sakura wieder eine Bewegung und wand sich erneut zur Tür um. Karin stand nach wie vor im Türrahmen und mittlerweile liefen ihr dicke, feuchte Tränen übers Gesicht. Sie hatte in der ganzen Aufregung ganz vergessen, dass die Rothaarige da stand und auch bei den übrigen Anwesenden schien sie ganz in Vergessenheit geraten zu sein. Als ihr Blick für einen kurzen Moment den der Rothaarigen traf, zuckte diese erschrocken zusammen, wirbelte herum und lief weinend und schluchzend davon. Sakura ließ traurig die Schultern sinken, denn sie wusste sehr gut, wie sich Karin nun fühlen mochte. Auch, wenn sie sie nicht einmal wirklich leiden konnte und ihr immer noch nicht dafür verziehen hatte, was sie damals versucht hatte Hinata anzutun, verspürte sie Mitleid für die junge Frau. Sie wünschte ihr nichts schlechtes, sondern hoffte inständig, dass auch sie eines Tages den Richtigen finden würde.

 

Die darauffolgenden Wochen vergingen wie im Flug und Sasuke nutzte diese um sein geplantes Vorhaben in die Tat umzusetzen. Er gab offiziell den Posten als zukünftiges Familienoberhaupt an seinen Bruder Itachi zurück und ließ sich am Hof des Shoguns in eine weniger aufsehenserweckende  Rolle versetzen. Von dem ersparten Geld kaufte er für sich selbst und Sakura ein kleines, gemütliches Häuschen am Stadtrand, welches trotz der eher kleineren und teilweise auch ärmlicheren Bedingungen einen wunderschönen, kleinen Garten besaß und sich unweit des Hauses von Naruto befand.

Sowohl dieser, als auch Hinata und Ino staunten nicht schlecht, als Sakura am Abend wieder nach Hause zurückkehrte und ihnen von den Geschehnissen im Hause der Uchihas berichtete.

Nichtsdestotrotz freuten sie sich letztendlich alle für Sakura, obwohl Sasuke mehrmalige Standpauken seines besten Freundes über sich ergehen lassen musste, wie empört er war, nicht in seine Pläne eingeweiht worden zu sein.

Doch nicht nur für Sakura brachte dieser Herbst viele Veränderungen mit sich. Ino hatte nach einer Weile des Überlegens beschlossen, Naruto’s Haus nun ebenfalls zu verlassen. Shikamaru und sie haben die gemeinsame Zeit scheinbar nicht nur dazu genutzt, um sich zu lieben und zu streiten, sondern auch um gemeinsame Pläne für die Zukunft zu schmieden. Auch, wenn es Ino schwer fiel, sich fest an einen Mann binden zu wollen, der sie letztendlich vielleicht doch wieder verlassen könnte, wie sie es in der Vergangenheit erfahren musste, so hatte sie auch beschlossen, sich nicht länger von ihrer Vergangenheit beherrschen zu lassen und endlich wieder Vertrauen in die Menschen zu fassen. Sie wollte Shikamaru, der trotz ihrer Gesellschaft nicht noch länger in Edo verweilen wollte, nun auf seiner Wanderschaft begleiten und vorübergehend mit ihm in das Haus seiner Eltern, welches nur zwei Tagesreisen entfernt lag, ziehen um dort gemeinsam mit ihm zu überwintern. Der Abschied von ihren Freundinnen fiel keiner von ihnen sonderlich leicht, aber nach vielen Tränen, vielem Gelächter und dem festen Vorsatz, sie alle später einmal wiederzusehen, war sie bereit ihrer neuen Zukunft entgegenzutreten.

Naruto hatte zunächst darüber gewitzelt, dass es ziemlich ruhig und langweilig werden würde, wenn er sich nur noch alleine mit Hinata das Haus teilte, doch Sakura wusste, dass die Blauhaarige schon dafür sorgen würde, dass dem blonden Chaoten nicht allzu langweilig werden würde. Schließlich haben auch sie vor nicht allzu langer Zeit ihre Liebe zueinander entdeckt und diese nun in Ruhe für sich ausleben zu können, musste den beiden insgeheim wahrscheinlich ganz recht kommen.

