Der nächste Tag war schon längst angebrochen und der mittlerweile helle Himmel färbte sich langsam rosa, was wohl bedeutete, dass die Sonne bald aufgehen würde. Es war ein atemberaubender Anblick, wie sich der Himmel am Horizont in hellem rosa badete, welches nach und nach zu einem hellen orange wurde und sich dann dem weiß-blau des Himmels anpasste. Trotz der kalten Temperaturen war die Tür zum Zimmer geöffnet und man konnte einen Blick in den schneebedeckten Garten werfen.  Sakura hatte die ganze Nacht an Sasukes Seite gesessen und seine Hand nicht losgelassen. Sein Körper war in etliche Decken gewickelt, damit er vor der Kälte geschützt war und Sakura hoffte die ganze Zeit, dass der Arzt eintraf, bevor der Mann vollends verblutete. Als die Sonne sich langsam am Horizont abbildete, trafen auch endlich Mikoto und Fugaku mit einem Arzt ein und Sakura wurde fortgeschickt, damit sie sich ausruhen konnte.

 

Es war früher Nachmittag als Sakura wieder aufstand und sich vornahm an die Arbeit zu gehen. Mikoto teilte ihr mit, dass Sasukes Wunden versorgt wurden und er sich auf dem Weg der Besserung befand, jedoch brauche er viel Ruhe und sollte daher das Zimmer nicht verlassen. Sakura musste ihm daher regelmäßig das Essen bringen ihn aber ansonsten in Ruhe lassen. 

Sie fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken daran jeden Tag mit dem Uchiha alleine in einem Raum zu sein. Sicher, es war nur für kurze Zeit, aber er hatte ihr schon oft gezeigt, dass er in kürzester Zeit zu den unverständlichsten Taten fähig war. Es hatte sie nicht gestört die vergangene Nacht bei ihm zu bleiben, allerdings war er verwundet und in diesem Moment kaum eine Bedrohung für sie. Aber wie würde es sich entwickeln, wenn es ihm wieder besser ging?

Doch Sakuras Bedenken waren unbegründet. Denn das Unerwartete geschah: Nichts.

Nachdem Sasuke die ersten Tage viel geschlafen hatte, so entdeckte Sakura nach gewisser Zeit an ihm eine ganz neue Seite.  Denn immer wenn sie ihm das Essen brachte, saß er an einem edlen Mahagonitisch über einen Berg Schriftrollen gebeugt und arbeitete. Jeden Tag kam ein Mann in Uniform, ein Bote des Shoguns, vorbei, brachte ihm neue Schriftrollen und nahm seine an sich. 

Während eines Gesprächs zwischen Mikoto und Fugaku hörte Sakura, dass die Belagerung von Osaka trotz des Rückschlages nicht vorbei war. Ieyasu schickte neue Truppen und schaffte es sogar bis zur Burg vorzudringen und diese einzunehmen. Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit bis Toyotomi aufgeben und das Shogunat den Sieg davon tragen würde. Insgeheim fragte sich Sakura, wie viel davon Sasukes Erfolg war, denn auch wenn er nicht mehr körperlich im Gefecht stand, so unterstützte er den Shogun mit Ratschlägen. Sie hatte ihn als einen ruhigen, disziplinierten, aber auch dominanten Mann kennengelernt, der keine Widerrede duldete und sich nahm, was er wollte. Sie wusste, dass ihm seine Arbeit wichtig war, schließlich brachte sie ihm Ruhm, Anerkennung und finanzierte ihn und seine Familie. Wenn er so in seine Arbeit vertieft war, konnte sie ab und zu unbemerkt einen Blick in seine Richtung werfen und stellte dabei erstaunt fest, dass auch er einige Angewohnheiten hatte. Zum Beispiel runzelte er beim Lesen der Dokumente oft die Stirn, als könne er sich so besser konzentrieren oder tippte mit den Fingern auf dem Tisch herum.

