Schwere Schritte halten in den großen Hallen wieder. Mit schnellem Gang lief er auf die große Flügeltür zu, die sich am Ende der Halle erstreckte. Zwei Bedienstete standen davor, verbeugten sich, als sie ihn bemerkten und öffneten ihm die Türen. Er betrat den Raum, kniete nieder und senkte den Kopf. 

„Ah, Sasuke. Es wird Zeit, dass du kommst. Heute Morgen kam Takumi mit neuen Nachrichten von Osaka“, Sasuke nickte leicht, erhob sich und sah den Mann an, der drei Meter entfernt vor ihm auf einem Kissen saß. Es war Tokugawa Ieyasu, der Vater vom amtierenden Shogun Hidetada. Vor 9 Jahren hatte er sein Amt niedergelegt, doch jeder wusste, dass Ieyasu nach wie vor die Fäden in der Hand hielt. Daher behielt er es sich vor, seine engsten Berater, zu denen auch Sasuke zählte, direkt zu sich zu bestellen. 

„Ich muss dir gratulieren, Sasuke.  Der Erfolg unserer Männer, als sie die Festung am Kizugawa angriffen, war bereits sehr beachtlich. Daher habe ich deinen Ratschlag befolgt und 1500 Männer nach Imafuku geschickt um dieses Dorf zu zerstören. Und wir waren wieder erfolgreich, da die Toyotomis gerade einmal 600 Verteidiger aufzuweisen hatten. Es war das reinste Kinderspiel.“ 

Ein grausames Lächeln schlich sich auf Ieyasus Züge, dass von den schrecklichen Taten in diesem Dorf berichtete. Sasuke lächelte ebenfalls. Es erfreute ihn, dass seine Schachzüge sich als erfolgreich erwiesen. Das machte ihn noch unentbehrlicher am Hofe des Shoguns.

„Ich habe parallel dazu noch einige Männer in umliegende Dörfer von Osaka geschickt und sie waren da ebenfalls siegreich. Es läuft alles hervorragend. Nicht mehr lange und wir werden zum Schloss von Osaka vordringen können. Dann steht der Belagerung nichts mehr im Weg und Toyotomi wird dazu gezwungen sein, sich zu ergeben und sich meiner Gnade zu unterwerfen“, er ballte die Hand zur Faust und lächelte gehässig, „Dieser Dummkopf wird es noch bereuen, uns beleidigt zu haben. Niemand wird sich danach je wieder einem Tokugawa in den Weg stellen.“

„Selbstverständlich, Tokugawa-sama“, Sasuke nickte, um seinen Worten Ausdruck zu verleihen. 

„Ich plane morgen eine Besprechung mit allen Beratern. Wir müssen einen finalen Schachzug vorbereiten. Ich erwarte dich also morgen.“ Sasuke nickte wieder und wandte sich zum Gehen, als Ieyasu ihn noch einmal unterbrach. 

„Sasuke, du sollst wissen, ich schätze dich. Du bist einer meiner fähigsten Männer.“

„Vielen Dank, Tokugawa-sama.“

„Du warst schon immer ein begnadeter Kämpfer, ein kluger Stratege und ein geschätzter Mann, aber dennoch ist etwas anders. Hat sich etwas verändert?“

Sasuke runzelte die Stirn. Was konnte er meinen? Er war seit seiner Kindheit, als er von seinem Vater in die Kampfkunst eingeführt wurde, immer mit Elan an seiner Arbeit und als er am Hof des Shoguns aufgenommen wurde, zählte für ihn nie etwas anderes. Was sollte jetzt anders sein?

„Versteh mich nicht falsch, Sasuke. Weißt du, du warst, wie ich schon mehrfach zu sagen pflegte, schon immer sehr talentiert. Aber momentan befindest du dich, auf einer Art Höhepunkt. Es ist etwas ganz besonderes. Kann es sein, dass du deine Passion gefunden hast?“

„Meine Passion?“

„Nun eine Passion inspiriert einen zu großen Taten. Sie begeistert einen, macht einen süchtig und besessen. Viele große Herrscher und Krieger hatten eine Passion, die für ihren Erfolg verantwortlich war. Aber sie ist selten. Manche Menschen finden einmal in ihrem Leben etwas derart besonderes und dann nie wieder und wieder andere finden so etwas nie. Sag mir, Sasuke, gibt es sowas in deinem Leben?“

Sasuke musste nicht lange überlegen. Für ihn zählten nur seine Arbeit und sein Ruf. Er würde seiner Familie Ruhm und Erfolg bringen. Noch mehr, als es sein Vater je konnte. Als ob sich ein großer Uchiha von einer sogenannten Passion beherrschen lassen würde!

„Nein, Tokugawa-sama,“ erwiderte er und wandte sich endgültig zum Gehen. Dadurch sah er auch nicht das wissende Grinsen, dass auf Ieyasus Gesicht erschien.