 

Es war ein kühler Nachmittag, als Sakura im kleinen Garten ihres Hauses stand und das bunte Herbstlaub zusammen harkte, welches die zwei großen Kirschbäume, die ebenfalls darin standen, hatten fallen gelassen. Sakura liebte Kirschbäume und sie fieberte bereits jetzt dem nächsten Frühling entgegen, in dem die Bäume erneut zum Leben erwachen und die ersten Kirschblüten sprießen würden. Vor gerade einmal einem Jahr war sie vom Haus ihrer Eltern nach Edo aufgebrochen, um dort den Dienst im Hause der Uchiha’s anzutreten. Doch nie hätte sie gedacht, dass sich alles so entwickeln würde.

Sie hatte in diesem Haus nicht nur die gütige Mikoto kennengelernt, sondern auch ihren schweigsamen, stolzen Mann, Fugaku, und die erste Begegnung mit einem Mann des ersten Standes war für sie zunächst sehr erschreckend gewesen. Sie hatte Freundinnen gefunden, die bereit waren mit ihr durch dick und dünn zu gehen und schlussendlich war da noch Sasuke. Damals war viel geschehen und oftmals wusste sie ihn einfach nicht einzuschätzen. Er tauchte aus dem Nichts auf, machte ihr Angst und schien es als Amüsement zu betrachten, ständig mit ihr und ihren Gefühlen zu spielen. Doch er hatte ihr auch andere Seiten von sich gezeigt. Sie hatte gelernt, dass er so viel mehr war, als ein einfacher Krieger, der gerne mit ihr Katz und Maus spielte. Er hatte sie vor Sai gerettet, sie hatte sich ihm aus Dankbarkeit hingegeben und diese Nacht war so viel mehr, als der bloße Anfang ihrer Liebe. Es war der erste Mauerstein für ihre Zukunft und Sakura erinnerte sich nur zu gerne an die zahllosen Momente voller Zärtlichkeit, Wärme und Geborgenheit, die sie miteinander geteilt hatten. Auch die anschließende Trennung und seine Zeit in Osaka konnten sie nicht auseinander bringen, denn egal, wohin er geschickt wurde, er kam früher oder später immer wieder zu ihr zurück.

Als sie sich dann dazu entschlossen hatte, dass es für sie beide einfach keine Zukunft geben konnte, hatte er sich ebenfalls nicht weiter abschrecken lassen und alles auf eine Karte gesetzt.

Sakura verstand nun, was Naruto meinte, als er sagte, dass Sasuke selbst das Unmögliche möglich machen konnte, wenn er das erreichen wollte, was er begehrte…

Nur insgeheim fragte sie sich, ob sie dieses Glück wirklich verdient hatte? Was konnte sie ihm schon groß geben, außer ihrer Liebe? Konnte ihm das wirklich reichen?

Er hatte so viel für sie getan, hatte ihr mehrmals das Leben gerettet, hatte sich für sie gegen seinen Vater aufgelehnt und nun sorgte er für ihre beider Zukunft, indem er ihr nicht nur dieses wunderbare Haus gekauft und regelmäßig seinen Verdienst durch seine Beratertätigkeiten bei den Tokugawa’s einbrachte, sondern sie nahezu ständig mit seiner Liebe verwöhnte. Sakura konnte einfach nicht begreifen, wie jemand so tolles, wie er, jemanden wie sie lieben konnte.

Ein starker Wind kam auf und wehte ihre Haare dabei in alle Richtungen. Seufzend lehnte sie die große Harke an einen Baum und versuchte mit beiden Händen ihre wild umhertanzenden Haare zu bändigen. Sie musste sich nach wie vor noch daran gewöhnen, ihre Haare von nun an offen zu tragen, denn es ziemte sich nicht länger, sie noch weiter zu verstecken. Auch, wenn sie und Sasuke nicht verheiratet waren, so wusste doch jeder, dass sie zu ihm gehörte, genauso, wie er zu ihr.

Plötzlich legte sich eine fremde Hand auf den Bauch der Rosahaarigen und mit einem Ruck wurde sie nach hinten gezogen und an eine starke Brust gepresst. Ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, als sie sich sanft an ihn schmiegte, wie ein liebebedürftiges Kätzchen.

„Willkommen zuhause“, flüsterte sie, drehte sich leicht um und gab ihm einen sanften Kuss auf den Mund. Sasuke grinste ihr selbstsicher entgegen. „Ich bin zurück“, sagte er unnötigerweise und küsste sie erneut, jedoch mit vielmehr Leidenschaft als zuvor.

Als er sie aus seinem Kuss wieder entließ, lehnte sie sich erneut an ihn, spielte mit dem langen Stoff an seinen Ärmeln und beobachtete, wie der Wind ihr eben zusammengekehrtes Laub wieder in alle Richtungen blies. Ihr entfuhr ein leises Seufzen, als ihr bewusst wurde, dass sie wahrscheinlich gleich wieder von vorne anfangen musste, doch zunächst verdrängte sie diesen Gedanken gekonnt und schmiegte sich einfach weiter an Sasuke.