Jedoch benahm er sich in ihrer Gegenwart anders als vorher. Vorher hatte er sie angestarrt, mit Blicken durchbohrt, wenn sie einen Raum betrat, hatte sie verfolgt und war in den unpassendsten Momenten vor ihr aufgetaucht und jetzt ignorierte er sie geradezu. Seit jener Nacht, in der er versprochen hatte ihr nichts zu tun und ihre Hand ergriff, hatte er sie nicht mehr angesehen. Sie war ihm egal und manchmal glaubte sie, er würde sie nicht einmal mehr bemerken. Vielleicht hatte er das Interesse an ihr verloren, oder die Niederlage am Sanada-maru hatte ihn so in seinem Stolz verletzt, dass er sich nun vollends auf seine Arbeit konzentrierte um seinen Fehler auszugleichen und sie somit einfach nicht wahrnahm. Sein Verhalten beruhigte sie, da sie nun trotz seiner Anwesenheit keine Angst haben musste. Doch was auch immer die Änderung seines Verhaltens ausgemacht hatte, eins fragte sie sich dennoch: War das wirklich die Normalität, die sie sich gewünscht hatte?

 

Die Tage vergingen, wurden kürzer und die Temperaturen kälter. Der Dezember neigte sich dem Ende und mit dem morgigen Tag würde man das neue Jahr begrüßen. Dem Anlass entsprechend ordnete Mikoto einen Großputz an um auch jedes noch so kleine Staubkörnchen zu verbannen, denn nichts Schlechtes sollte mit ins neue Jahr genommen werden. Sakura hatte die Hände voll zu tun, denn ihre Pause würde sie erst bekommen, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig war. Zum Glück wartete nur noch der Gemeinschaftsraum auf sie. Leider war das auch der Größte der Räume und somit würde er trotzdem viel Zeit in Anspruch nehmen. Während des Putzens schweiften ihre Gedanken zurück zu ihrer Familie und mit einem Lächeln erinnerte sie sich daran, wie sie Jahr für Jahr das neue Jahr begrüßt haben. Auch bei ihren Eltern war ein Hausputz Pflicht vor dem neuen Jahr, aber am Abend gab es immer ein Festessen. An normalen Tagen gab es natürlich Reis und Kohl und manchmal auch Fisch, aber für Neujahr nahm sich ihr Vater immer etwas aus den Ersparnissen und ging in die Stadt. Sakura freute sich immer riesig auf Neujahr, den an diesem Tag gab es leckeres Schweinefleisch zu essen. Sie genoss jeden bissen und insgeheim bedauerte sie es etwas, dass sie diesen Brauch in diesem Jahr nicht haben würde. Natürlich war das Essen im Hause Uchiha bei weitem besser, denn es gab nicht den braunen Reis von niedriger Qualität, sondern teuren weißen Reis und fast jeden Tag leckeres Gemüse oder besonders leckeren Fisch. Auch wenn Hinata, Ino und sie nur das bekam, was übrig war, so war es doch jedes Mal für sich wie ein kleines Festessen. Da stellte ein kleines Stück Schweinefleisch natürlich nichts Besonderes mehr dar. In Gedanken versunken summte sie vor sich hin und schwang den Besen zum Takt der gesummten Melodie.  Dabei merkte sie nicht, wie sie sich langsam dem kleinen Tischchen in der Ecke näherte und wie der Zufall es wollte, stieß sie gegen ihn, was diesen mit einem lauten Knall zum Sturz brachte. Sofort ließ sie den Besen fallen und kniete sich hin. Tränen traten ihr in die Augen, denn nicht der Tisch war das Problem, sondern die handbemalte, chinesische Ming-Vase, die nun in Scherben auf dem Boden lag. Sakura kannte ihren Wert, denn Mikoto hatte mehrmals von ihr geschwärmt. Diese Vase war ein Unikat und  Sakura könnte ihren Wert wahrscheinlich in ihrem ganzen Leben nicht ersetzen. Vorsichtig streckte sie die Hand aus und begann einzelne Scherben aufzusammeln. Was würde man mit ihr machen? Würde man sie schlagen und dann vom Hof schmeißen oder müsste sie ein Gericht über sich urteilen lassen? Die Richter waren nicht dafür bekannt, Gnade walten zu lassen und daher wurden schon die kleinsten Verbrechen mit dem Tode bestraft. Da  ihr unaufhörlich Tränen in die Augen stiegen, erhob sie den Arm um diese wegzuwischen. Als sie den Arm wieder sinken ließ, erschrak sie, denn vor ihr stand Sasuke.  Sie hielt den Atem an und suchte nach den richtigen Worten. Sie wollte sich entschuldigen, ihm versichern, dass es ein Versehen und keine Bosheit war, doch dazu kam sie nicht, denn er setzte sich in Bewegung. Sie zuckte zusammen und schloss die Augen. Würde er sie schlagen?