„Ich habe mir schon gedacht, dass du das sagst. Aber merke dir eins, Sasuke! Du solltest sie nicht verlieren! Denn das war schon der Untergang von so manch mächtigem Mann“, mit diesen Worten fielen die Türen hinter Sasuke zu. Wie lächerlich!

 

Es war ein schöner Wintertag. Auf den Bäumen lag Schnee und es war wenig los, auf dem sonst so vollen Marktplatz. Die Kälte hielt viele Menschen in ihren Häusern, aber Sakura störte sich nicht an den kalten Temperaturen. Sie war von Mikoto losgeschickt wurden, frischen Fisch auf dem Markt zu kaufen. Auf dem Hinweg hatte sie sich besonders viel Zeit gelassen. Die vergangenen Ereignisse belasteten sie und wühlten ihr Innerstes auf. Sowohl die Geschichte der blonden Dienstmagd, die sich einem Mann hingab, der unerreichbar für sie war, als auch die merkwürdigen Handlungen des jüngsten Sohnes der Uchihas. Was wollte er nur bezwecken? Hasste er sie und wartete darauf, dass sie einen Fehler beging und er sie dann vor die Tür setzen konnte? Sakura verstand das nicht, zwang sich jedoch, jeden noch so kleinen Gedanken in die hinterste Ecke ihres Kopfes zu verbannen. Sie wollte nun den Nachmittag genießen, frische Luft inhalieren und den Kopf frei bekommen. Vielleicht lenkte es sie ja ein wenig ab. 

Sie kam am Fischstand an, sagte dem Händler, was sie wollte und nahm den verpackten Fisch an sich. Als sie sich zum Gehen wandte, erschrak sie, als plötzlich ein großgewachsener, breitschultriger Mann vor ihr stand. Er lächelte ihr freundlich entgegen, auch wenn es eher künstlich, als ehrlich wirkte. 

„Ich wünsche einen schönen guten Tag, junges Fräulein.“ Sakura nickte ihm entgegen. „Vielen Dank, das wünsche ich Ihnen auch, mein Herr.“

„Wenn Sie es erlauben, darf ich Sie zu Ihrem Haus begleiten?“, fragte er sie höflich und lächelte weiterhin. Sakura war zuerst irritiert, weil er Sasuke sehr ähnlich sah. Er hatte die gleiche Haarfarbe, wenn auch eine andere Frisur und fast die gleiche Statur. Doch sie bemerkte zum Glück, dass es sonst kaum Übereinstimmung zwischen ihrem Herren und dem jungen Mann vor ihr gab. Sasuke trug stets einen schwarzen Kosode und sein Katana an seiner Seite, wie es für einen Krieger üblich war. Der Mann vor ihr trug eine befleckte Uniform. Wahrscheinlich war er ein Handwerker. Auch seine Gesichtszüge waren anders. Er lächelte, was Sasuke nie tat. Seine Gesellschaft war ihr willkommen. Schüchtern nickte sie. 

„Mein Name ist übrigens Sai. Und wie heißt du, schönes Mädchen?“

„Sakura.“

„Sakura, ein sehr schöner Name. Weißt du, ich hab dich schon öfters auf dem Markt gesehen. Du bist wohl Dienstmagd in einem guten Haus?“ 

Sie nickte. „Ich arbeite bei den Uchihas.“ Er pfiff anerkennend. 

„Mächtige Leute, bei denen du arbeitest. Da kann ich natürlich nicht mithalten. Ich bin lediglich ein einfacher Schmied“, er lachte verlegen und kratzte sich am Hinterkopf. Sakura mochte seine Gesellschaft. Sie war eine willkommene Abwechslung. Auch sie lachte leise.

„Aber nein, ihr Schmiede seid auch sehr wichtig. Von wem sollten die Krieger sonst ihre Schwerter bekommen, wenn es euch nicht gäbe?“

„Ja, da haben Sie recht und ich bin auch irgendwie stolz auf mein Handwerk. Da Sie bei den Uchihas arbeiten, nehme ich an, dass Sie einmal das Katana des Jüngsten gesehen haben? Ich war es, der es schmiedete“, bemerkte er stolz. Sakura sah ihn staunend an. 

„Es ist ein sehr mächtiges Schwert, wie ich gehört habe.“

„Allerdings, das ist es. Oh, wir sind schon da“, stellte er enttäuscht fest und wandte sich ihr zu.

„Ich habe Ihre Gesellschaft sehr genossen, Sakura. Gibt es eine Möglichkeit, Sie wiederzusehen?“ Sakura errötete leicht.

„I…Ich weiß nicht. Aber ich denke schon…“

„Gut, heute Abend?“  Sakura nickte und er lächelte.

„Dann kommt heute Abend zum Brunnen hinter dem Markt.“ Sie nickte wieder und schenkte ihm zum Abschied ein Lächeln, das er gerne erwiderte. Dabei bemerkte sie nicht die wütenden Blicke, die sie beobachteten. 

 

Zurück im Haus traf sie in der Küche Hinata an, die den Fisch in Empfang nahm. 