„Ich liebe dich“, flüsterte sie und er umschloss sie in seiner Umarmung etwas fester. „Ich weiß“, murmelte er nur und Sakura schürzte schmollend die Lippen. Er hatte ihr bisher nur ein einziges Mal gesagt, dass er sie liebte, doch Sakura wusste, dass der Schwarzhaarige nicht gerade der Meister der Worte war. Er musste es nicht sagen, denn dafür zeigte er ihr seine Liebe bei weitem häufiger, als sie es tat und bewiesen hatte er sie bereits mehrfach.

„Warum liebst du mich?“, flüsterte sie leise und erneut nagten leichte Zweifel an ihr. Doch anstatt darauf zu antworten, drehte er sie zu sich um, umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und sah ihr tief in die moosgrünen Augen. „Weil du meine Passion bist“, hauchte er und verstrickte sie daraufhin wieder in einen leidenschaftlichen Kuss. Ein kribbeliges Gefühl tanzte durch ihren Magen, denn eine schönere Bezeichnung konnte sie sich gar nicht mehr vorstellen.

Sie war sein Herz, seine Inspiration… und wahrscheinlich war das alles, was wirklich zählte. Sie war seine Passion.

 

Die Epoche der Edo-Zeit hielt ganze 265 Jahre an und ging als die längste Friedenszeit in die japanische Geschichte ein. Man nannte dieses Zeitalter auch goldene Ära und preist bis heute die legendären Krieger, die diese Zeit so erfolgreich gemacht haben. Doch niemand betrachtet die geheimnisvollen Dinge, die von den Kriegern stets in Verborgenheit gehalten wurden. Ihr Schlüssel zum Erfolg und ihre größte Inspiration….

Es war nicht nur die Zeit der goldenen Ära… Es war die Zeit der Passion.

 

Ende

 


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Kommentare: 5
  • #1

    Lea (Samstag, 16 Juli 2016 02:49)

    Hallöchen und hier bin ich. :D
    Juhu, juhu, juhu, juhu, juh, ich kann nicht viel mehr dazu sagen. Zuerst lese ich gestern/heute deine 2. FF und sage da, dass ich mich auf dieses Finale hier freue, ich sende einen Kommi und will den laptop langsam runterfahren, schaue aber nochmal bei "Passion" vorbei und raste aus. Du hast es wirklich schon jetzt in der Nacht gepostet und ich bin soooo unheimlich froh, dass ich es auch gleich entdeckt habe.
    ...Und ja ich kann nicht viel dazu sagen, aber einfach: Wow, wow, wow diese ganze FF war einfach wunderbar vom ersten bis zu letzten Wort. Dein Schreibstil ist der Hammer und deine Geschichten und du und...und...und...einfach alles. Ich bin so froh, dass ich auf deine FFs gestossen bin. Sie haben mich einfach verzaubert.
    Dieses Kapitel ist natürlich eines der besten, wenn nicht sogar DAS BESTE. Ich liebe es einfach. ich liebe Sasuke und finde es so wahnsinnig toll, dass es das alles für Sakura gemacht hat. Ich finde es cool, dass sein Bruder noch ne Rolle gespielt hat und alle drei Mädchen einen super Mann gefunden haben...naja ich finde einfach ALLES super und kann das jetzt hier nicht alles aufzählen, denn das wäre dann einfach so lange wie alle Kapitel. Also einfach ein riesengrosses Lob an dich. Ich werde diese FF nie vergessen und auch anderen empfehlen.

    Du bist die beste Autorin/Schreiberin die ich jemals kennenlernen durfte. Bitte, bitte mach weiter mit schreiben, denn du kannst das so gut und darfst das niemals aufgeben. Du wärst eine super Autorin.

    So, das wars dann wieder von mir. Eben mir gefällt einfach alles und ich kann das auch nicht alles in Worte fassen, aber mach weiter so.

    Leider ist Passion jetzt ja vorbei aber das hat ja auch wirklich lange gedauert und diese langen Kapitel einfach super. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass dich die FF erst in den letzten Kapiteln entdeckt habe, denn sonst wäre ich glaub vor Aufregung wirklich gestorben.
    So, ja eben wie gesagt ist Passion ja nun mit einem superschönen Happy-End abgeschlossen und ich frue mich nun Kiss in the dawn weiter zu verfolgen. Ich hoffe auch da kommt bald ein neues Kapitel.