Widererwartend kniete er sich vor sie und begann ebenfalls die Scherben aufzusammeln. Mit aufgerissenen Augen und offenem Mund starrte sie ihn an. Warum tat er das?

„Ich…“, fing sie an, doch wurde sie in diesem Moment unterbrochen, als Mikoto den Raum betrat.

„Was ist passiert? Ich habe einen Knall gehört“, meinte sie und sah unverständlich zwischen Sasuke und Sakura hin her. Sakura hatte den Kopf gesenkt, doch hörte sie in diesem Moment schon Mikotos schrille Stimme: „Meine Ming-Vase.“

Sakura traten erneut die Tränen in die Augen und sie holte tief Luft, damit sie Mikoto die Wahrheit gestehen konnte. Jedoch kam Sasuke ihr zuvor. Er erhob sich und sah seine Mutter an: „Ich war es, tut mir leid Mutter. Ich weiß, wie viel die Vase dir bedeutet, aber ich hatte einen kleinen Schwächeanfall“, meinte er ruhig und gab Sakura die Scherben, die er aufgesammelt hatte. Als er sich zu ihr hinunter beugte, trafen sich zum ersten Mal seit Tagen wieder ihre Blicke. Ihre Augen waren weit aufgerissen, denn sie verstand nicht, wieso er ihr half. Sie hatte eine Kostbarkeit zerstört und er nahm die Schuld einfach auf sich! Bevor sie etwas sagen konnte, richtete er sich wieder auf und wandte sich zum Gehen.

„Ach Sasuke, das macht doch nichts. Du hättest halt noch nicht aufstehen dürfen, das ist ganz normal…“, beteuerte Mikoto und folgte ihrem Sohn aus dem Zimmer. 

Sakura verstand die Situation und die Tat Sasukes nicht. Sollte sie es einfach dabei belassen und zulassen, dass er die Schuld auf sich nahm, obwohl er unschuldig war? Allerdings schien Mikoto ihm nicht böse zu sein und würde sie die Wahrheit sagen, dann hätte es verheerende Folgen für sie. Sakura fühlte sich aufgewühlt und unsicher, und in solchen Momenten kannte sie nur eine Lösung. Ablenkung. Und sie glaubte sich im Moment sicher genug, nicht verfolgt zu werden.

 

Als sie die Scherben beseitigt hatte, zog sie sich zurück und ging in die Stadt. Auf dem Marktplatz herrschte viel Trubel, da viele noch die letzten Sachen fürs neue Jahr erledigten. Sakura hoffte, dass sie nicht lange suchen musste, sondern die Person schnell fand und tatsächlich dauerte es nicht lange, ehe Sakura ihn ausmachte. Er trug nach wie vor seine Arbeitsuniform, und seine Augen huschten skeptisch über den Kohlkopf, den er gerade in der Hand hielt. Zügig bewegte sie sich auf ihn zu.

„Guten Tag, Sai“, begrüßte sie ihn freundlich. Er drehte sich zu ihr um und wirkte überrascht.

„Sakura, richtig?“, fragte er und sie nickte zur Bestätigung. Allerdings wurde sein Blick in diesem Moment abweisend und sie begriff, dass er verletzt war, weil sie ihn das letzte Mal versetzt hatte.

„Was willst du?“

„Es tut mir Leid, dass ich das letzte Mal nicht gekommen bin, ich konnte an dem Abend leider nicht weg“, erklärte sie und lächelte ihn entschuldigend an.

Er zog die Stirn in Falten und meinte: „Und deswegen hast du dich über einen Monat nicht blicken lassen um das eventuell nachzuholen? Sakura, ich bin kein Dummkopf, also beleidige mich nicht! Du musst mich nicht anlügen, wenn du mich nicht treffen willst, dann hättest du das auch einfach sagen können.“

„Aber ich will dich treffen.“

„Genau“, behauptete er sarkastisch und wandte sich zum Gehen.

„Ich will dich wirklich treffen, ich kann dir das auch alles erklären, ehrlich“, beteuerte sie. Nachdem er drei Schritte gegangen war, blieb er stehen und ohne sich umzudrehen fragte er: „Du willst mich also treffen?“

„Ja“, antwortete sie und war froh darüber, dass er ihr eine Chance gab.