„Was ist los, Sakura? Du wirkst so fröhlich?“, fragte sie neugierig und warf ihr ein Lächeln zu.

„Ich habe heute auf dem Markt jemanden kennen gelernt“, berichtete Sakura und wurde wieder leicht rot.

„Oh wirklich? Wer ist es?“, „Nun es ist ein junger Mann. Er heißt Sai, ist unglaublich höflich und nett und er ist ein Schmied.“

„Ein Schmied“, Hinata ergriff Sakuras Hände und schüttelte diese aufgeregt. „Das ist fantastisch Sakura. Ein Schmied ist die beste Wahl, die du hättest treffen können. Nun erzähl, wirst du ihn wiedersehen?“ Hinata wackelte vielsagend mit den Augenbrauen. Sakura kannte diese Art von ihrer Freundin überhaupt nicht und fühlte sich etwas überrumpelt. „Ja, er erwartet mich heute Abend am Brunnen hinterm Markt.“ Hinata quickte aufgeregt. „Und? Sieht er gut aus?“ Sakura nickte und lächelte ein wenig. Diese Situation war ungewohnt für Sakura. Sie hatte sich noch nie mit einem Mann verabredet. Ob sie sich in ihn verlieben könnte?

 

Die Stunden bis zum Abend vergingen wie im Flug. Die sonst so stille und ruhige Hinata verwandelte sich in einen Wirbelwind und hörte gar nicht mehr auf zu reden. Sie berichtete Sakura davon, welche Vorteile ein Schmied mit sich brachte und das sie nun die einmalige Chance bekam, dem Leben als Dienstmagd zu entfliehen. Sakura belächelte Hinatas Enthusiasmus nur. Trotz das Hinata aus eigentlich gutem Hause kam, hatte sie dieses Leben vorgezogen, da sie sich weigerte einen fremden Mann zu heiraten. Sie glaubte an die Liebe und meinte nur dann einen Mann zu akzeptieren, wenn sie ihn wahrhaft mögen konnte. Hinata war ein Mädchen, dass die Gewohnheit liebte und viel Wert auf Tradition und Rutine legte, aber dennoch verletzte sie nie ihre eigenen Grundsätze. Sakura staunte über diese Stärke. 

Als Mikoto sie beide von der Arbeit befreite, zogen sie sich zurück in ihr Zimmer. Sakura zog sich eine Decke über die Schultern und verabschiedete sich von Hinata. Leise schlich sie bis zur Tür und zog sich ihre Getas an. Gerade als sie die Tür öffnen wollte, wurde diese jedoch bereits von außen geöffnet und Sakura sah voller Schock in das Gesicht, das sie jetzt am allerwenigsten sehen wollte. Sasuke. Er hatte sich mit der rechten Hand im Türrahmen abgestützt und sah wütend auf sie hinab. 

„Was fällt dir eigentlich ein?“ Seine laute, zornige Stimme traf sie wie ein Peitschenhieb. Sie wusste nicht, was sie falsch gemacht hatte und sie bewegte sich mehrere Schritte rückwärts. Er jedoch ergriff ihr Handgelenk und hielt sie fest. 

„Du bleibst hier!“, wies er an. Angst übermahnte sie und sie kniff die Augen zusammen.

„E…Es tut mir Leid“, stotterte sie, jedoch wusste sie nicht, weshalb sie sich entschuldigte.

„Das sollte es auch! Halt dich von diesem Schmied fern, hast du verstanden?!“  Ihre Augen weiteten sich, da sie nicht verstand, wieso sie Sai nicht mehr sehen sollte. Er ergriff unsanft ihr Kinn und hob es an, sodass sie ihn ansehen musste.

„Du wirst ihn nie wieder sehen!“, zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.  Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Warum verbot er es ihr? Was erwartete er von ihr?

„Du gehörst nur mir!“ Sie riss ihre Augen auf und starrte ihn direkt in seine schwarzen Augen, die nur wenige Zentimeter von ihren entfernt waren. „Merk dir das!“ Damit schubste er sie, sodass sie rückwärts stolperte und hart auf dem Boden landete. Sie sah verängstigt nach oben zu ihm.

„Und jetzt verschwinde in dein Zimmer.“ Sofort sprang sie auf und rannte so schnell ihre Beine sie trugen. Er hatte den Ausdruck in ihren Augen gesehen: den Verwirrten, als er vor ihr auftauchte, den Ängstlichen, als er sie packte und den Geschockten, als er ihr sagte, dass sie ihm gehörte. 

Es erfüllte ihn mit unglaublicher Wut, wenn er daran dachte, dass ein anderer Mann, ihr in diese Augen gesehen hat. Und wie sie ihn angelächelt hat… Er musste hier raus! Musste sich abreagieren, die Wut aus seinem Körper verbannen.

Sollte sie Angst haben, sollte sie zittern, sollte sie weinen. Denn sie würde begreifen. Sie war sein!

 


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