    Ganz Liebe Grüsse dein aller, aller grösster Fan Lea

  • #2

    Lea (Samstag, 16 Juli 2016 03:00)

    Hallo nochmal
    Tut mir leid, dass ich heute schon zu zweiten mal einen zweiten Post mache aber was ich noch fragen wollte:
    Ist vielleicht eine Fortsetzung von Passion geplant? Würde mich riesig freuen. :D :D :D

    Und wenn ich hier schon einen zweiten Post schreibe hätte ich noch zwei Fragen zu kiss in the dawn.
    Es tut mir wirklich leid, dass ich die jetzt hier schreibe, aber ich möchte nicht unbedingt dort noch einen dritten neuen Extrapost machen, wenns dich stört, kannst dus hier löschen und ich schreibe es wo anders. Nun aber die Fragen:
    1. Weisst du schon ungefähr wann das nächste Kapitel kommt?
    2. We viele Kapitel wird es insgesamt geben? (Das ist doch auch schon geplant oder? Da ja deine FFs wie du mal gesagt hast immer im Voraus geplant sind!?)


    Liebe Grüsse deine Lea

  • #3

    Vide (Samstag, 16 Juli 2016 10:52)

    Hallöchen Lea.
    Wow... Also das ist wirklich...Vielen Dank für dieses Lob.^^
    Es freut mich, wenn dir Passion so gut gefallen hat :D

    Nun aber zu deinen Fragen.^^
    1. Nein, tut mir leid, aber eine Fortsetzung von Passion wird es definitiv nicht geben. Ich weiß, dass man durchaus an diese Handlung anknüpfen könnte und es noch einige Themen gibt, die man durchaus anschneiden kann, aber ich denke, eine Fortsetzung würde das Ganze nur kaputt machen.^^ Man sollte halt lieber aufhören, wenn es am schönsten ist. :)
    2. Wann das nächste Update von Kiss in the dawn erfolgt, kann ich dir leider nicht sagen.^^ Sicherlich schreibe ich daran weiter, allerdings dauert es auch immer eine gewisse Zeit, bis ich alles fertig habe und neben dem Schreiben habe ich auch noch andere Hobby's und Verpflichtungen.^^ Ich gebe mir Mühe, euch nicht mehr allzu lange warten zu lassen, verspreche jedoch an dieser Stelle nichts.
    3. Ja, richtig. Meine Geschichten sind bereits durchgeplant, allerdings kann ich dir deswegen trotzdem nicht sagen, wie viele Kapitel es wahrscheinlich werden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die eigentlich von mir geplanten Kapitel so nicht funktionieren und ich sie aufgrund des Umfangs doch öfters teilen muss. Im Moment würde ich die Finale Kapitelanzahl ungefähr auf 15-20 schätzen, aber da bin ich mir natürlich nicht sicher und möchte auch nicht drauf festgemacht werden.^^

    Ich hoffe, das beantwortet deine Fragen soweit :)
    LG. deine Vide^^

  • #4

    Lea (Samstag, 16 Juli 2016 13:06)

    Hallo Vide

    Gerne. :)
    Und ja Passion hat mir wirklich unheimlich gefallen. :)

    1. Ok, schade. Aber ich kann es verstehen. Vielleicht ist es ja ganz gut so, denn es gab ja ein Happy-End und ich würde nun ein schlechtes Ende (wenn es das geben würde) nicht verkraften. Also diese Happy-End ist auf jeden Fall gelungen. ;)
    2. Oki. Kein Problem. Ich freue mich auf jeden Fall schon darauf. :D
    3. Okay, ist auch nicht so schlimm. Hat mich nur Wunder genommen. ;)


    Jap hast du. Vielen Dank dafür. ;)
    Liebe Grüsse deine Lea

  • #5

    Nixe (Sonntag, 17 Juli 2016 19:14)

    Juhu Vide,

    wow, du hast ein wunderschönes Finale hingelegt *^*
    Der Abschluss im Garten ist perfekt *seufz* (bin noch ganz in der FF gefangen ^^')
    Du hast wirklich spitzen Arbeit bei deiner FF geleistet vom Anfang bis zum Ende und ein schönes Bild von den drei Freundinnen gezeichnete, die sich verlieben und ihre eigenen Wege gehen.

    Mir bleibt eigentlich nichts mehr zu sagen, außer mach weiter so und schreib viele schöne Geschichten zum Wegträumen und Schwärmen :)

    Liebe Grüße deine Nixe ;D