„Nun gut, dann komm heute Abend zum Brunnen hinterm Markt, wo wir uns schon das letzte Mal treffen wollten. Aber Sakura…. Ich lasse mich nicht gerne zum Narren halten, komm also dieses Mal auch wirklich.“

Sie bejahte wieder und er drehte sich um und lächelte ihr zu. Es war das gleiche Lächeln, das sie damals an ihm gesehen hatte und sie fragte sich, warum es immer so falsch aussah, wenn er lächelte. So künstlich…

Somit machte sie sich wieder auf den Weg nach Hause mit dem festen Vorsatz sich heute Abend nicht aufhalten zu lassen.

 

In ihrem Zimmer traf sie auf Ino, die schon auf sie wartete. 

„Hallo Saku, fertig mit dem Großputz? Ich habe ehrlich gesagt schon eher mit dir gerechnet.“

„Ja, entschuldige. Ich war auf dem Marktplatz und habe Sai gesucht“, erklärte Sakura.

„Sai?“, Ino war überrascht, „Warum?“

„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht so genau. Mir war danach ihn wiederzusehen und ich fühle mich momentan einfach sicher, irgendwie.“

„Aber… War er denn nicht misstrauisch? Du hast ihn schließlich die ganze Zeit über nicht aufgesucht.“

„Ja, er war misstrauisch, aber er hat mir eine zweite Chance gegeben und möchte mich heute Abend am Brunnen treffen.“, er klärte sie mit einem Lächeln, froh darüber den Mann doch kennen lernen zu können.

„Heute Abend? Also möchtest du die letzte Zeit in diesem Jahr mit ihm verbringen und nicht mit mir?“ Ino schaute sie traurig an, doch Sakura erkannte das Funkeln in ihren Augen und begriff, dass sie sie nur aufzog. Sie behielt Recht, da Ino sie im nächsten Moment in die Arme schloss. 

„Ich freue mich für dich Sakura. Dann hoffe ich, dass du heute Abend nicht wieder gestört wirst.“

„Das hoffe ich auch, Ino… Das hoffe ich wirklich.“

 

Als der Abend hereinbrach und es bereits dunkel war, schlich sich Sakura unbemerkt aus dem Haus. Als sie an den verschiedenen Häusern vorbeikam, bemerkte sie die verschiedenfarbigen Lampions, die sich die Menschen ans Tor gehangen hatten um das neue Jahr willkommen zu heißen. Sie fühlte sich unwohl, als sie sich ihren Weg zum Marktplatz bahnte. Würde er kommen und sie wieder aufhalten? Sie konnte nur hoffen, dass er es nicht mitbekommen hatte oder seine Gesundheit eine Verfolgung nicht zuließ. Denn eine zweite Versetzung würde Sai ihr nicht verzeihen.

Als sie am Brunnen ankam, versuchte sie die Umgebung mit den Augen nach Sai abzusuchen, aber sie sah ihn nicht. Daher beschloss sie zu warten. 

Es war eine kalte Nacht und sie zog die Decke, die sie als Kälteschutz bei sich hatte, enger um die Schultern. Zum Glück musste sie nicht lange warten, da Sai nach kurzer Zeit auftauchte. Mit schnellem Schritt kam er auf sie zu und sie lächelte ihn zur Begrüßung an. Er blieb vor ihr stehen und sah auf sie hinab, da er gut einen Kopf größer war.

„Bist du alleine?“, fragte er sie und Sakura runzelte die Stirn. Warum sollte sie in Begleitung sein? 

„Natürlich“, erwiderte sie und sie sah die Erleichterung in Sais Blick. Dachte er etwa, sie würde sich  mit diesem Treffen nur einen Scherz erlauben und ihn vorführen wollen? 

Er legte die Hand auf ihren Rücken und schob sie in eine Richtung, vom Marktplatz weg.

„Komm mit, wir gehen zu einem wärmeren Ort, wo wir ungestört sind“, kommentierte er seine Aktion. Sie hatte den ganzen Weg hier her niemanden gesehen oder getroffen, warum sollten sie hier nicht auch ungestört sein? Aber sie diskutierte nicht, denn auch sie hatte nichts gegen einen wärmeren Ort einzuwenden. 

Sie gingen die Straßen entlang und hielten vor einem großen Tor, welches Sakura als Eingang zu einer Stallung erkannte. Sai öffnete das große Tor, ließ sie eintreten und schloss das Tor hinter sich wieder. Wirklich wärmer war es hier auch nicht, aber Sakura meckerte nicht, sondern ließ sich von Sai durch die Stallung zu einem großen Haufen Heu führen. Dort angekommen drehte sie sich lächelnd zu ihm um, doch konnte sie nichts sagen, da er sie in diesem Moment schubste, sodass sie auf dem Haufen Heu landete. Verwirrt sah sie zu ihm auf und sah wie er langsam seinen Obi öffnete und sich zu ihr kniete. Er wollte doch nicht….

Er umfasste ihren Hinterkopf und wollte sie zu sich heranziehen, doch sie stieß ihn von sich weg.

„Was soll das?“, fragte sie, doch sie wünschte sich, dass ihre Stimme im Moment nicht so zittern würde.

„Nun stell dich nicht so an. Was glaubst du denn, warum sich ein Mann und eine Frau nachts verabreden? Bestimmt nicht um sich zu unterhalten“, meinte er und lachte auf, als er ihren unverständlichen Blick sah, denn sie hatte geglaubt genau das mit ihm zu tun: sich unterhalten.

„Sei nicht so naiv, Sakura“, sagte er abwertend und versuchte wieder sie zu sich zu ziehen. Sie versuchte wieder ihn von sich zu stoßen, doch dieses Mal rechnete er mit Widerstand und sie kam gegen seine Kraft nicht an.

„Ich will das nicht“, beteuerte sie und Tränen rannen ihr über die Wangen, als sie sich bewusst wurde, dass er nicht aufhören würde. Jetzt ergab es auch Sinn, weshalb er sie vom Brunnen weggebracht hatte, denn hätte sie dort geschrien, dann hätte man sie gehört. Doch hier in der Stallung würde sie niemand hören, niemand vermuten und niemand finden. 

War das seine Rache dafür, dass sie das letzte Mal nicht erschienen ist? Doch als Sakura in seine schwarzen, belustigten Augen sah, wusste sie, dass es das letzte Mal auch so abgelaufen wäre. Es dauerte nicht lange, ehe er ihren Obi geöffnet hatte und begann grob ihre Brüste zu umfassen und ihren Oberkörper mit Küssen zu übersehen. Sie hatte aufgehört sich zu wehren, denn gegen ihn kam sie nicht an. Er war zu stark und daher ertrug sie ihr Schicksal schweigend. Ihren Kopf hatte sie abgewandt, denn sie wollte sein Gesicht nicht sehen. Sie schämte sich, fühlte sich schmutzig und gedemütigt.

Auch wenn Sasuke Sais wahre Absichten nicht kennen konnte, so hatte er sie das letzte Mal vor diesem schlimmen Fehler bewahrt, als er sie aufgehalten hatte. Und sie wünschte sich, dass Sasuke sie dieses Mal wieder aufgehalten hätte. 

Ihre Tränen rannen ihr immer noch übers Gesicht und erzählten von der Trauer, die sie in diesem Moment empfand. Dann merkte sie, dass Sai aufgehört hatte und leicht drehte sie ihren Kopf um ihn ins Gesicht zu sehen. Seine Augen waren weit aufgerissen, starr und leer. Dann kippte er zur Seite und blieb neben ihr liegen. 

Sakura starrte kurz den leblosen Körpers Sai an, ehe sie den Blick hob und schwarze Augen sah, die sie fixierten. Sasuke…

Sie bemerkte, wie er sich hinunter beugte und sein Wakizashi, ein edles Kurzschwert, dass jeder Krieger genauso wie sein Katana immer bei sich tragen musste, an dem Saum von Sais Uniform abwischte. Erst da bemerkte sie das Blut, das vorher an dem Schwert haftete, Sais Blut. 

Er hatte ihn getötet und nun fixierte er sie. Sie bedeckte ihre Blöße unter seinem Blick und setzte sich vorsichtig auf. Nur langsam fiel die Taubheit, die ihren Körper befallen hatte, von ihr ab und als er sich bewegte, zuckte sie erst erschrocken zusammen, ehe sie bemerkte, dass er ihr nur die Hand hinhielt. 

„Komm“, meinte er und ohne weiter nachzudenken, ergriff sie seine Hand, ließ sich von ihm aufhelfen und aus der Stallung führen. Sakura fragte sich, ob er böse auf sie war, weil sie sich ihm widersetzt und sich trotzdem mit Sai getroffen hatte. 

 

Den ganzen Weg nach Hause sagte keiner ein Wort und erst als sie am großen Tor zum Uchiha Anwesen ankamen, hörte Sakura auf zu weinen. Sie erinnerte sich daran, wie sie seine Hand gehalten hatte, als es ihm schlecht ging und nun hielt er ihre Hand und stand ihr bei, weshalb sie sich nicht schämte vor ihm Schwäche zu zeigen. Als sie das Grundstück betraten, ließ er jedoch ihre Hand los und setzte seinen Weg alleine fort.  Sie fühlte sich innerlich zerrissen, denn sie wollte nicht, dass er ging. Bis jetzt war sie von Angst erfüllt, wenn sie an ihn dachte und nun glaubte sie, dass er der Einzige war, der ihr alle Ängste nehmen konnte.

Sie machte einen Schritt nach vorne und ihre Finger verkrallten sich in dem Stoff seines Kosoden. Sie spürte wie er stehen blieb und ihr über die Schulter einen fragenden Blick zuwarf. Es war ihr bewusst, dass sie ihm nicht nahe kommen und ihn schon gar nicht von sich aus berühren durfte, aber alles in ihr schrie in diesem Moment nach ihm. Sie wollte sich bedanken, denn dafür gab es genug Gründe. Aber wie sollte man so große Dankbarkeit mit bloßen Worten ausdrücken?

Scheinbar schien er zu verstehen, denn er drehte sich zu ihr um. Seine Hand legte sich an den Saum ihrer Haube, jedoch verharrte sie dort. Er sah ihr direkt in die Augen und schien somit still um Einverständnis zu bitten, immerhin hatte sie sich das letzte Mal vehement dagegen gewehrt.

Doch Sakura störte sich dieses Mal nicht daran. Es war ok, solange er derjenige war, der ihre Haare sah. Da sie keine Anstalten machte sich ihm zu entziehen, zog er ihr langsam die Haube vom Kopf und rosa Haare fielen ihr über die Schultern. Er ergriff eine Strähne und ließ sie langsam durch seine Finger gleiten. Sakura war davon überrascht, dass seine Hände, die sonst so brutal waren und gerade noch einen Mann umgebracht hatten, auch so sanft sein konnten. 

Seine Hand wanderte weiter zu ihrem Nacken und wie Sai vorher zog er sie langsam zu sich heran. Doch dieses Mal wehrte sie sich nicht, denn auch sie wollte ihm nahe sein. Seine Lippen legten sich auf ihre und Sakura schloss die Augen. In ihrem Bauch kribbelte es und alles in ihr sehnte sich nach diesem Mann. Er zog sie langsam mit sich, bis sie in seinem Zimmer ankamen. 

In dieser Nacht gab sie sich ihm hin umwogen von Dankbarkeit und Glück. Und so begann das neue Jahr für Sakura mit einem Gefühl, das für den einen Geborgenheit und tiefe Verbundenheit und für den anderen Trauer und Schmerz bedeutete. Aber für alle trug es den gleichen Namen: Liebe.

 


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Kommentare: 2
  • #1

    Memorable (Donnerstag, 30 Juni 2016 13:46)

    Ursprünglich: Freitag, 02 August 2013 23:09
    *-* Wirklich gut :D
    Kanns vielleicht sein das Fanfiction erst später hochgeladen hat als hier ? :0

    Aber wirklich gut freue mich total auf das nächste kapitell *-*
    & eine andere frage :DDD
    Wie waren die Prüfungen ? :)

  • #2

    Vide (Donnerstag, 30 Juni 2016 13:47)

    Ursprünglich: Samstag, 03 August 2013 03:18
    Ja, ich lade die Geschichte immer als erstes auf meiner Homepage hoch, allerdings handelt es sich immer nur um einen Unterschied von Minuten, da gleich im Anschluss der Upload auf Fanfiction erfolgt :)

    Nunja meine Gefühle zu den Prüfungen sind gemischt, und die Ergebnisse werden uns frühestens in einem Monat bekannt gegeben, aber ich habe bei zwei davon ein relativ gutes Gefühl :)
    Danke der Nachfrage^^